Auf den ersten Blick klingen die Versprechen des Frameworks banal: Einheitliche Steuerung von Games für iOS 7 und OS X Mavericks mit Drittanbieter-Zubehör. Doch was auf den ersten Blick für die breite Masse reichlich unwichtig erscheint, hat das Potential zur mobilen Gaming-Revolution, die auch für die Platzhirsche Nintendo und Sony gefährlich werden könnte.
Vorbild Gamecenter
Wie gut eine solche Vereinheitlichung Apples Betriebssystemen tun kann, hat die Einführung des Gamecenters gezeigt. Zwar gehört der Spieledienst innerhalb der Apple-Betriebssysteme bei Weitem nicht zu den wichtigsten Funktionen, bietet aber einen praktischen und vor allem einheitlichen Standard für In-Game-Erfolge, Bestenlisten und Benachrichtigungen. Das ist für Entwickler ein großer Vorteil, denn Sie brauchen nur die von Apple zur Verfügung gestellten Schnittstellen nutzen, den Rest erledigen iOS und OS X mithilfe der Apple-ID des Users.

Vor dem Start des Gamecenters waren Freundeslisten und Erfolge wie man Sie von Xbox Live oder dem Playstation Network her kennt, Sache von Diensten Dritter wie dem mittlerweile eingestellten Openfeint. Das Problem war, dass nicht alle Entwickler Openfeint nutzen konnten oder wollten. So war man im App Store von einheitlichen Interfaces, Benachrichtigungen oder Leaderboards in Spielen lange weit entfernt. Mit dem Gamecontroller-Framework und der damit verbundenen Vereinheitlichung könnte Apple für die Steuerung von Games innerhalb von iOS und OS X ähnliches gelingen, wie seiner Zeit mit dem Gamecenter.

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Layouts und Profile
Um das zu erreichen, hat Apple seinen App-Entwicklern mehrere Richtlinien und Grundlagen mit auf den Weg gegeben, die innerhalb der Developer Connection abgerufen werden können. Dabei lautet die wichtigste Richtlinie für Entwickler: „Controller müssen das Gameplay verbessern und dürfen nicht zum Spielen der App vorausgesetzt werden.“ Ein Spiel mit Unterstützung für Gamecontroller „Made for iPhone“ (kurz: MFi) muss also auch ohne einen separaten Controller spielbar sein und durch die neue Bedienung einen Mehrwert bieten. Darüber hinaus definiert Apple in seinen Richtlinien grundsätzlich drei Arten von unterstützten Gamepads: „Standard-Form-Fitting-Controller“, „Extended-Form-Fitting-Controller“ und „Extended-Wireless-Controller“. Hinter diesen zunächst etwas sperrigen Begriffen verbirgt sich eine recht einfache Einteilung: Während „Form-Fitting-Controller“ das iPhone aufnehmen und so eine Einheit bilden, werden die Wireless-Modelle ausschließlich über Bluetooth gekoppelt.

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Die „Form-Fitting-Controller“, bei denen das iPhone wie eine PS Vita benutzt wird, dürften auf Sicht die meist verbreiteten Lösungen werden, da Sie sich optimal für den Einsatz unterwegs eignen. Die „Form-Fitting-Controller“ kennen zudem zwei verschiedene Tastenlayouts, sogenannte Profiles. Sie können von Spiele-Entwickler je nach Genre flexibel unterstützt werden: das Standard-Profil sieht eine Belegung vor, die dem klassischen Super-Nintendo-Controller ähnelt. Neben einem Steuerkreuz besitzen „Standard-Form-Fitting-Controller“ noch vier Optionstasten und je eine Schultertaste auf beiden Seiten des Gamepads. Von ihren Voraussetzungen her sind Gamepads mit Standard-Profil vor allem für 2D-Spiele geeignet.
Komplexere 3D-Titel Titel wie GTA: San Andreas benötigen für eine funktionierende Steuerung aber mehr, als nur ein Digikreuz und ein paar Knöpfe. Für solche Spiele hat Apple das Extended-Profil vorgesehen. Neben den Tasten, die schon ein Standard-Controller mitbringt, verfügen Form-Fitting-Controllermit Extended-Layout über zwei zusätzliche Schultertasten und zwei Analogsticks bzw. Schiebepads (ähnlich dem Nintendo 3DS). Damit folgt Apple in Sachen Tastenbelegung den erfolgreichen Vorlagen der Gamepads von Xbox One und Playstation 4.


