Update, 6. April 2017: Klagen in Australien und Neuseeland
Mehr als ein Jahr nach dem Ärger mit dem Fehler 53, der von nicht autorisierten Betrieben reparierte iPhones nach einem Systemupdate erst einmal unbrauchbar machte, hat die australische Verbraucherschutzbehörde ACCC (Australian Competition and Consumer Commission) ihre Klageschrift gegen Apple fertig und vor Gericht eingereicht. Darin wirft die Behörde Apple vor, falsche, irreführende oder täuschende Angaben bezüglich des australischen Verbraucherrechtes in Fällen zwischen September 2014 und Februar 2016 gemacht zu haben. Apple habe sich in der Zeit geweigert, von Dritten reparierte und durch den Fehler 53 ausgeknockte iPhones wieder in einen betriebsfähigen Zustand zu bringen. Apple hatte seinerzeit Sicherheitsgründe vorgeschoben, nur autorisierte Händler und Reparaturbetriebe inklusive der Apple Stores hatten die Möglichkeit, Komponenten inklusive der Touch ID auszutauschen. Die Garantierechte der Verbraucher würden aber unabhängig von den vom Hersteller gegebenen Garantien existieren und ließen sich durch eine Reparatur durch Dritte nicht aufheben, argumentiert die ACCC. Neben einer Strafe für Apple fordert die Klage auch Wiedergutmachungen finanzieller und regulativer Natur, berichtet die Nachrichtenagentur Reuters . Auch in Neuseeland gibt es eine vergleichbare Untersuchung gegen Apple im Fall des Fehlers 53.
Update, 19.2.16: iOS 9.2.1 behebt Fehler, Apple entschuldigt sich
Apple hat eine neue Fassung von iOS 9.2.1 veröffentlicht, die diejenigen iPhones wieder zum Laufen bringen soll, die durch den Fehler 53 nach einer unsachgemäßen Reparatur und einem Update unbrauchbar geworden waren. Das Update, das auch künftigen Fehlern dieser Art vorbeugen soll, lässt sich jedoch nur mittels Mac oder PC auf dem iPhone installieren, aber nicht “over the air”. In ungewöhnlicher Weise hat sich : Apple für die Unannehmlichkeiten entschuldigt : Der Fehler 53 basiere auf einem Fabriktest und sei nicht dazu gedacht, Kunden Schwierigkeiten zu bereiten. Wer sein Gerät deshalb außerhalb der Garantie haben reparieren müssen, solle sich an Apple Care wegen einer Entschädigung wenden. Das Update lässt zwar das iPhone wieder korrekt starten, stellt aber nicht mehr die Touch-ID-Fähigkeiten eines unsachgemäß reparierten oder anderweitig beschädigten Home-Buttons wieder her. Auch der ominöse Datumsbug wird damit nicht behoben . Das ist eine ganz andere Baustelle, auf der Apple aktiv ist, ein Update für dieses Problem ist versprochen. (pm)
Update, 14.2.16: Verbraucherschutz sieht keine Chancen für Klagen
Eine Weile hat es gedauert, bis der Münchner Verbraucherschutz auf unsere Anfrage reagieren konnte. Dafür sind die Antworten und Einschätzungen nun umso interessanter. Prinzipiell sieht der Verbraucherschutz in den im Zusammenhang mit dem “Fehler 53” geschilderten Fällen für den Verbraucher keine Möglichkeit, Gewährleistungsansprüche oder Ansprüche aus der Garantie geltend zu machen – hierbei bezieht sich der Verbraucherschutz selbstverständlich immer auf deutsches Recht, in Ländern wie den USA oder Großbritannien mag dies anders aussehen.
Doch der Reihe nach. Zunächst weist der Verbraucherschutz in Person der juristischen Sachbearbeiterin Frau Juliane von Behren einmal mehr auf den Unterschied zwischen Garantie und Gewährleistung hin. Demnach handelt es sich bei der Garantie um eine freiwillige Leistung des Herstellers, der bestimmte Fälle aus dieser Garantie ausschließen kann. Ob dies auch für den Fehler 53 gilt, wäre juristisch zu klären. Dagegen ist die Gewährleistung keine freiwillige Leistung des Herstellers, sondern gesetzlich vorgeschrieben. Diese gilt in der Regel für zwei Jahre. Dazu Frau von Behren: “Die Gewährleistungsrechte setzen immer “das Vorliegen eines Sachmangels bei der Übergabe der Sache voraus. Ein Sachmangel ist gegeben, wenn die Kaufsache bei der Übergabe des Kaufgegenstandes nicht die vereinbarte Beschaffenheit hat. Dass der Mangel bereits bei Übergabe der Kaufsache vorlag, muss grundsätzlich der Käufer beweisen. Innerhalb der ersten sechs Monate nach Übergabe der Kaufsache gibt es jedoch bei einem Kaufvertrag zwischen einem Unternehmen und einem Verbraucher eine besondere Regelung. Zeigt sich in dieser Zeit ein Mangel, gilt die gesetzliche Vermutung, dass die Kaufsache bereits bei der Übergabe mangelbehaftet war. In diesem Fall muss der Verkäufer nachweisen, dass er ein mangelfreies Gerät übergeben hat. Es reicht nicht, dies zu behaupten.”
Und weiter: Offensichtlich handele es sich beim Fehler 53 nicht um einen Sachmangel, der bereits bei Übergabe der Kaufsache vorlag – denn damit der Fehler auftritt, muss ja zunächst eine Beschädigung des Geräts oder eine “unautorisierte” Reparatur durch einen Drittanbieter stattgefunden haben und zudem das Update auf iOS 9 durchgeführt worden sein. Ohne Vorschäden oder entsprechende Reparatur scheinen die Geräte auch nach dem Update einwandfrei zu funktionieren. Apple könne sich “in diesen Fällen also darauf berufen, dass die Geräte bei der Übergabe der Kaufsache die vereinbarte Beschaffenheit hatten und der Mangel erst durch ein schädigendes Verhalten des Käufers eingetreten ist.”
