Auf Spuren von Google und Mercedes Benz: Apple entwickelt womöglich selbst ein Elektro-Auto. Das berichten gleich mehrere US-Medien. Laut dem Wall Street Journal trägt das Projekt bei Apple den Namen “Titan”. Ersten Designs zufolge soll es sich bei dem Apple-Elektro-Auto um einen Mini-Van handeln. Die Financial Times berichtet , dass Apple einige erfahrene Manager der iPhone-Sparte für das Auto-Projekt abkommandiert habe. Außerdem habe Apple eine Führungskraft von einem Forschungs- und Entwicklungszentrum von Mercedes Benz im Silicon Valley abgeworben.
Das Projekt soll sich in einem noch frühen Entwicklungsstadium befinden. Dem Bericht von Financial Times zufolge könne es daher noch viele Jahre dauern, ehe ein Elektro-Auto von Apple auf den Markt kommen könnte. Außerdem bestehe auch die Möglichkeit, dass das Unternehmen einfach nur in dem Bereich intensiv forsche und vielleicht überhaupt keine Pläne dafür habe, ein Elektro-Auto auch tatsächlich auf den Markt zu bringen. Die Beschäftigung mit einem derartigen Projekt könnte Apple auch dafür nutzen, um neue Technologien zu entwickeln, die für Produkte anderer Hersteller interessant sind. Beispielsweise neue Batterien für Elektro-Fahrzeuge.
Andererseits könnte auch die Größe des Apple-Teams – die Rede ist von über 1000 Apple-Mitarbeitern – ein Indiz dafür sein, dass es Apple doch ernst meint und tatsächlich ein Elektro-Auto entwickeln wolle. Apple-Chef Tim Cook habe demnach das Projekt vor knapp einem Jahr abgesegnet und einige Apple-Top-Designer darauf angesetzt.
Bisher hat Apple sich im Automobil-Bereich nur mit Carplay eingesetzt. Die Software erlaubt iOS-Komponenten, inklusive Siri und iTunes, über das Auto-Armaturenbrett zu bedienen. Die Hersteller Volvo und Volkswagen bieten Fahrzeuge mit CarPlay an.
Mit dem neuen Auto-Projekt könnte Apple einen Pakt mit einem Autohersteller eingehen, um ein Apple-Auto auf den Markt zu bringen. Google dürfte einen ähnlichen Weg einschlagen, nachdem dessen selbst fahrende Fahrzeuge immer ausgereifter werden. Berichten zufolge hat Google noch nicht entschieden, ob es ein Fahrzeug selbst auf den Markt bringen wird oder es gemeinsam mit einem anderen, traditionellen Auto-Hersteller bauen wird. Entsprechende Gespräche, so heißt es, führe Google etwa mit Ford, Toyota und General Motors.
Kommentar: Apple geht auf die Straße
Apple ist das an der Börse wertvollste Unternehmen der Geschichte, mit einem Nennwert von über 700 Milliarden US-Dollar – sieht man von inflationsbedingten Wertberichtigungen ab. Damit sind die Apple-Aktien mehr wert als etwa die aller Unternehmen aus Russland . Barreserven hat Apple über 170 Milliarden US-Dollar in aller Welt gebunkert, damit könnte das Unternehmen alle Staatsschulden Griechenlands begleichen oder 25 mal die TV-Rechte der Premier League erstehen. Apple wird aber weder alle russische Firmen aufkaufen noch Griechenland zu Appleland werden lassen oder gar für 100 Jahre den englischen Fußball finanzieren, sondern Vernünftigeres mit seinem Geld anfangen. Investitionen in das nächste Milliardengeschäft sind daher sehr wahrscheinlich. Trotz aller Bemühungen der vergangenen zehn Jahre haben Apples Produkte im Auto nie richtig Anschluss gefunden. Der Grund: Apple hat keineswegs die volle Kontrolle über das Nutzererlebnis, das seine Produkte an anderer Stelle auszeichnet. Ein wenig erinnert die Situation von Carplay an die des „iTunes-Handys“ Motorola ROKR, das nie richtig rockte. Das erste Mobilfunkgerät, das wirklich gut in das Apple-Universum passte war das iPhone – und sein bis heute anhaltender Erfolg lässt über ähnliche Strategien für andere Geschäftsbereiche nachdenken. Vor acht Jahren unterschätzte die Mobilfunkbranche den Newcomer gewaltig, die Automobilbranche wird sich aber weniger Sorgen machen müssen. Im Gegenteil könnte Apple mit der Eigenentwicklung eines Apple Car den Branchengrößen eher zeigen, wie Fahrzeugelektronik mit der für Unterhaltung und Vernetzung gekoppelt werden muss. Seit geraumer Zeit macht auch die Kolportage die Runde, Apple wolle den Hersteller von Elektroautos der Luxusklasse Tesla für 75 Milliarden US-Dollar übernehmen . Apple hat dafür zwar die finanzielle Macht, aber wohl kaum das Interesse. Eher werden also Fahrzeuge made for iPhone in einem Jahrzehnt die Straßen füllen als Autos, bei denen das Apple-Logo auf dem Heck mehr als nur ein Aufkleber ist. Peter Müller