Den Ring an einem Abend (in der Version von Loriot ) über die an den Fernseher angeschlossene Apple TV hören und nicht in Bayreuth? Beethovens Neunte in der U-Bahn über schlechte Ohrstöpsel genießen und nicht im Musikvereinssaal in Wien? Bachs Brandenburgischen Konzerten in der Münchener Philharmonie am Gasteig lauschen und nicht in einem richtigen Konzertsaal? Nun, wer’s braucht…
iTunes und Apple Music sind gewiss nicht für klassische Musik gemacht, was man nicht zuletzt daran sieht, dass das Apple-Music-Radio nur den einen “Klassik”-Sender kennt, auf dem munter gemischt Barock, Spätromantik, Renaissance und eben die wirkliche Klassik läuft, eine Periode der mitteleuropäischen Musik, die grob von 1750 (Todesjahr von Johann Sebastian Bach) bis etwa 1830 reicht. Freunde der klassischen Musik, die dennoch gerne auf dem Mac und den dem iTunes-Universum angeschlossenen Geräten ihre favorisierte Musik genießen, haben für möglichst ungetrübten Musikgenuss einiges zu beachten. Mit ein paar Tipps wird die Erfahrung von Klassik, Barock, Rokoko, Romantik und zeitgenössischer Musik – im Folgenden durchweg als “Klassik” bezeichnet auf Mac, iPhone und iPad aber noch besser.
CDs richtig importieren
Nicht nur Klassikfreunde stört, dass iTunes die einzelnen Teile eines Albums nicht ohne Pause abspielt. Was im Fall des Pop-Albums mit seinen zehn bis fünfzehn Titeln sinnvoll ist, stört bei klassischen Werken immens, besonders bei Opern. Nicht nur die Zwangspause zwischen Vorspiel oder Rezitativ und Arie nervt, sondern auch der kurze Ausflug in die Welt der Klassik, wenn man auf seinem iPod allerhand Stilarten gemischt hat und im Zufallsmodus von AC/DC zu einem kurzen Schnippsel aus Fidelio springt. Beethoven und Kollegen haben wenig in Songs gedacht. Wer seine klassische Musik auf CD kauft – und das werden die meisten sein – kann aber die Problematik schon beim Import umgehen. Denn klickt man vor dem Import die Titel an, die zusammengehören (etwa alle) und wählt unter den Optionen “CD-Titel gruppieren”, entfallen beim Abspielen die lästigen Pausen. Und kommt der Shuffle des iPod bei dem so importierten Werk vorbei, spielt er die Titel komplett ab, in der vom Komponisten gedachten Reihenfolge. Einkäufe aus dem iTunes Store oder Downloads von Apple Music lassen sich nicht nachträglich gruppieren, hier empfiehlt sich das Anlegen von einschlägigen Wiedergabelisten, um wenigstens dem Zufall ein Schnippchen zu schlagen.
Das Format, das Format
Wahrscheinlich reicht sogar MP3 als Format aus, hört man die Klassik in der U-Bahn. Selbst schuld, wer auf der einen Hälfte der Strecke fast nichts mitbekommt, während ihm auf der anderen schier die Ohren ausfallen. Der hohe Dynamikumfang klassischer Musik verbietet an sich, sie in das Format MP3 zu komprimieren. iTunes bietet beim Import aber auch andere Formate an. Apple Lossless schneidet wenigstens keine Frequenzen bei der Kompression ab, WAV und AIFF jedoch kopieren das Werk ohne Verluste. Dafür belegen diese Formate wesentlich mehr Speicherplatz, wer aber über eine vernünftige Abhöranlage verfügt, wird das in Kauf nehmen. Und für die Puristen, die selbst eine auf Vinyl gepresste Tonaufnahme für nicht mehr authentisch halten, werden außerhalb von Konzertsälen eh keine klassische Musik genießen.
Die Meta-Tags
Wer seine klassischen S challplatten digitalisieren will, hat zwar jede Menge Arbeit vor sich, genießt aber alle Freiheiten beim Nachbearbeiten und vor allem Vertaggen der Titel. Der Import von CDs lässt erst einmal ratlos zurück, denn seit jeher greift sich iTunes Metainformationen zu CDs von Gracenote DB ab. Und die verfolgt bei Klassik eine seltsame Nomenklatur und stellt immer den Komponisten vor den Titel. Vor jeden Titel (oder wie im gezeigten Fall den Gastgeber des Rings an einem Abend).

