Ein Blutdruckmessgerät sollte jeder zu Hause vorrätig haben, der schon einmal mit dem Verdacht oder dem Nachweis von zu hohem Blutdruck in Berührung kam. Als Standardwert für einen gesunden Menschen gilt dabei 120 zu 80 für den arteriellen Blutdruck, gemessen in mmHg (ursprünglich Millimeter auf der Quecksilbersäule als Maßeinheit des Drucks). Unterschieden werden der systolische Druck, während das Herz pumpt und der Druck größer ist (die Herzkammern ziehen sich zusammen), dies ist der obere oder höhere Wert. Und der diastolische Druck, während das Herz entspannt, als unterer oder niedrigerer Wert. Der Wert sollte jedenfalls regelmäßig unter 140/90 mmHg liegen. Ein paar Hintergrundinformationen zu den Werten und zum Blutdruckmessen erhält man hier .
Unterarmmessung tendenziell ungenau
Prinzipiell gilt es als günstiger, weil genauer, den Blutdruck am Oberarm zu messen, wie es in der Arztpraxis in der Regel auch geschieht. Wichtig ist vor allem, dass die Messung auf Höhe des Herzens oder leicht darüber geschieht, damit man einen verlässlichen Referenzwert erhält. Dagegen gilt die Blutdruckmessung an der Arteria radialis, also am Unterarm, wo man gewöhnlich auch den Puls misst, als fehlerbehaftet. Wichtig ist auch hier, den Unterarm so zu halten, dass die Blutdruckmessung mit der Manschette in Herzhöhe geschieht. Doch auch dies ist nicht ideal, weil, wie wir uns von einem befreundeten Arzt (Internist) haben aufklären lassen, die Arterie vom Knochen geschützt und daher oft schlecht komprimierbar ist – das verursacht leicht falsch zu hohe Werte.
Genau dies stellen wir bei unseren zahlreichen Messungen mit dem an sich sehr schicken und in der Anzeige übersichtlichen Blutdruckmessgerät für den Unterarm iHealth View fest: Im Vergleich zu jeweils parallel vorgenommenen Blutdruckmessungen am Oberarm mit einem handelsüblichen Blutdruckmessgerät von Sanitas liegen die Werte des iHealth View meist deutlich darüber, sogar, wenn es die zweite Messung in Folge ist, die normalerweise niedrigere Werte ergibt als die erste. Systolisch betrug der Unterschied oft bis zu 20 mmHG, diastolisch um die 10 mmHG und darüber.
Das ist also ein echtes Problem und sollte nicht unterschätzt werden – immerhin hängt davon auch die Einstellung der Medikamentengaben zur Unterdrückung eines zu hohen Blutdrucks ab. Zwar misst der Arzt oder die Ärztin in der Praxis realere Werte (wenn auch mit dem typischen ” Weißkitteleffekt-Aufschlag ”). Doch immerhin ist das iHealth View auch so gedacht, dass man über die Bluetooth-Anbindung an die App die Werte prinzipiell an die Arztpraxis übermitteln könnte. Dort würde man sich dann unnötig große Sorgen machen mit den entsprechenden Folgen, etwa die scheinbar viel zu hohen Werte mit einer 24-Stunden-Blutdruckmessung zu überprüfen.
Ansprechendes Design, übersichtliche Anzeige
Technisch verfügt das iHealth View über ein integriertes Display, das sich beim Umbinden einschaltet und angibt, welche Position des Handgelenks optimal für die Messung ist. Bevor nicht in etwa die Herzhöhe erreicht ist, fängt es mit der Messung erst gar nicht an. Die Werte werden in gut ablesbarem Grün auf dem lackierten weißen Hintergrund dargestellt. Das Blutdruckmessgerät ist so anzulegen, dass die Displayseite am Unterarm nach unten zeigt, also wie manche eine Armbanduhr an der Arminnenseite ”falsch” herumtragen. Als wir das Gerät einmal in iWatch-Manier anlegten, funktionierte es auch, pumpte sich auf der Suche nach der auf der anderen Seite liegenden Arterie aber so sehr auf, dass es weh tat. Nun, das war eine Fehlbedienung unsererseits und lässt sich dem Gerät nicht anlasten.
