Sony bietet im Bereich der Kameras mit wechselbarem Objektiv derzeit die meisten Systeme an, und das sorgt selbst bei erfahrenen Fotografen schon mal für Verwirrung. Denn während Sony wie alle anderen Hersteller spiegellose Kameras mit Wechselobjektiven und herkömmliche digitale Spiegelreflexkameras (DSLR) im Programm hat, bietet der Hersteller eine dritte Kategorie, unter die auch die Sony Alpha 57 fällt, und deren Flaggschiff die Sony Alpha 77 ist. Diese Kameras verwenden zwar einen Spiegel, der das Licht, das durch das Objektiv dringt, auf einen Phasen-Autofokus-Sensor umleitet. Doch während herkömmliche Spiegelreflexkameras nach dem Fokussieren ihren Spiegel hochklappen müssen, um den Weg zum Bildsensor freizugeben, ist der Spiegel der Sony Alpha 57 fixiert, und nur ein Teil des Lichts wird zum Phasen-Autofokus-Sensor umgeleitet. Der Vorteil: Auf diese Weise kann man auch im Liveview-Modus den schnellen Phasen-Autofokus verwenden – ideal bei Fokusnachführung bei Videoaufnahmen oder auch für Sportfotografie.
Verbesserungen gegenüber dem Vorgänger
Das Konzept ist nicht mehr brandneu, die Sony Alpha 57 ist eine Vertreterin der zweiten Generation dieser Kameraklasse. So hat Sony nun auch unseren größten Kritikpunkt an der Vorgängerin Sony Alpha 55 beseitigt: Nach einigen Minuten Videoaufzeichnung schaltet sich die Alpha 55 mit dem Hinweis auf eine Überhitzung automatisch aus. Sehr warm wird auch die Sony Alpha 57 bei Videoaufnahmen, doch in unserem Test tritt das Hitzeproblem der Vorgängerin nicht mehr auf.
Das Gehäuse der Alpha 57 hat sich gegenüber der Vorgängerin nicht geändert. Es ist weiterhin für große Hände etwas unbequem zu halten, wie so viele Spiegelreflexkameras der Einsteigerklasse. Allerdings bietet die Kamera genügend gummierte Bereiche und eine Ausbuchtung für den Daumen.
Funktionsriese
Die Sony Alpha 57 verfügt ebenfalls über sehr viele Funktionen. Neben der Full-HD-Videofunktion mit Aufzeichnung im AVCHD-Format bietet sie ein nach unten schwenkbares und drehbares Display, einen eingebauten GPS-Empfänger, einen HDMI-Anschluss und allerlei Automatiken. Die Kamera nutzt einen elektronischen Sucher, der eine brauchbare Darstellungsqualität besitzt. Sein Vorteil gegenüber optischen Suchern ist, dass er 100 Prozent des Motivs anzeigt und Zusatzinfos, wie etwa eine Wasserwaage, einblenden kann. Diese lässt sich auch am rückwärtigen Display anzeigen.
Auf der Oberseite der Kamera befindet sich ein extra Schalter, der unter anderem eine automatische HDR-Aufnahme ermöglichen soll. Bei der Panorama-Funktion schwenkt man die Kamera, die in schneller Folge Fotos aufnimmt und diese später zu einem Panorama-Foto zusammensetzt – doch hier erkennt man deutliche Übergänge. Wie von einer Kamera dieser Preisklasse gewohnt, kann man Belichtungszeit und Blende bequem manuell wählen.

©Sony
Geschwindigkeit
Dank des Phasen-Autofokus-Sensors arbeitet der Autofokus sehr schnell und exakt. In Serie schafft die Alpha 57 nun zwölf Bilder pro Sekunde, ihrer Vorgängerin gelingen immerhin noch sehr respektable zehn Bilder pro Sekunde. Zudem hat die Kamera ein eigenes RAW-Format, hier ist der Geschwindigkeitszuwachs gegenüber der Alpha 55 noch deutlicher. In höchster Qualitätsstufe, also RAW plus JPEG, schafft die Alpha 57 zehn Aufnahmen in sehr schneller Folge, die Alpha 55 erreicht dagegen nur drei Bilder in schneller Folge, bevor der Speicher überläuft und die Serienbildaufnahme sich stark verlangsamt.
