
©2015
Von Philippe Seminara und Thomas Freier
Die Installation von Elektrik Piano, das auf drei Hybrid-CDs kommt, verläuft ohne Schwierigkeiten. Die Software installiert sich je nach System und weiterer Audio-Software als Stand-Alone-Applikation, als VST-Instrument-Plug-in oder als Audio-Unit. In einem Modul sind vier klassische E-Pianos enthalten, die Fender-Rhodes-Modelle Mark I und Mark II, das Wurlitzer E-Piano A 200 und das Hohner Clavinet E 7.
Die originalen Fender-Rhodes Mark I und II erzeugen Töne durch das Anschlagen von dünnen Metallstangen, das Wurlitzer E-Piano hat statt der Stangen flache, metallene Klangzungen. Beim Clavinet hingegen schlägt ein kleiner Hammer auf sehr kurze und dünne Saiten, vergleichbar mit der Gitarrentechnik des “Tapping”.
Im Studio fehlt als einziges Instrument das Fender Rhodes Mark I zum Hörgleich, wir zeihen in diesem Fall einige Tonträger aus unserem Vinyl-Archiv hinzu. Miles Davis und Herbie Hancock haben mit Hilfe des legendären Instruments neue Klangwege beschritten, soweit wir von den Schallplatten hören können, ist die Ähnlichkeit zwischen Jahrzehnte alten Aufnahmen und dem Computersound eklatant. Um aber die Anschlagsdynamik und damit verbundene Klangverfärbungen besser beurteilen zu können, vergleichen wir nun das Rhodes Mark II mit der Emulation. Das Original hat bei den leisen Anschlägen einen eher holzigen, muffigen Ton, der mit zunehmender Lautstärke und Attack glockiger und obertonreicher wird und schließlich zu leichtem Verzerren neigt. Unsere Ohren sind beim Vergleich begeistert. Lediglich das klebrige Gefühl der Originaltastatur lässt sich bei einem Midi-Keyboard mit ungewichteten Tasten nicht realisieren.
Genauso überzeugend ist der Klangvergleich zum fast nicht mehr erhältlichen Wurlitzer. Ersatzteile sind, soweit uns bekannt, nur noch mit viel Glück in Australien zu beziehen, mit der Emulation ist dem E-Piano aber ein neues Leben nach dem Produktionsende gegeben.
Anders als bei den Vorgängern fehlt uns beim E 7 von Native Instruments das typische “eiern” durch Überdehnen der Saiten bei hartem Anschlag. Das lässt sich jedoch durch den Einsatz des Pitch-Drehrads ein wenig simulieren. Der Klangvergleich ist auch hier bestechend und bietet bei hartem Anschlag den charakteristischen, schmutzigen “funky”-Attack, der das Instrument so beliebt gemacht hat.
Weiterhin überzeugt die Software mit einer Vielzahl an Features. Jedes Instrument ist in drei Qualitätsstufen als originales Signal vorhanden. Darüber hinaus stellt Elektrik Piano mit Effektprozessoren bearbeitete Presets bereit. Hieraus lassen sich eigene Bänke zusammenstellen und abspeichern, die sich zum Beispiel im Live-Betrieb schnell über die F-Tasten abrufen lassen. Die instrumententypischen Modulationseffekte haben die Entwickler von Native Instruments selbstverständlich integriert, über das Mod-Drehrad sind die Effekte steuerbar
Fazit
Alle vier Original-Instrumente haben eine sehr eigene analoge Tonerzeugung. Erst die elektrische Verstärkung sorgt hierbei, ähnlich wie bei einer E-Gitarre, für extreme phrasierungsabhängige Klangfarben und Obertöne. Das begründet den extremen Aufwand in der digitalen Herstellung: viele einzelne Samples pro Ton. Native Instruments hat diese schwere Aufgabe großartig gelöst. Der Hersteller hat nicht nur ein Abbild der Instrumente geschaffen, sondern auch den typischen Charakter der Instrumente eingefangen, bisher haben wir jedenfalls nichts Vergleichbares gehört! Einziger Wehrmutstropfen für Macianer ist der im Windows-Design gestaltete Datei-Browser
Wertung: 1,2/sehr gut/ 6 Mäuse
Vorzüge: Authentischer Vintagesound in Produktionsqualität, simples, intuitives Handling des Pianomoduls
Nachteile: Bleibt vielen Usern mit älteren Rechnern unzugänglich, da die Anwendung einen aktuellen, leistungsstarken Rechner mit viel Prozessorleistung, RAM und Festplattenplatz benötigt.
Alternativempfehlung: keine
Preis: 199 Euro
Technische Angaben
Systemanforderungen:
Minimum: Power Mac G4, 867 MHz, 512 MB RAM, 2 GB freier Festplattenspeicher, Mac-OS 10.2.6 oder höher
Empfohlen: Power Mac G4, 1,2 GHz, 1 GB RAM, 2 GB freier Festplattenspeicher, Mac-OS 10.2.6 oder höher
Info: Native Instruments, Tel.: +49 (0) 30 / 61 10 35-0; www.native-instruments.de