Falls diese Gerüchte stimmen, ergibt das durchaus Sinn. Denn Smartwatches sind womöglich ein Markt mit einer potenziell großen Zielgruppe und einem aktuellen Angebot, dass noch keineswegs massentauglich ist – eine Analogie zu den MP3-Playern 2001 drängt sich hier auf.

©Macwelt

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Schlaue Uhren
Wenn Michael Knight im TV der Achtzigerjahre sein Superauto KITT zu sich ruft, dann spricht er in seine Uhr . Über Jahrzehnte sind wir alle damit aufgewachsen, dass an James Bonds Handgelenk wie selbstverständlich nützliche Helfer wie Geigerzähler, Mini-Kreissägen, Laser oder Fernbedienungen für Autos arbeiten. Wer als Kind eine Walkie-Talkie-Uhr hatte, war beim Agentenspiel sowieso der Chef. Dass Uhren weit mehr können könnten als nur die Zeit anzuzeigen, haben wir kulturell gelernt. Die Praxis hängt dem aber immer weit hinterher.
Jetzt sollen die Smartwatches die vielfältigen Funktionen von iPhone und Co. ans Handgelenk bringen. Telefonate, Twitter, Termine, Mails – unsere gesamte Kommunikation haben wir dann nicht mehr nur in der Hosentasche, sondern immer im Blickfeld – so die Theorie. Im Idealfall sollte eine solche Uhr dafür sorgen, dass wir viel seltener zum Handy greifen müssen und auch dann über die Geschehnisse der Welt informiert sind, wenn das Smartphone im Rucksack oder der Handtasche schlummert.
Was eine Smartwatch ausmacht
Kurz: Uhren mit einem Display und Smartphone-Anbindung. Die Multifunktionsuhren sind keine eigenständigen Geräte. Sie sind Partner im Duett mit einem Handy. Eine Smartwatch ist kein Ersatz, sondern eine Ergänzung zu einem Smartphone wie dem iPhone. Auf der Uhr werden Benachrichtigungen wie Anrufe, neue Mails oder Termine angezeigt.
Die Praxis
Verschiedene, sehr unterschiedliche Modelle sollen in der Praxis zeigen, was eine solche Uhr bringt und was Apple hier vielleicht noch besser machen könnte: Die Sony Smartwatch , die I’m Watch und das Kickstarter-Projekt Cookoo . Pebble, ein weiterer bekannter Vertreter der Gattung, ist aktuell leider nicht zu bekommen.
Die erste kleine Enttäuschung: keine der Uhren kann ein sprechendes Superauto rufen oder Handschellen durchsägen. Abgesehen davon sind diese Uhren interessant, haben einige nützliche Funktionen, aber auch ihre jeweiligen Schwächen. Verändert sich das Kommunikationsverhalten mit einer solchen Schlau-Uhr? Werden wir jetzt von einer Welle von überflüssigen Benachrichtigungen erschlagen und zum Sklaven der Technik?
Was toll ist
Wenig überraschend: Auch Smartwatches zeigen die Uhrzeit an. Aber so wie bei Smartphones das Telefonieren zum Nebenaspekt geworden ist, ist dies analog dazu mit der Anzeige der Uhrzeit und den Smartwatches: Es geht noch, ist aber nicht deren Kernkompetenz. Das Display der neuzeitlichen Uhren ist aus, wer die Zeit wissen will, muss drücken oder tippen, damit die virtuellen Zeiger oder Ziffern erscheinen.
Konzeptcheck: Sony Smartwatch

