Viele digitale Schrittzähler bieten als Nebenfunktion auch Schlafanalyse, Apps mit Biorhythmus-Wecker stürmen immer wieder die iTunes-Charts. Das Versprechen, dass man Schlaf ganz einfach mit einem Bewegungssensor vermessen und analysieren könnte, ist ein typisches Marketingversprechen der Healthstyle-Branche . Dazu sollen wir den Fitnesstracker mittels Armband am Handgelenk tragen – und zwar am nicht-dominanten. Bei den Apps soll das iPhone mit ins Bett und unter dem Kopfkissen oder neben dem Körper liegen.

Dies soll anhand unserer nächtlichen Bewegung erkennen und aufzeichnen, wann wir tief und fest schlafen und wann wir uns unruhig im Bett wälzen oder gar wach sind. Die Software der Tracker wertet unsere Nächte anschließend nach Schlafphasen aus und misst die Länge des Schlafs. Das klingt zunächst einleuchtend und sinnvoll, ernst nehmen sollte man diese Ergebnisse jedoch nicht. Um Schlaf und die verschiedenen Schlafphasen tatsächlich erkennen zu können, sei sehr viel mehr Aufwand nötig, erklärt uns Hans-Günter Weeß, Leiter des Schlafzentrums im Pfalzklinikum . Professionelle Schlafuntersuchung benötige Daten der Hirnströme, Augenbewegung, Muskelspannung und des Hautwiderstands . Selbst dann sei es noch nötig, die Daten von Experten auswerten zu lassen, da selbst die teure Spezialsoftware der Forscher nicht alles richtig erkenne.

Selbst für eine relativ banale Anwendung wie einen Schlafphasenwecker, der uns dann wecken soll, wenn wir ohnehin nicht tief schlafen, reicht die Messung per Bewegung nicht aus. Mindestens den Hautwiderstand bräuchte man dafür. Der misst, wie viel wir Schwitzen und könnte daraus etwas mehr ableiten als aus der reinen Bewegung.
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Die i PhoneWelt 03/2014 hat untersucht, ob Schrittzähler und Fitnessarmbänder etwas bringen. Dazu gibt es Tipps zum Fotografieren mit dem iPhone, viele wichtige Sicherheitsratschläge rund um Router und iOS und aktuelle Trend-Report rund um Wearables und Drahtlos-Gadgets.
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Den Schlaf alleine anhand der Bewegung zu messen, wie die Fitnesstracker und Apps dies tun, hält Profi Weeß nicht für sinnvoll: “Die können nur messen: Schläft er oder nicht.” Das Grundprinzip, den Schlaf anhand der Bewegung zu bewerten, könne zwar in manchen Fällen die richtige Tendenz erwischen, aber nicht immer. “Je geringer die Bewegungshäufigkeit, desto erholsamer ist Schlaf tendenziell”, berichtet Schlafforscher Hans-Günter Weeß. Dies sei jedoch keinesfalls allgemeingültig. Viele Menschen wären völlig erholt und ausgeschlafen, selbst wenn sie sich nachts im Schlaf ständig hin- und herwälzen.

Das gleiche gilt für die Schlafdauer. Beispielsweise Tracker-Hersteller Fitbit empfiehlt auf seinem Premium-Portal pauschal eine Schlafdauer von etwa 7-9 Stunden. Dabei wären für drei Viertel aller Menschen zwischen 6 und 8 Stunden ideal, der Rest ist nur mit weniger oder mehr optimal ausgeschlafen, sagt Weeß. Schlaf ist individuell.

Tipps f ür guten Schlaf
“Ich wüsste nicht, wofür man das braucht”, fasst Hans-Günter Weeß die Fähigkeiten der Fitnesstracker als Schlafmessgeräte zusammen. Der Chef des Schlaflabors rät: ” Es geht nicht darum, wie viel jemand geschlafen hat, sondern wie er sich fühlt.” Wer angemessen viel schläft und sich tagsüber fit fühlt, der hat keinen Grund, an seinem Schlafverhalten herumzudoktern oder sein völlig gesundes Verhalten mit elektronischer Analyse infrage zu stellen. “Wenn man die Daten überbewertet, kann das zu Anspannung führen. Wer mit dem Schlaf ohnehin Probleme hat, kann durch die ständige Selbstbeobachtung noch angespannter sein und schläft noch schlechter”, so der Schlafexperte vom Pfalzklinikum.