Mit dem kommenden Update für OS X Mountain Lion auf Version 10.8.3 verspricht Apple für seinen Bootcamp-Assistenten endlich vollen Support für Windows 8. Dafür wird es auch knapp fünf Monate nach dem ursprünglichen Marktstart von Microsofts neuem Desktop-Betriebssystem Zeit. Grund genug für uns, die aktuell verfügbaren Möglichkeiten für Windows am Mac einem Praxis-Check zu unterziehen.
Grundlagen: Boot Camp vs. Virtualisierungssoftware

Es gibt mehrere Möglichkeiten, Windows-Programme auf dem Mac zu nutzen: Mit dem Tool Boot Camp kann man ein Microsoft-System direkt auf seinem Mac installieren – der Mac verhält sich dann wie ein waschechter Windows-PC. Alternativ installiert man Windows mit Hilfe einer Virtualisierungssoftware wie Parallels Desktop oder VMware Fusion .
Hier nutzt man das PC-Betriebssystem wie ein zusätzliches Mac-Programm und kann gleichzeitig Mac- und PC-Programme verwenden. Der Vollständigkeit halber sollte man noch das Tool Crossover nennen. Diese auf Wine basierende Software kann Programme von Windows und Mac starten. Allerdings unterstützt die Software nur ausgewählte Programme, ist kompliziert in der Bedienung und eher langsam.
Der erste Schritt: Die Installation von Windows 8
Besonders einfach ist die Installation von Windows 8 , wenn das neue Betriebssystem als Installations-DVD vorliegt. Bei den Virtualisierungsprogrammen von VMware und Parallels erkennt das Programm eine eingelegte Installations-DVD automatisch und führt Schritt für Schritt durch die Einrichtung. Etwas komplizierter ist das Aufspielen des Systems, wenn der Mac kein DVD-Laufwerk mehr hat. Man kann Windows über ein externes Laufwerk installieren – die gibt es zu Preisen ab 30 Euro – oder speichert mit Hilfe eines Mac mit DVD-Laufwerk die Installations-DVD als Image-Datei. Das ist mit dem Festplatten-Dienstprogramm jedes Mac möglich , man kann die Datei anschließend auf den Mac übertragen, und wie eine DVD verwenden.

©Macwelt

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©Stephan Wiesend

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Bei Boot Camp ist die Installation ebenfalls einfach, nach Anlegen einer neuen Partition muss man nur noch die DVD einlegen und der Mac startet von dem Installations-Medium. Boot Camp unterstützt auch das Upgrade einer bestehenden Windows-Installation auf Windows 8. Bei dieser Installationsart lädt man über die Microsoft-Website eine Installationsdatei auf den Rechner und kann mithilfe eines komfortablen Installationsprogramms Windows 8 installieren. Für Boot Camp hat Apple mit dem Update auf OS X 10.8.3 endlich offizielle Treiber für Windows 8 herausgegeben. Damit gehören auch die Probleme mit nicht vollständig kompatiblen Treibern der Vergangenheit an – nach der Installation des neuen Windows 8-Treiberpakets legte das Testsystem in der Leistungsbewertung gleich um einen halben Punkt zu und fühlte sich auch gleich deutlich flotter an.

Die Ressourcenfrage
Erstes Problem bei der Nutzung von Windows auf dem Mac ist der üppige Platzbedarf eines zusätzlichen Betriebssystems. Den meisten Platz beansprucht dabei Boot Camp, muss man doch Windows eine Partition und damit einen festen Teil der Festplatte zuweisen. Windows 8 beansprucht 16 GB Speicherplatz als Mindestanforderung, man sollte für eine sinnvolle Nutzung aber etwa den doppelten Speicherplatz einplanen – bei Aufgaben wie der Bearbeitung von Videomaterial stößt man trotzdem schnell an Grenzen.

Ein Macbook Retina 13 Zoll hat als Standardausstattung 128 GB Festplattenplatz, da bleibt für eine zusätzliche Boot-Camp-Partition kaum Raum. Weniger Speicherplatz verbrauchen Parallels Desktop und VMware Fusion, die mit dem Festplattenspeicher auch weit flexibler umgehen. Hier läuft das System innerhalb eines Disk-Image, das nur so viel Platz auf dem Mac verbraucht, wie das Windows-Betriebssystem wirklich benötigt. Noch weniger Speicherplatz benötigt Crossover, da nur die für ein Programm notwendigen Systemdateien geladen werden.
Hoch sind bei Parallels und Co. auch die RAM-Anforderungen, laufen doch gleich zwei Betriebssysteme parallel. Will man gleichzeitig OS X 10.8 und Windows 7 nutzen, sollten für eine sinnvolle Nutzung mindestens 4 GB Arbeitsspeicher installiert sein. Anders dagegen bei Boot Camp, hier kann man auch mit 2 GB Arbeitsspeicher problemlos arbeiten. Achten sollte man bei Windows auf die Unterscheidung zwischen 32-Bit und 64-Bit-Versionen – nur die 64-Bit-Versionen können mehr als 3 GB Arbeitsspeicher nutzen. Das ist aber nur in Ausnahmefällen wichtig, wenn beispielsweise HD-Videoschnitt unter Boot Camp geplant ist.

