Kommenden Dienstag gegen 22.30 Uhr MEZ wird Apple die Bilanz für sein erstes Quartal 2016/17 vorlegen. Schon jetzt lässt sich abschätzen, dass der iPhone-Hersteller neue Rekorde erreichen wird, das hatte Apple bereits im Oktober bei der Präsentation der Bilanz für das Septemberquartal angedeutet. Folgendes wird aber interessant: Wie hoch ist der vom iPhone 7 (Plus) begünstigte Anstieg im Detail? Was macht das iPad, das heute übrigens seinen 7. Geburtstag feiert? Wie geht es dem Mac, geben CEO Tim Cook und Finazchef Luca Maestri wenigstens dezente Hinweise auf die Zukunft des einstigen Kerngeschäfts? Und kann man aus den Zahlen und Aussagen eine halbwegs valide Berechnung für die Verkäufe der Apple Watch herleiten? Hier die Details:
iPhone: Es geht wieder aufwärts
Vor einem Jahr hatte für das Dezemberquartal nur gerade so bessere Verkäufe in der iPhone-Sparte melden können, die drei anschließenden Quartale waren allesamt schlechter als die im Vorjahr. Mit dem iPhone 7 (Plus) wird sich das wieder ändern, schon im Herbst hatte Apple gesagt, man komme mit der Produktion kaum nach. Erstmals nannte Apple aber keine Verkaufszahlen für das erste Wochenende, die bis einschließlich iPhone 6S immer ein guter Indikator für das erste Quartal waren. Unsere Kollegen der Computerworld haben sich die Schätzungen von 17 Analysten angesehen und einen Durchschnitt gebildet. Demnach würde Apple 77,3 Millionen iPhones von Oktober bis Dezember 2016 verkauft haben, was ein Plus von 3,4 Prozent gegenüber dem Vorjahr (74,8 Millionen) bedeutete. Die Schätzungen der Experten lagen alle über dem Wert des Vorjahres und reichten von 75 bis 80 Millionen Stück. Wie sich die iPhone-Verkäufe verteilen, hat Apple in seiner Bilanz noch nie ausgewiesen. Man kann aber angesichts des durchschnittlich erzielten Verkaufspreises davon ausgehen, dass die meisten Verkäufe auf die jeweils neuen Modelle entfallen. So nahm Apple vor einem Jahr im Schnitt 690 US-Dollar pro iPhone ein – also so viel, wie heute das kleinste iPhone 7 mit 32 GB Kapazität kostet. Im Handel sind heute aber auch noch das iPhone 6s zu Preisen ab 550 US-Dollar und das iPhone SE für 400 respektive 450 US-Dollar. Die Nachfrage habe sich in der Weihnachtseinkaufsaison hin zu günstigeren Modellen verschoben, ist sich der Barclays-Analyst Mark Moskowitz sicher. Apple könnte also durchaus einen neuen Rekord beim Absatz erreicht haben, den für den iPhone-Umsatz aber verfehlen.
Apple Watch: Top oder Flop
Es sei so etwas wie Kremllogie, anhand der Apple-Bilanz auf Verkaufszahlen der Apple Watch zu schließen, meint unser Macworld-Kollege Jason Snell und erinnert damit an die verschlossenen Tore von Moskau, hinter denen in der Sowjetzeit so lange interne Machtkämpfe tobten, bis vor der roten Mauer plötzlich neue Köpfe erschienen. Man kann zwar auch heute nicht so recht in die Köpfe der Moskauer Machthaber schauen und ein offener Umgang mit Zahlen ist etwas anderes, aber der Vergleich hinkt dennoch. Denn Apple ordnet die mit der Apple Watch generierten Umsätze unter “Sonstige Hardware” ein. Treffender wäre also der Vergleich mit der Donau bei Linz. Allein am An- und Abschwellen des Flusses kann man nur ein ungefähres Gefühl dafür bekommen, ob denn nun der Inn, die Ilz oder der Oberlauf der Donau bei Passau mehr oder weniger Wasser in den gemeinsamen Strom eingespeist haben. Regenzeiten lassen alle drei Pegel anschwellen, ebenso hat das Weihnachtsgeschäft für Apple sowohl die Verkäufe von Apple Watches, iPods, Beats-Kopfhörern und -Lautsprechern und Adaptern massiv einsteigen lassen. Der Vergleich mit dem Vorjahr hilft nicht weiter, da Apple im Herbst die Apple Watch Series 2 heraus gebracht hat, die vermutlich für einen Anstieg der Nachfrage verantwortlich war. Wie stark, das weiß außerhalb Cupertinos niemand. Nimmt man den Umsatz in Milliarden US-Dollar, teilt diesen durch drei und durch vier, sollte man aber einen ungefähren Bereich für die Anzahl der verkauften Apple Watches in Millionen erhalten. CEO Tim Cook lässt sich immer nur zu einem beinahe Trump’schen “great” hinreißen, wird er nach der Performance der Uhr gefragt. Das wird sich nächsten Dienstag auch kaum ändern.
