Seit gut zwei Jahren macht sich Apple daran, die Funktionalität seines Desktop-Betriebssystems und die des iOS für iPhone und Co . anzugleichen. Mit Windows 8 hat Microsoft gerade begonnen , einen ähnlichen Weg zu gehen. Zumindest bei der Bedienung, aber auch bei der Code-Basis verschwimmen die Unterschiede der verwandten Systeme. Schon bei der Vorstellung des Ur-iPhone 2007 hatte der verstorbene Apple-Chef Steve Jobs stolz darauf hingewiesen, dass die Basis von iOS das Apple-Betriebssystem sei. Mit OS X 10.8 und dem kommenden OS X 10.9 rückt das Betriebssystem für die Schreibtischrechner immer näher an das der portablen Geräte. Es gibt jedoch eine wichtige Ausnahme.

Seit Jahren ist jeder Mac, jeder Windows- oder Linux-Rechner als Mehrbenutzersystem konzipiert. Im Unternehmen, in der Uni oder zu Hause loggt sich der aktuelle Benutzer mit seinem Accountnamen und Passwort ein und hat Zugriff auf seine Mails, Programme, sozialen Netzwerke und andere Daten. Dabei sind eigene Daten von denen anderer Benutzer auf dem Rechner getrennt. Selbst wenn beide Nutzer mit ihrer Lizenz von Word Texte verfassen, kann der eine die Dateien des anderen weder sehen noch öffnen. Das iPhone wurde von Steve Jobs als ein Device vorgestellt , das Internet-Gerät, iPod und Mobiltelefon in einem bietet, quasi die Verschmelzung des Handys mit den Funktionen damaliger PDAs – der Name steht für Personal Digital Assistent. Genau darin ist auch der Grund zu sehen, warum das iOS zumindest am Anfang nicht als Mehrbenutzersystem konzipiert wurde: Es ist ein „persönliches“ Device.
Neue Einsatzgebiete

Mittlerweile ist die sechste Generation des iPhone und die vierte Generation des iPad auf dem Markt, das iPad Mini nicht mitgerechnet. Die Einsatzgebiete haben sich geändert. Das erste iPad wurde von Steve Jobs seinerzeit als sehr guter E-Book-Reader angepriesen, heute tut es in vielen Unternehmen auch im kaufmännischen Bereich oder im Marketing seinen Dienst . Daneben setzt das iPad seinen Siegeszug im privaten Umfeld fort. Hier ist es als E-Book-Reader ebenso im Einsatz wie als vollwertiger Notebook-Ersatz. Quasi nebenbei nutzen die lieben Kleinen das iPad oder iPhone der Eltern gern als Spielkonsole – zur Unterhaltung.
Android prescht vor

