System aufräumen: Sinn oder Unsinn?
Systemtools für iOS sind wie ein zweischneidiges Schwert: Oft sind sie hilfreich, meist handelt es sich bei Aufräum-Tools aber um Humbug und ein Eingriff in das System ist nie ohne Risiko.
Der Nutzen ist zudem fraglich: Wird das iPhone durch das Löschen von Cache-Dateien tatsächlich schneller? Eigentlich nicht und temporäre Dateien werden kurz nach ihrem Löschen sofort wieder angelegt.
Warum also sollte man auf seinem iPhone nach unschuldigen Cache-Dateien fahnden oder Datenmüll entfernen? Es macht bei echten Problemen Sinn: Etwa wenn auf dem nagelneuen iPhone nur noch 400 MB frei sind, obwohl es vor ein paar Stunden noch 4 GB waren. Oder wenn man eine App installieren will, aber zweihundert MB an Speicherplatz fehlen.

Es kann ein iOS-Gerät dagegen wirklich ausbremsen, wenn nur noch wenige hundert MB an Speicherplatz vorhanden sind. Nicht ohne Grund meldet sich sofort das System mit Warnungen und gibt sogar Tipps zum Platzsparen. Bei Platzmangel ist es in den meisten anderen Fällen aber einfacher, alte Apps zu löschen und sich vielleicht von ein paar WhatsAppVideos zu trennen. Vor allem das Löschen alter Videodateien ist meist lohnender als die Suche nach Cache-Dateien. Mittlerweile hilft das System dabei sogar. So kann iOS 10 bei Platzmangel etwa Bilddateien auf iCloud auslagern. Vor einem Systemupdate löscht das System außerdem bei Bedarf Apps, die nach dem Update wieder installiert werden.
„Schon mit einem Neustart versucht?“
Bei Problemen mit dem iOS ist meist ein simpler Neustart die einfachste Lösung – bevor man anfängt mit Spezialtools nach Cache-Dateien zu suchen. Hilft dieser nicht weiter, sollte man es mit einem Reset versuchen. Bei dieser etwas fortgeschrittenen Variante hält man zugleich Einschalttaste und Home-Button gedrückt. Nach mehreren Sekunden wird der Bildschirm schwarz und das iPhone startet neu. Halten Sie die Tasten gedrückt, bis Sie das Apple-Logo sehen.
Safari-Cache leeren
Unter Einstellungen/Safari finden Sie den Eintrag „Verlauf und Website-Daten löschen“. Zu viel sollten Sie davon aber nicht erwarten, oft handelt es sich nur um einige wenige KB pro Webseite. Außerdem löschen Sie damit zugleich ihre Anmeldedaten bei Amazon und Macwelt.de. Bei Problemen mit Safari kann dieser Tipp aber manchmal helfen.
Unsere Empfehlung: Der Download-Trick
Unter iOS 10.0 hatte der Trick nicht mehr funktioniert, seit 10.2 ist er wieder nutzbar: Eine iPhone-Diät durch den Download einer übergroßen Videodatei. Die Methode ist ungewöhnlich aber effektiv. Man lädt über iTunes eine Videodatei, die größer als der noch freie Speicher ist. Ideal, wenn man schon einmal einen HD-Titel im iTunes-Store gekauft hat. Versucht man nämlich, einen sehr großen Film zu laden, versucht das System vor dem Download Platz zu schaffen. Bei mehreren Tests konnte das System dabei meist um die 1 GB Speicherplatz freigeben. Es löscht dabei anscheinend Vorschaudateien und temporäre Dateien einzelner Apps. Bei plötzlichem Platzmangel nach Video-Streaming hat der Autor mit dieser Funktion einmal sogar 4 GB Speicherplatz freigegeben.
Hat man noch nie einen iTunes-Film gekauft und dies auch nicht vor, kann man alternativ einen HD-Film ausleihen. Beispielsweise „ Toni Erdmann “. Sind weniger als 5,39 GB frei, schlägt das Laden nämlich fehl und man muss nichts bezahlen. Ob man den Film laden kann, prüft das System glücklicherweise vorher. Achtung: Bei einem Kauf muss man den Film dagegen wirklich bezahlen.

