Videos kann man auf dem iPhone überall anschauen, oder gemütlicher auf dem Sofa mit dem iPad oder man nutzt das Apple TV als Empfänger für Internet-TV . Der Datenverkehr im Web ist durch Videos in den letzten Jahren rasant gestiegen. Besonders das Mobilfunknetz ächzt unter dieser Last. Ein neuer Videostandard soll bewegte Bilder aus dem Netz bald deutlich sparsamer durch die Leitungen zwängen.
Der neue Standard soll Internetvideos für die Zukunft fit machen. Die Videoexperten des Gremiums ITU haben sich Anfang 2013 auf diesen neuen Standard geeinigt . Laut Thomas Kramer vom Videospezialisten Rovi hatte das Gremium dabei vor allem Videostreaming über das Netz im Hinterkopf, nicht physische Medien wie Bluray.

©Macwelt

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“Videos fressen Mobilnetze auf”, sagt uns der Experte. Hier sei der Bedarf für schlankere Videos besonders groß. Die Vorteile effizienterer Formate liegen auf der Hand: gleiche Bildqualität bei weniger Daten. Das bedeutet: kürzere Ladezeiten, weniger Kosten beim Handytarif und weniger Belastung für die Infrastruktur unserer Netze. Die Zukunft des Fernsehens guckt aktuell schon um die Ecke. Statt in HD werden wir in wenigen Jahren zumindest teilweise Filme in 4k-Auflösung sehen , dem Vierfachen des aktuellen Full-HD. Dafür muss die Übertragung effizienter werden.
Laut Kramer ist H.265 etwa 40-50 Prozent effizienter als das bisherige H.264. Das heißt, bei ähnlicher Bildqualität reduziert sich die Dateigröße und damit die nötige Bandbreite um knapp die Hälfte. Das funktioniert, indem Videokompression darauf setzt, unwichtige Informationen wegzulassen.
Videokompression für Anfänger

Ein Video besteht im Grunde aus vielen Einzelbildern, bei gängigen Standards zwischen 24 (Kino) und 30 Bildern (US-Fernsehen) pro Sekunde. In Europa sind 25 Bilder/s typisch. Dabei ist es längst üblich, dass nicht mehr alle Bilder (“Frames”) vollständig gespeichert werden. Stattdessen nutzt man für Abspielformate Bildergruppen (“GOP”). Dabei gibt es ein grundlegendes Bild (Keyframe) und speichert anschließend nur noch die Veränderungen zwischen den einzelnen Bildern bis zum nächsten Hauptbild. Dies macht Videokompression sehr viel effizienter. Beim Videoschnitt arbeitet man aber typischerweise mit Formaten, die noch fast alle Bildinformationen enthalten.
So funktioniert das neue H.265
Bisherige Formate teilen das Bild in viele einzelne Bereiche (“Makroblöcke”) wie “16 mal 16 Pixel” und suchen dort jeweils zwischen den Einzelbildern nach Ähnlichkeiten, die als Redundanz Daten sparen oder nach Bewegungen, die als Vektoren statt als eigene Bildinhalte gespeichert werden. So muss dann nicht mehr jede Farbinformation zu jedem Bildpunkt von jedem Bild einzeln gespeichert werden. H.265 geht hier noch deutlich weiter. Statt in einzelnen definierten Blöcken des Bildes zu suchen, wird hier das ganze Bild bei der Suche nach Ähnlichkeiten einbezogen. Das macht die Kompression effizienter, gleichzeitig aber auch die Berechnung komplexer. Experten schätzen, dass die Umwandlung in H.265 etwa zwei bis dreimal so aufwendig ist, wie beim aktuellen Standard. Die Rechenleistung, die beim Abspielen nötig ist, ist ein anderer wichtiger Aspekt. Denn die Datenströme des aktuellen H.264 und des neuen H.265 sind zwar ähnlich, aber nicht kompatibel zueinander. Das bedeutet: Aktuelle Bluray-Player oder Media-Player können damit nichts anfangen.
Begriffserklärung: Formate, Codecs, Container