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Sonys Uhr ist günstig, jederzeit lieferbar und schon einige Zeit auf dem Markt. Android-Nutzer können hier sehr genau einstellen, worüber sie informiert werden möchten. Leider ist das Display nicht gut genug.
+ Unter 100 Euro und lieferbar
+ Leicht und angenehm zu tragen
+ Viele Einstellmöglichkeiten
+ Erlaubt rudimentäre Interaktion
+ Vibrationsalarm
-: Nur für Android
-: Wirkt nicht edel
-: Dunkles, blasses Display
-: Reagiert oft träge
Die wichtigste Funktion der Smartwatches ist das Benachrichtigen des Nutzers. Ohne das Handy aus der Tasche zu nehmen, bekommt dieser so einen Überblick über die neusten Mails, Tweets oder sieht, wer gerade anruft und kann im Zweifel direkt an der Uhr einen Anruf abblocken. Zudem kann man auch direkt über die Uhr jemanden anrufen – sofern man ein Headset im Ohr hat.
Es kann im Alltag sehr komfortabel sein, nur einen kurzen Blick auf die Uhr richten zu müssen, damit man sieht, ob das Vibrieren in der Hosentasche eine wichtige E-Mail oder nur irgendeine Mitteilung einer App war. Im Gespräch oder im Büro wirkt ein kurzer Blick auf die Uhr viel weniger unhöflich, als wenn man plötzlich in der Angst etwas zu verpassen sein Smartphone hervorkramt.
Dazu bieten die Uhren teilweise eigene, praktische Funktionen für den Alltag. Die I’m Watch hat einige eigene Apps wie einen Taschenrechner oder einen Wecker, die vom Smartphone völlig unabhängig sind, schön!
Sonys Uhr arbeitet eng mit dem Smartphone zusammen. Eine eigene App stellt die Verbindung zwischen Handy und Uhr her (per Bluetooth) und konfiguriert unsere Smartwatch. Die Uhr punktet damit, dass man die Benachrichtigungen toll konfigurieren kann. Wer Twitter, Facebook oder das Wetter auf der Uhr lesen will, der muss sich zwar Erweiterungen für die Uhr-App installieren. Das ist etwas umständlich, lässt aber dann viele Möglichkeiten zu. So können wir selbst wählen, bei welchen unserer Twitter- oder Facebookfreunde die Uhr uns benachrichtigen soll, wenn diese etwas geschrieben haben.
So lassen wir uns über Statusupdates der besten Freunde benachrichtigen und ignorieren den Rest. Dazu kann man die Uhr auf Vibrationsalarm umstellen ist so immer auf dem Laufenden – ohne Gepiepse.
Konzeptcheck: I’m Watch

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Die I’m Watch wirkt wie der stereotypische Vertreter der schlauen Uhren: ein großes Display, eigene Apps und eine solide Verarbeitung. Leider machen Verzögerte Mitteilungen (aus der Cloud) und die immense Akkubelastung des iPhone dies wieder zunichte.
+ Wirkt relativ hochwertig
+ Großes, lesbares Display
+ Eigene Apps
+ Auch fürs iPhone
+ Freisprechfunktion (theoretisch)
– Benötigt Tethering (Akkukiller)
– Keine Echtzeitnachrichten
– Groß, dick und schwer
– Keine Interaktion mit Meldungen
– Kein Vibrationsalarm
Was nervt
So praktisch das Grundprinzip in der Theorie klingt, so wenig überzeugend ist das im Detail in der Praxis. Jede der Uhren hat einige positive Seiten und einige dicke Haken. An eines muss man sich sofort gewöhnen. Ähnlich wie bei Smartphones sind die Akkus der Uhren für maximal einige wenige Tage ausgelegt. Die meisten Modelle müssen tendenziell jeden Abend an die Stromversorgung, damit man den nächsten Tag sicher übersteht. Für iPhone-Nutzer ist die Sony uninteressant, da sie nur mit Android-Handys und am besten mit Sony-Smartphones kooperiert.
Wir wollen aber vor allem wissen, wie gut sich das Grundkonzept schlägt. Das ist durchwachsen. Die passende App lässt viele Einstellungen zu, was gut gefällt. Gleichzeitig überzeugen Display und Material weniger, was für Fans hochwertiger Uhren ein K.O-Punkt sein dürfte. Obwohl der Nutzer hier die Möglichkeit hat, direkt an der Uhr auf Benachrichtigungen zu reagieren, ist dies noch nicht ausgereift.
Es gibt hier beispielsweise bei einer Twitter-Benachrichtigung nur die Möglichkeit, die Meldung „auf dem Handy anzeigen“ zu lassen oder eine vordefinierte Antwort zu senden. Könnte man stattdessen direkt an der Uhr „liken“, „retweeten“ oder ähnlich interagieren, wäre dies ein deutliches Plus.
Was bei der Sony-Uhr nur rudimentär geht, erlaubt die I’m Watch überhaupt nicht: Interaktion. Hier gibt es keinerlei Möglichkeiten, auf Meldungen zu reagieren – außer als Freisprecheinrichtung bei Telefonaten, was im Test aber nie funktioniert. Einen Vibrationsalarm hat die I’m Watch nicht. Entweder es piepst bei jeder Mitteilung oder bleibt komplett stumm und wir verpassen alles, schade.
Konzeptcheck: Cookoo