Mitteilungsbedürftige App im Hochformat
Doch auch über die kostenlose App iHealth MyVitals im App Store (ab iOS 7) sind wir nicht ganz glücklich. Zunächst kann man diese auch auf dem iPad nur im Hochformat nutzen. Bevor man sie aber überhaupt einsetzen kann, muss man sich mit seinen persönlichen Daten registrieren. Und zwar nicht nur mit Name und E-Mail-Adresse, sondern auch mit Geburtsdatum, Größe, Gewicht und anderes mehr. An dieser Stelle hätten wir den Test fast abgebrochen. Warum überlässt man dem Nutzer, der immerhin das teure Gerät gekauft hat, zu dem die App gehört, nicht selbst die Entscheidung, ob er seine Daten über die Cloud des Entwicklers sichern will, oder diese lieber nur lokal auf seinem iPad oder iPhone behält? Wir haben uns dann entschlossen, für diesen Test doch einen Fake-Account anzulegen, mit dem Nutzername ”Macwelt Test” (als Vor- und Nachname) und nur teilweise zutreffende Daten (bei ”männlich” haben wir nicht geschwindelt) einzutragen. Die App selbst ist dann recht komfortabel. Nach der Verbindung mit dem iHealth View werden die im Gerät gespeicherten Messergebnisse synchronisiert und in einer Liste dargestellt. Die App ist auch für andere Funktionen vorgesehen, wie etwa der Überwachung von Gewicht, Aktivität und Schlaf und Vitalwerten. Dazu benötigt man jeweils das passende Gerät des Herstellers.
Wer’s will – Blutdruckmesswerte auch über Twitter und Facebook
Die Liste selbst ist übersichtlich, mit den freilich meist viel zu hohen Werten des Blutdruckmessgeräts am Unterarm. Zur Ergänzung, praktisch für die spätere Kontrolle oder den Arzt, sind Ergänzungen mit Emoticons für die Stimmung zum Zeitpunkt der Messung oder auch der Aktivität hilfreich, denn damit schwankt auch der Blutdruckwert, ob man gerade sitzt und entspannt ist oder auf dem Heimtrainer strampelt oder einfach akut gestresst ist. Von dem Listenscreen aus lassen sich die Daten optional über E-Mail versenden – wer will, kann sie sogar über Twitter oder Facebook teilen. Dazu aber braucht es wohl schon ein überbordendes Mitteilungsbedürfnis.
Verfügbarkeit
Das iHealth View ist Nachfolger des iHealth Sense und seit Januar zum Preis von 80 Euro verfügbar. Bestellen lässt es sich beispielsweise direkt auf der Site des Herstellers . Im Lieferumfang enthalten ist insbesondere das Mini-USB-Kabel, das man zum Aufladen am Mac benötigt. Die Größe das iHealth View beträgt 72 x 74 x 17,6 Millimeter, das Gewicht 120 Gramm. Die Armbandmanschette ist geeignet für Größen zwischen 13,5 und 22 Zentimeter am Unterarm.
Fazit und Empfehlung
Die App ist aufgrund der beschriebenen Einschränkungen oder Voraussetzungen, insbesondere der Notwendigkeit zum Datenaustausch mit dem Entwickler vor Gebrauch, nicht sehr zu empfehlen. Der Hersteller sollte hier schleunigst die Möglichkeit einbauen, eigene Daten auch privat zu halten oder sie zumindest nur über die iCloud zu sichern. Auch das Blutdruckmessgerät, das durchaus schick aussieht und auch funktionell durchdacht ist, lässt sich dennoch aus unserer Sicht nicht guten Gewissens empfehlen – die Werte liegen einfach zu stark über denjenigen, die nach der Standardmethode mit einem Blutdruckmessgerät am Oberarm gemessen wurden. Vielleicht erhalten wir mal die Gelegenheit, später im Jahr ein neues Blutdruckmessgerät von iHealth zu testen, das für den Oberarm geeignet ist. So lange sollte man lieber handelsüblichen Messgeräten den Vorzug geben.