Bereits Ende November hat Google für das 10-Zoll-Tablet Nexus 10 das Android-Update 4.2 ausgeliefert, das das Tablet mit Mehrbenutzerfähigkeit ausstattet. Der bei der Ersteinrichtung angelegte Benutzer wird – wie auch am PC – Eigentümer, hat quasi Administrator-Rechte. Nur er kann weitere Benutzer anlegen und verwalten.Die anderen Benutzer loggen sich dann mit ihrem Google-Account ein, können ihre Apps und Daten laden. Dabei ist Android so clever, dass eine von mehreren Benutzern eingesetzte App nicht mehrfach geladen und gespeichert werden muss, lediglich die Nutzerdaten werden getrennt. Jeder Benutzer beim Nexus 10 verfügt über einen eigenen Speicherbereich für Fotos, Musik, Filme und so weiter. Genau hier könnte und sollte Apple zumindest beim iPad nachlegen. Was bei Android der Google-Account ist, ist bei iOS die Apple-ID. Die ist bislang – wie das Google-Gegenstück – so konzipiert, dass sie auf eine Person zugeschnitten ist. Der Wechsel der Apple-ID bei einem iOS-Gerät ist eigentlich nicht vorgesehen. Apple schiebt der Nutzung mehrerer Apple-IDs einen Riegel vor: Nutzt ein iOS-Gerät iCloud-Dienste mit einer Apple-ID und wird diese gewechselt, muss der Benutzer bis zum erneuten Wechsel 90 Tage warten. Weder im beruflichen noch im privaten Umfeld ist das ein praktikabler Weg. Ein Mehrbenutzer-iPad würde im privaten Umfeld sicher für Freude sorgen. So könnten etwa die Kinder mit einem eigenen Account keinen Blödsinn mit den Daten der Eltern anstellen, eine Kindersicherung ließe sich als zusätzlicher Schutz implementieren.
Bring your own device
Auch im beruflichen Umfeld würde ein Mehrbenutzer-iOS sinnvoll sein, sogar für das iPhone. Ein Mobiltelefon ist zwar ob der verbundenen Mobilfunknummer immer einer Person zugeordnet, mehr und mehr Firmen lassen ihre Angestellten ihre eigenen Smartphones mitbringen und nutzen – „Bring your own device“. Problematisch ist das in vielen Fällen nur ob der Sicherheitsbestimmungen der IT-Abteilung im Unternehmen.
Ein iPhone mit Multi-User-System könnte einen privaten und einen beruflichen User kennen. Bei Letzterem ließen sich einfach Profile installieren , die auch den strengsten Sicherheitsvorschriften eines Unternehmens Genüge tun. So ließe sich festlegen, dass der berufliche User einen Internet-Zugang nur über das Firmen-VPN hat, keine sozialen Netzwerke nutzen kann und mehr. E-Mail-Accounts, Cloud-Zugänge, alles ließe sich trennen. Außerhalb der Firma genießt der iPhone-Besitzer dann die Freiheit seines privaten Accounts, inklusive Musik, Fotostream oder Apps.
Multi-User beim iPad
Eine Konzeptstudie für ein Multi-User-System für das iPad kursiert seit kurzer Zeit bei den Jailbreak-Fans unter dem Namen iUsers. Der Tweak von Pedro Franceschi ist momentan erst in der Lage, einige Basisdaten der Benutzer getrennt zu speichern, also etwa Spielstände, Safari-Lesezeichen und so weiter.
Nach der Installation des momentan noch im Betastadium befindlichen Hacks legt der Benutzer einen Account samt Passwort für sich und in der Folge für alle Mitbenutzer fest. Beim Start des iPad wählen Sie dann den Benutzer aus, das iPad zeigt Code-Sperre, das zum Benutzer gehörige Passwort ist einzutragen. Momentan steckt die Lösung noch in den Kinderschuhen und sollte auch nur von Interessierten getestet werden.
Der Entwickler hat mit iUsers gezeigt, dass ein Mehrbenutzersystem realisierbar ist, und arbeitet aktuell daran, dass auch Musik, Filme und mehr getrennt verwaltet werden können. Die Bemühungen werden aber sicher Stückwerk bleiben und nicht für normale Nutzer einsetzbar sein.
Apple sollte sich bewegen
Im Gegensatz zu dem genannten Programmierer hat Apple die Möglichkeit, das iOS entsprechend sauber anzupassen und ein echtes Mehrbenutzersystem mit iOS 7 vorzustellen. Natürlich ist für Apple die Vorstellung verlockend, dass innerhalb einer Familie einfach für Vater, Mutter und jedes Kind ein iPad angeschafft wird. Man könnte auch hoffen, dass iPhone-Fans einfach ein zweites Gerät für die berufliche Nutzung anschaffen.
Diesem Wunschdenken steht eine andere Option gegenüber. Familien könnten ein im Vergleich mit Android-Tablets teures iPad anschaffen, wenn es sich innerhalb der Familie teilen lässt. Auch Smartphone-Nutzer könnten noch eher zum iPhone greifen, ließe es sich ohne Probleme privat und beruflich einsetzen.
Außerdem hat Google mit Android 4.2 zumindest bei den Tablet-PCs vorgelegt und Apple in Zugzwang gebracht. Auch Microsoft wird hier nicht untätig bleiben. Wir halten es für sehr wahrscheinlich, dass Apple zumindest dem iPad mit iOS 7 im Sommer dieses Jahres ein Mehrbenutzer-OS spendiert.