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Die Cookoo ist der Außenseiter im Vergleich. Das ehemalige Kickstarter-Projekt ist eine minimalistische Smartwatch ohne Display, das nur über Symbole Mitteilungen andeutet. Das minimiert den Nutzen und die massiven Bluetooth-Probleme machen sie gar völlig unbrauchbar.
+ Echte Uhr mit Zeigern
+ Lange Batterielaufzeit
– Völlig verbuggt, keine Verbindung
– Kein Display
Dazu steht der italienischen I’m Watch ihr Grundkonzept im Weg: Die Infos kommen nicht in Echtzeit von einer App auf dem Smartphone, sondern das Handy ist nur der Internetrouter für die Uhr. Alle verbundenen Konten müssen wir über einen Cloud-Dienst des Anbieters anlegen, die Uhr fragt dort maximal alle 15 Minuten nach Neuigkeiten. Das ist für solch eine Infozentrale ein bisschen seltsam, wenn wir erst irgendwann in den nächsten Minuten auf der Uhr sehen können, was da auf dem iPhone gerade vibriert hat – und auch nur dann, wenn es eine der Benachrichtigungen war, die die Uhr überhaupt anzeigt. Termine zeigt sie beispielsweise nur aus einem Google-Kalender, iCloud-Emails können wir im Test überhaupt nicht importieren.
Zudem muss man das iPhone in den Tethering-Modus versetzen, damit die Uhr ins Internet gelangt. Dieser trampelt dermaßen auf dem iPhone-Akku herum, dass man so nicht einmal einen Bürotag übersteht. Nach etwa acht Stunden ist selbst im Strom sparenden Modus Schluss, das iPhone aus. Ständiges An- und Abschalten des Tetherings am Handy ist dagegen alles andere als komfortabel oder der Nutzungsweise angemessen.
Dazu kann man hier kaum bis gar nicht einstellen, worüber die Uhr uns im Detail informiert. Bei Facebook macht die Uhr beispielsweise nur Meldung über manche, nicht alle Aktivitäten, bei Twitter sind es Nachrichten und Erwähnungen, dazu kann man dort den Feed auf der Uhr lesen, bei Facebook nicht.
Was Apple besser machen müsste
Dafür, dass die Uhren nur einen Bruchteil der Smartphone-Funktionen abbilden und im Grunde nur einen einzigen Handgriff zum Handy ersparen, scheint der aktuelle Hype etwas überzogen. In der Praxis sieht es oft so aus, dass das iPhone vibriert, weil uns eine Mitteilung erreicht hat. Der Blick auf die Uhr zeigt dann eventuell, was los ist. Anschließend greift man dann aber doch zum iPhone, um zu antworten, Details zu sehen und so weiter. Das ist ernüchternd und lässt den Nutzen nicht selten sehr fraglich erscheinen.
Apple müsste die Zusammenarbeit von iPhone und Uhr nahtlos, kinderleicht und absolut stabil hinbekommen. Wenn eine solche Uhr mehr nützliche, eigenständige Funktionen hätte, dann wäre dies schon interessanter. Warum nicht zum Beispiel den Schrittzähler für den Sport gleich dort integrieren?
Falls Apple tatsächlich an einer solchen Uhr arbeitet, gibt es hier noch viel zu verbessern. Keines der Konzepte überzeugt tatsächlich komplett. Dabei könnte so eine Uhr für Info-Junkies eine tolle Ergänzung sein. Dazu müssten sich aber einige Punkte deutlich verbessern:
Eine Uhr muss perfekt ablesbar sein. Nur ein sehr gutes Display, das Text und Bilder scharf und klar anzeigt – auch in der Sonne noch erkennbar ist, ist hier gut genug. Mitteilungen müssen in Echtzeit auf der Uhr erscheinen und dem Nutzer die Möglichkeit geben, direkt über einen Tippser auf die Uhr darauf zu reagieren.
Eine solche Uhr muss praktische Funktionen haben, die über die Smartphone-Partnerschaft hinausgehen. Mit einer sehr mäßigen Akkulaufzeit werden dagegen alle Smartwatches zu kämpfen haben, die ein großes Display nutzen. Und ob sich tatsächlich mehr Menschen für derartige Uhren interessieren als die typischen Gadget-Fans ist zudem auch noch keineswegs sicher.