Warum das so ist, lässt sich nur vermuten. Vielleicht will das Auge des ungeschulten Hörers beim schnellen Blick auf das Display von iPhone, iPod oder Car Entertainmentsystem sofort sehen, ob es sich bei der eindeutig als Klassik identifizierbare Musik um solche von Mothoven oder Beezart handelt…

Eine andere Nomenklatur verfolgt der iTunes Store mit den darin erhältlichen klassischen Titeln und verzichtet auf Komponist, Orchester oder Dirigent und schreibt die in die Meta-Tags in die Felder, in die sie gehören. Diese Nomenklatur kann man sich zum Beispiel nehmen und die Titelinformationen auch bei den selbst hinzugefügten Stücken anpassen. Dazu markiert man alle Titel in iTunes und ruft über Cmd-I das Infofenster für alle Titel auf. Bei der Gelegenheit kann man auch gleich checken, ob die Komponisten erstens richtig und zweitens einheitlich geschrieben sind. iTunes erkennt eben nicht automatisch dass mit den Schreibweisen J.-S. Bach, Bach, Johann Sebastian Bach und Joh.-Seb. Bach nicht vier unterschiedliche Komponisten gemeint sind. Jede Wette: Digitalisieren Sie CDs ihres Lieblingskomponisten und sie werden ihn dank der Gracenote DB mehrfach in ihrer Mediathek haben. Einheitlich benennen sollten Sie auch Interpreten und etwa “Herbert von Karajan und die Berliner Philharmoniker” nicht auch noch “Berliner Philharmoniker unter der Leitung von Herbert v. Karajan” nennen. Ihre smarten Playlisten werden es ihnen danken.
Nur ein Genre?
Genres, die iTunes unter anderem für auf Blues basierende Musik, die ab dem 20. Jahrhundert entstanden ist kennt: Blues, Indie, Rock, Soul, R&B, Metal, Jazz, Hard Rock, Hip-Hop, Folk, Electronic, Easy Listening und viele mehr. Genres, die iTunes für Musik kennt, die in Europa zwischen dem 15. und dem 19. Jahrhundert entstand: Klassik. Im iTunes Store und in Apple Music mit seinem einem Klassikradio ist da auch Hopfen und Malz verloren, in Ihrer eigenen Musikbibliothek können Sie aber noch präzisere Unterteilungen schaffen, wenn Ihnen der Unterschied zwischen Vivaldi und Egk bekannt und wichtig ist. Das Feld “Genre” im Informationsfenster lässt auch Freitexteingaben zu, legen Sie einmal für sich eine Nomenklatur fest und verwenden diese konsequent.

Dann folgt bei der Genre basierten zufälligen Wiedergabe eben nicht Strawinsky auf Händel wie es beim Klassik-Radio von Apple Music durchaus passieren kann. Innerhalb Ihrer eigenen Musikbibliothek werden diese Metadaten auch synchronisiert und die Arbeit, in die Sie am Mac investiert haben, kommt Ihnen auch auf dem iPhone zugute. Aber, eine Bitte: Selbst wenn der Gasteig mal wieder seinem schlechten Ruf in Sachen Akustik alle Ehre macht und das Münchner Konzertpublikum dennoch ein “Jahrhundertereignis” beklatscht : Das iPhone bitte vor Betreten des Konzertsaals ausschalten und ausgeschaltet lassen.