Vorteil für Videos
Während einer Videoaufnahme kann die Sony Alpha 57 flott zwischen Motiven im Vorder- und Hintergrund fokussieren. Videoaufnahmen sind in Full-HD-Auflösung möglich, die Videos speichert sie im AVCHD-Format auf der Speicherkarte. Am Mac angeschlossen erkennt iMovie sowie neuerdings auch iPhoto und Aperture die AVCHD-Videos anstandslos und importiert sie ohne Probleme. Die Tonqualität über das integrierte Stereo-Mikrofon ist mittelmäßig. Ein externes Mikrofon lässt sich anschließen.
Videos kann man in Full-HD-Auflösung auch mit 50 Vollbildern pro Sekunde aufnehmen. Die Videoqualität im Test ist gut. Doch der Sony Alpha 57 geht schnell die Energie aus, wenn man recht ausgiebig filmt. So übersteht sie nur einen halben Tag intensiveren Einsatzes, das hat sich gegenüber der Vorgängerin Alpha 55 nicht geändert. Einen Ersatz-Akku sollte ein Videofilmer daher einrechnen.
Aus dem Testlabor
Gegenüber der Sony Alpha 55 hat sich die Eingangsdynamik der Alpha 57 etwas verschlechtert, dafür ist die Ausgangsdynamik einen Tick besser. Das bedeutet, dass die Alpha 57 nicht mehr so hohe Helligkeitsunterschiede wie die Alpha 55 einfangen kann, dafür aber Helligkeitsnuancen feiner wiedergibt, besonders im Schwarzbereich. Bei den Messwerten fällt zudem ein sehr niedriger Wert beim Farbrauschen auf, er liegt selbst bei ISO 800 noch bei 2,51 und ist somit ausgezeichnet. Ein Blick auf die Details eines Fotos zeigt aber, dass die Bildkorrektur der Kamera hier kräftig einschreitet und das Bildrauschen unterdrückt. Das Ergebnis sind glatt gebügelte Bilder, bei denen die Detailzeichnung ein Stück weit auf der Strecke bleibt. Dennoch: Bis ISO 800 ist die Bildqualität im annehmbaren Bereich. Im Praxistest fällt uns außerdem auf, dass die Kamera einen Tick unterbelichtet. Dafür stimmt der Weißabgleich.
Das Kit-Objektiv (18-55 mm) ist wie bei so vielen Einstiegs-Spiegelreflexkameras von minderer Qualität. In mittlerer Brennweite bietet sie noch die beste Darstellungsqualität, doch im Tele-Bereich schafft sie nur noch einen Wirkungsgrad von knapp 40 Prozent. Die Randabdunklung im Weitwinkel ist bei offener Blende sichtbar (Randabfall von 1,3 Blendenstufen) und in den anderen Brennweiten noch vertretbar. Dafür verzeichnet das Objektiv in mittlerer und langer Brennweite kaum.
Empfehlung
Die Sony Alpha 57 ist sehr schnell und sehr gut ausgestattet. Somit eignet sie sich sehr gut als Allround-Kamera auch für Videoaufnahmen. Die Bildqualität ist klassengerecht gut, nur der Akku macht bei längeren Videoaufnahmen schnell schlapp. Das 18-55-mm-Kit-Objektiv ist nicht zu empfehlen. Hier sollte man mehr Geld in ein vernünftiges Objektiv wie etwa das Sony SAL1650 16-50 mm f2,8 investieren, um die Leistung der Kamera optimal auszunutzen.