Sorgenkind iPad
Bis März ist noch eine Weile hin, aber auch nicht so lange, dass man nicht auf die für den Zeitraum um den 20. März erwartete Apple-Keynote warten könnte. Drei neue respektive überarbeitete iPads stehen auf dem Plan, das vermuteten potentielle Käufer auch schon im Weihnachtsgeschäft. Hinzu kommt, dass Apple für die Einkaufssaison kein neues Modell aufgelegt hatte. Knapp über 16 Millionen iPads gingen im Herbst 2015 noch an die Kunden, damals aber in einer frischen Aufstellung. Ein weiteres Minus gegenüber Vorjahr ist in diesem Teil der Bilanz beinahe zwangsläufig. Fraglich nur, wie hoch es ausfällt.
Mac mit Überraschungspotential
Vor einem Jahr hatte Apple im Septemberquartal mehr Macs verkauft als im Dezemberquartal – das ist zumindest ungewöhnlich. Im Kalenderjahr 2016 dürfte das aber wieder anders gewesen sein, im Oktober kam das neue Macbook Pro, das sich trotz der Kritik wegen fehlender Schnittstellen und Prozessoren allerneuester Bauart anscheinend recht gut verkauft hat. Die Lieferzeiten sind jedenfalls auch im Januar 2017 noch recht lang. Alle anderen Modellreihen hatte Apple jedoch im Herbst unverändert gelassen, die einzige weitere Änderung betraf das Macbook 12 Zoll, für das es jedoch schon im Frühjahr eine neue Fassung gegeben hatte. Die zu überspringende Latte liegt bei 5,3 Millionen Stück, das könnte knapp werden. Da aber gut 70 Prozent der verkauften Apple-Rechner Laptops sind, wirkt sich eine Änderung in diesem Angebotssegment stärker aus als neue Desktops – im Herbst 2015 hatte es einen renovierten iMac gegeben. Kann also gut sein, dass Apple das recht ambitionierte Ziel übertrifft.
Mehr Services
Eine weitere Umsatzsteigerung im Bereich Services & Software erscheint schon wegen der immer noch wachsenden Anwenderschaft logisch. Hier bilanziert Apple alle Einnahmen der App Stores sowie von Apple Music und iCloud. Der Umsatz ist zwar immer noch im einstelligen Milliardenbereich, aber auch damit wäre eine hypothetische Company Apple Services in der Fortune-500-Liste vertreten. Wir sind uns sicher: Das hier erzielte Umsatzwachstum wird Apple in der Bilanzpressekonferenz über den grünen Klee loben.
Die weiteren Aussichten
Was die zu erwarteten Umsätze für das bereits laufende zweite Quartal betrifft, wird Apple wieder eine relativ genaue Prognose geben können. Neue Produkte sind im Berichtszeitraum eher nicht zu erwarten, das zweite Quartal ist immer deutlich schlechter als das erste. Darüber hinaus sind Apples Perspektiven aber nur als vage zu bezeichnen. Sicher stecken mit einem neuen iPhone, renovierten Macs und einer überarbeiteten iPad-Reihe jede Menge interessante Produkte in der Pipeline, die Investitionen in Services und Apple Music zahlen sich aus. Völlig offen ist aber die Entwicklung für Apples zweitwichtigsten Wachstumsmarkt China. Sollte tatsächlich ein Handelskrieg zwischen den Großmächten USA und China eskalieren, dürften Maßnahmen wie Strafzölle oder gar Importverbote Apples Geschäfte massiv schädigen. Wir erwarten geradezu eine Ansage von Tim Cook und Luca Maestri, bei aller gebotenen Vorsicht. Denn wenn einer am Dienstag Nachmittag (Ortszeit Cupertino) hustet, käme das am nächsten Tag an den Börsen weltweit als schwere Lungenentzündung an. Apple könnte mittelfristig in schweres Wasser geraten. Immerhin machen Fortschritte bei den Verhandlungen mit indischen Behörden Hoffnung , dass Apple auf dem Subkontinent nicht nur neue Produktionsstätten errichten könnte, sondern sich das Land auch als neuer Wachstumsmarkt erweist.