Fazit und Empfehlung: Boot Camp – Hohe Performance, weniger Komfort als Virtualisierungslösungen
Auf den ersten Blick erscheint Boot Camp als die einfachste und komfortabelste Lösung. Schließlich kann man mit dem auf jedem Mac vorinstallierten Boot-Camp-Assistenten einfach und bequem eine neue Windows-Partition einrichten und Windows 7/ 8 installieren. Man erhält ein natives Windows-System und kann sein Macbook wie ein vollwertiges Windows-Notebook nutzen. Power-User wie etwa Gamer wissen den daraus resultierenden Leistungsboost gegenüber einer Virtuellen Maschine zu schätzen und haben in der Regel auch kein Problem mit dem Zeitverlust durch das Rebooten beim Systemwechsel.
Profi-Tipp: Bootcamp-Partitionen mit Parallels Desktop oder VMware Fusion nutzen
Viele Anwender sind unsicher, ob Sie auf Boot Camp oder ein Virtualisierungsprogramm setzten sollen. Wer das beste aus beiden Welten haben möchte – also auf der einen Seite einen leistungsstarken Windows-Rechner unter Boot Camp, auf der anderen Seite die Flexibilität eines Parallels Desktop oder VMware Fusion – kann beide Varianten zusammenbringen.
Wie das geht? Ganz einfach: Beide gängigen Tools von Parallels und VMware können bereits bestehende Boot Camp-Partitionen einbinden. Für Sie heißt das: Wenn Sie nur mal schnell Ihre Steuer mit ELSTER-Formular machen wollen, starten Sie Ihr Virtualisierungsprogramm einfach mit der Boot Camp-Partition als Quelle. So haben Sie Ihr Programm schnell zu Hand und sparen sich den Reboot.
Wollen Sie dagegen eine Runde zocken, können Sie wie gewohnt Windows über Boot Camp ausführen und haben die vollen Ressourcen Ihres Macs zu Verfügung.
Ist man aber nur gelegentlich auf Windows angewiesen, weil man beispielsweise nur ab und zu eine Spezialdatei eines Kunden damit bearbeiten muss, empfängt einen Windows gerne mit Warnungen über fällige System-Updates, Flash-, Java-Updates und veraltete Virendefinitionen. Der Wechsel zurück in OS X wird dazu recht oft durch automatische Updates unterbrochen. Nicht zuletzt sollte man seine Boot-Camp-Daten regelmäßig sichern. Da Time Machine Boot Camp jedoch nicht unterstützt, muss man für jede Datensicherung Boot Camp starten und eine zusätzliche Backupsoftware für Windows verwenden. Ebenfalls lästig: Für jeglichen Zugriff auf ein Windows-Programm ist das Verlassen der Mac-Umgebung und das Booten von Windows nötig. In Sachen Flexibilität haben Virtualisierungsprogramme als klare Vorteile.

Ein Problem bei mobilen Macs ist außerdem die Verfügbarkeit und Qualität von Treibern. Zwar stellt Apple inzwischen neben Treibern für Windows 7 auch Treiber für Windows 8 zur Verfügung; diese erreichen aber nicht immer den Funktionsumfang der Mac-Versionen. Probleme beim Energiemanagement können etwa unter Windows zu kürzerer Akkulaufzeit und häufiger anspringenden Lüftern führen.
Für Firmen mit vielen Macs ist die Installation und Wartung von Boot-Camp-Installationen ebenfalls aufwendiger. Eine serienweise Wartung und Installation ist zwar mithilfe von Tools wie Winclone und Casper möglich, aber recht aufwendig und störungsanfällig. So können zum Beispiel bei Nutzung eines Fusion Drive Probleme auftreten und das komplexe Klonen einer Boot-Camp-Installation schlägt öfter mal fehl. Der Verfasser nutzt Boot Camp seit Jahren, auf Grund der immer wieder auftretenden kleineren Probleme würde er aber den meisten Mac-Anwendern eher die Virtualisierungsprogramme von Parallels oder VMware empfehlen. Wer aber auf die volle Windows-Power seines Macs angewiesen ist, sollte auf Boot Camp setzten.