Ein Format wie H.265 ist nur ein Stück Papier, das die Methode definiert, wie das Video komprimiert wird. Ein Standard wie viele andere genau definierte Normen auch. Ein Codec ist dagegen die konkrete Umsetzung dieses Standards in ein Stück Software, die ein Video in dieses Format konvertiert oder das Video abspielt. Diese Umsetzung des Standards verbessert sich meist über die Jahre noch und wird immer schneller und immer hochwertiger. Ein Container ist dagegen eine Art Kleber, der Videospur, den Ton und Extras wie beispielsweise Untertitel miteinander verstrickt. Dies ist schlussendlich die Datei, die wir abspielen. Typische Container sind MP4, MOV oder AVI bei Windows-Rechnern.
Die Probleme bei einem Umstieg auf ein neues Videoformat sind immer gleich: Auf beiden Seiten muss aufgerüstet werden. Produzenten müssen Inhalte neu erstellen, speichern und verbreiten, Zuschauer brauchen im einfachsten Fall neue Videosoftware auf dem Computer oder dazu noch neue Abspielgeräte. Oft verbessert sich die Effizienz eines neues Formates im Laufe der Jahre immer weiter. Das aktuelle H.264 ist über die Jahre nach Schätzungen von Experten noch rund 20-30 Prozent effizienter geworden.
Erste Lösungen sind da
Auf aktuellen Rechnern und auch auf modernen Geräten wie dem iPhone und iPad sollte der Umstieg nur ein mittelgroßes Problem sein. Das Fraunhofer-Institut zeigt auf dem Mobile World Congress einen ersten Codec, der auf einem kleinen Ultrabook mit einem Core-i5 und nur 800 MHz ein H.265-Video in Full-HD mit weniger als 20 Prozent Prozessorlast abspielt. Im Gespräch mit Macwelt sagen die Codec-Entwickler, dass dies auch auf dem Mac oder iPad problemlos möglich sei, dies in das System zu integrieren. Die vielen Spezialchips in den Geräten könnte man auch für das neue Format nutzen. Moderne Prozessoren mit Erweiterungen für Spezialaufgaben machen es möglich, die aufwendige Videoberechnung effizient zu erledigen. Hier müsste Apple einen solchen Codec jedoch zunächst in die Quicktime-Umgebung integrieren.
Der Vorgänger H.264
Der aktuelle Standard H.264 ist zu einem guten Teil Apples Baby. Die passende Standardverpackung “MP4” stammt aus Apples Quicktime-Universum. Es war nicht zuletzt Apple, die massiv auf das neue Format setzen. Während Nutzer in der Windows-Welt ihre Rechner mit Codec-Paketen auf die zahlreichen Videoformate vorbereiteten, hat Apple ab OS X 10 mit Quicktime 7 im Jahr 2005 konsequent auf das damals neue Format gesetzt. Auch die Blurays oder aktuelle Streamingvideos setzen darauf.
Denn Videos werden heutzutage fast immer von spezialisierten Chips berechnet. Auf den Chipsätzen von iPhone und iPad gibt es spezielle Decoder für H.264, selbst auf neueren Macs übernimmt dies ein Teil des Grafikprozessors. Das spart Strom, da diese Chips genau auf diese Aufgabe spezialisiert sind und dabei wesentlich weniger Energie benötigen als ein Allesberechner wie der Hauptprozessor. Bei neuen Videostandards achten die Experten deshalb auch darauf, wie gut sich die Umrechnung in Maschinensprache übersetzen lässt. Bei manchen Geräten wie dem iPad wäre der Hauptprozessor alleine kaum in der Lage, HD-Videos zu berechnen. Dies deutet an, an wie vielen Stellen sich Hersteller und Nutzer auf solche Neuerungen einstellen müssen.

Es könnte noch Jahre dauern, bis der neue Videostandard im Alltag angekommen ist. Noch ist nicht einmal ein passendes Containerformat dafür definiert, so wie dies aktuell “mp4” ist. Dazu sind derzeit auch alle Abspiel- und Aufnahmegeräte außen vor. Von Bluray-Playern bis zu Camcordern könnte keines aktuell damit etwas anfangen. Es wird laut Experten noch bis ins Jahr 2015 dauern, bis hier die Endgeräte kompatibel sind.
Noch Zukunftsmusik
Es wird also noch einige Jahre dauern, bis H.265 in unseren Alltag eintritt. Beim Vorgänger H.264 dauerte es zwei Jahre vom Zeitpunkt der Standardisierung, bis Apple das Format in Quicktime integriert hatte. Den Massenmarkt erreichte das Format dann weitere Jahre später.