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Dank solcher Zwei-Stick-Controller könnten dann auch Shooter oder Third-Person-Spiele auch auf einem iPhone gespielt werden, ohne mit den Fingern die Hälfte des Displays zu verdecken. Der dritte Controllertyp verfügt ebenfalls über das Extended-Layout. Anders als die „Form-Fitting“-Modelle benötigen die Extended-Wireless-Controller keine physische Verbindung zu einem iPhone oder iPad, sondern lediglich eine kabellose Verbindung via Bluetooth. Dadurch kann ein Wireless-Controller auch mit kompatiblen Macs mit OS X Mavericks genutzt werden.
Einschätzung
Mit dem Gamcontroller-Framework legt Apple einen wichtigen Grundstein. Schon jetzt machen Spiele im iOS-App-Store einen großen Teil der Verkäufe aus und tragen damit wesentlich zum Gesamtumsatz des App Stores bei – angesichts des Rekordergebnisses bei den App-Store-Umsätzen im abgelaufenen Jahr ist dieser Schritt Apples nur logisch. Denn: Nüchtern betrachtet haben bereits Millionen Besitzer eines iPhone 5S eine der leistungsstärksten mobilen Konsolen der Welt in ihren Hosentaschen. Einen einheitlichen Standard für die Steuerung von Games zu etablieren und so neue Möglichkeiten für neue Käufer und Konzepte zu schaffen, ist da mehr als sinnvoll. Der Erfolg – soviel zeigten die ersten Minuten mit Logitechs Powershell – steht und fällt aber mit der Qualität der Controller.
Kommentar: Potential alleine reicht nicht
Das Ergebnis ist ein praktisches und durchdachtes Framework, das seinen Weg sowohl in OS X Mavericks (vor allem für kabellose Controller) und iOS 7 (vor allem für Form-Fitting-Controller) gefunden hat. App-Entwickler finden so eine einfache und universale Basis für die Steuerung von Games auf Apples Systemen vor – ein großer Schritt.
Ein Abgesang auf Sonys und Nintendos Mobilkonsolen ist aber mehr als verfrüht, denn Apples Versuch muss sich erst beweisen. Die Erfolgsaussichten für iPhones und iPads (und eventuell im späteren Verlauf auch Apple TVs als Spielekonsolen) stehen und fallen mit der Umsetzung. Und da sind alle Beteiligten gefordert: Die Hardwarehersteller müssen qualitativ hochwertige und haptisch angenehme Peripherie designen, um einen Mehrwert für Gamer zu schaffen.
Es geht aber auch nicht ohne die unzähligen Spiele-Entwickler im App Store. Sie müssen dafür Sorge tragen, dass ihre Apps das Framework und die Zusatzhardware optimal unterstützen und so ebenfalls einen Mehrwert gegenüber der konventionellen Touch-Steuerung bieten. Was Apple, den Dritten im Bunde, betrifft: Cupertino hat seine Hausaufgaben mit dem Framework gemacht. Was allerdings noch fehlt, sind weitere Anreize für Entwickler und Zubehörhersteller, das Erlebnis zu optimieren und im App Store die kompatiblen Apps zu Kennzeichen – und weniger restriktive Vorgaben bei der Auswahl von Komponenten inklusive einfacherer MFi-Zertifiziereung.
Im Moment jedenfalls sieht es so aus, dass die ersten verfügbaren Controller den hohen Erwartungen nicht gerecht werden können – zumindest der Logitech Powershell überzeugte im Test vor allem qualitativ nicht. Angesichts der enormen Entwicklungsbudgets, die beispielsweise Microsoft oder Sony in die Entwicklung ihrer Gamepads gesteckt haben, verwundert dann auch die Preispolitik der MFi-Hersteller: Während ein Gamepad für die Playstation 3, das man auch problemlos für den Mac nutzen kann, im Handel etwa 50 Euro kostet, rufen Logitech, Moga oder Steelseries für ihre MFi-Controller stattliche 100 Euro auf – der Preissprung zu einer PS Vita oder einem 3DS beträgt nur noch knapp 50 Euro. Bis die Zusatzhardware für iPhones qualitativ einen echten Mehrwert bieten kann, ist der Abgesang auf die Branchengrößen Sony oder Nintendo verschoben!