iPhone und iPad vor Update ausmisten
Insbesondere wenn Systemupdates anstehen, wird der Platz auf iPhone und iPad ein wenig knapp. Unser ausführlicher Ratgeber erklärt, wie sie ihr iOS-Gerät auch ohne Tools ausmisten .
Exkurs: Cache mit Spezialtools löschen
Mit Tools wie Phone Clean von iMobie oder Umate von iMyFone gibt es Spezialtools für das Aufräumen, die wir aber nur unter Vorbehalt empfehlen. Zur Nutzung installiert man die Tools auf einem Mac oder PC und verbindet das iPhone per Lightning-Kabel mit dem Desktop. Über die Tools stehen nun mehrere Funktionen zur Verfügung. Beide Tools kosten jeweils 20 US-Dollar, Phone Clean bietet auch in der Freeware-Version einige interessante Optionen. Bei Umate kann man die meisten Funktionen erst nach der Bezahlung nutzen. So bieten die Tools neben dem Löschen von Caches und temporären Dateien Funktionen für das Platzsparen wie die Suche nach Duplikaten und das Verkleinern von Foto-Dateien.

Etwas verwirrend ist die Auswahl der kostenlosen und kostenpflichtiger Funktionen. So kann man bei Phone Clean erst mit der Bezahlversion temporäre Dateien löschen, die kostenlose Ausgabe entfernt einmalig „Junk-Dateien“ wie Protokolldateien, fehlgeschlagene iTunes-Downloads und Foto-Caches – bei unserem alten iPhone 4S wenig beeindruckende 30 MB. Aber auch die kostenlos nutzbaren Funktionen von Phone Clean sind ziemlich karg. So findet „Quick Clean“ 200 MB an Nutzer und Foto-Caches, löscht aber ohne Registrierung nur einige hundert KB davon.
Für Profis sind diese Tools eventuell als Analyse-Instrument interessant. Können Sie doch beispielsweise zeigen, dass es ein Video-Download war, der mehrere GB Platz auf dem iPhone blockiert. Für die meisten Anwender ist es aber wohl sinnvoller, wenn sie einfach unseren Trick mit der Videodatei ausprobieren.
Was Phone Clean aber zusätzlich bietet ist die Funktion „System Clean“ und die hat es in sich.
Radikalkur – System Clean mit Phone Clean
Verwendet man das Tuningtool Phone Clean, ohne die Dokumentation zu lesen, erlebt man eine Überraschung: Bei Start der Funktion „System Clean“ beginnt nämlich nach einer längeren Analyse eine komplette Wiederherstellung des iPhones. Diese Neuinstallation des Systems darf man nach dem Start übrigens keinesfalls unterbrechen. Phone Clean erstellt zuerst ein Backup des Systems (nur des iOS-Systems, was vielleicht zehn Minuten dauert) und stellt das iPhone dann aus dem Backup wieder her.

Ein derart tiefer Eingriff wirkt übertrieben, ist aber eigentlich in der Tat eine sehr wirksame Methode das System aufzuräumen. Durch die Neuinstallation werden Dateireste alter Installationen überschrieben, ebenso noch nicht gelöschte Reste von Systemnachrichten und gelöschten iMessage-Nachrichten.
Sinnvoll ist diese Funktion nach unserer Meinung aber nur, wenn man ein mehrere Jahre intensiv genutztes Gerät aufräumen will – also einen echten „Frühjahrsputz“ beabsichtigt. Nach der Neuinstallation muss man schließlich sein iPhone neu konfigurieren, etwa sein WLAN-Passwort neu einrichten und die Benutzersperre einrichten. Man sollte außerdem nicht vergessen, dass durch jedes Backup einige GB an Daten auf dem Mac oder PC landen. Für die Durchführung ist außerdem kein eigenes Tool notwendig. Man kann das Wiederherstellen ebenso so gut mit iTunes durchführen. Empfehlen würden wir diese Aktualisierung außerdem nur bei Stabilitätsproblemen oder anderen Systemproblemen, nicht um einige wenige Cachedateien zu löschen. Schließlich wird das iPhone doch schon durch die regelmäßigen Systemupdates “aufgeräumt”.
Fazit :
Um gelegentlich sein iPhone “aufzuräumen”, würden wir zu dem Trick mit der Videodatei raten. Tools wie Phone Clean halten wir dagegen nur in Ausnahmefällen für ratsam.