Zu dem Fall, dass der Käufer einen Mangel selbst hat beseitigen lassen, ohne dass er zuvor die Nacherfüllung (Reparatur oder Lieferung einer mangelfreien Sache) verlangt hat, verliert er nach herrschender Meinung seine Gewährleistungsansprüche. So muss man dem Verkäufer zumindest die Gelegenheit gegeben haben, den Mangel zu beseitigen, heißt es beim Verbraucherschutz weiter.
Wie schon erwähnt, Klagen hätten wohl hierzulande wenig Aussicht auf Erfolg. Noch einmal Frau von Behren: “Dieses Geschäftsgebaren mag nicht kundenfreundlich sein, dürfte rechtlich aber nicht zu beanstanden sein.”
Freilich, hier bleibt die Kritik: Dass ein Unternehmen wie Apple, für das Service sowie einfache Bedienbarkeit derart zentrale Kriterien im Verhältnis zum Nutzer sind, es sich leistet, ein ansonsten völlig funktionsfähiges iPhone in den genannten Fällen ohne jede Vorwarnung komplett lahm zulegen, ist in der Tat alles andere als kundenfreundlich und dürfte das Vertrauen gegenüber Cupertino bei so manchem Käufer von Apple-Produkten nachhaltig beeinträchtigen. Spannend bleibt weiterhin auch die Frage, ob Apple eine Art von Bedauern darüber äußert und möglicherweise ein neues Verfahren zur Verfügung stellt, das sowohl dem Bedürfnis nach Sicherheit wie auch nach Benutzerfreundlichkeit gleichzeitig nachkommt.
Update, 9.2.16: Sammelklage in Vorbereitung
Inzwischen berichtet The Guardian weiter, dass sowohl in den USA als auch in Großbritannien (Sammel-)Klagen gegen Apple vorbereitet werden. Die Rechtskanzlei PCVAin Seattle habe dafür bereits eine eigene Website erstellt und sucht aktiv nach Betroffenen, um sie in einer Sammelklage zu vertreten. Die Kanzlei unterstellt Apple, vorsätzlich eine Politik zu betreiben, die iPhone-Besitzer dazu zwingt, ihre Geräte ausschließlich beim Hersteller reparieren zu lassen, obwohl dies deutlich mehr kostet als bei Drittanbietern. Weiter vergleicht PCVA den Vorgang mit einem Auto, das man gekauft hat und die Lichtmaschine austauschen lassen musste, und zwar bei einem ortsansässigen Kfz-Mechaniker. In diesem Vergleich würde nun auch das Auto deswegen nicht mehr starten, weil nicht der Hersteller selbst die Reparatur durchführte. Freilich ließe sich dagegen einwenden, dass ein Auto mit defekter Lichtmaschine ohnehin nicht funktioniert, ein iPhone 6 ohne Fingerabdrucksensor prinzipiell schon. Aber die Absicht dieser Argumentation ist deutlich: Apple mache vorsätzlich das komplette iPhone 6 unbrauchbar, wenn man dies zu einem Drittanbieter gebracht hat.
Reparatur im Fachbetrieb
Wie die Handelskette Gravis in einer Pressemitteilung darauf hinweist, ist die Reparatur bei einem autorisierten Apple Service Provider, wie es die Filialen des Unternehmens sind, ohne Weiteres möglich. Dort werde sicher gestellt, dass beim Tausch der Display-Einheit auch der originale Touch-ID-Sensor wieder eingesetzt werde. Den Hardwaretest nach dem nächsten Systemupdate bestehe das fachmännische reparierte Gerät (iPhone 5s, iPhone 6(s) und iPhone 6(s) Plus) dann auch. Die Reparatur beim Apple Sercei Provider, wo man “sich strikt an die Vorgaben aus Cupertino” hält (Gravis) und alle notwendigen Ersatzteile parat habe, ist also mit einer Reparatur bei Apple direkt gleichwertig anzusehen.
Auch in England wird scharfes Geschütz aufgefahren. Der in London agierende Rechtsanwalt Richard Colbey (genauer gesagt ein Barrister-at-Law , der unter anderem vor dem Gerichtshof plädieren kann) hält es für wahrscheinlich, dass Apple das im Vereinigten Königreich geltende Verbraucherrecht verletzt und möglicherweise sogar einen Verstoß gegen das Gesetz gegen vorsätzliche und strafrechtlich relevante Zerstörung von 1971 (“Criminal Damage Act 1971”) begangen habe.
In Deutschland ist uns bislang von Klagen, die in dieser Form hier auch hier nicht möglich wären, nichts bekannt. Auch die Verbraucherschutzverbände äußern sich bisher sehr zurückhaltend. Gegenüber der Augsburger Allgemeinen immerhin meinte Julia Rehberg, Juristin bei der Verbraucherzentrale in Hamburg, grundsätzlich finde sie den Sicherheitsgedanken hinter dem “Error 53” gut, Apple müsse aber die Möglichkeit einräumen, dass die Sperre aufgehoben und das Handy wieder freigeschaltet werde, wenn man beispielsweise mit dem Kaufbeleg nachweisen könne, der rechtmäßige Besitzer des iPhones zu sein.
Originalmeldung vom 5.2.16: Was stolze Besitzer eines iPhone 6 und 6S mitunter erleben müssen, klingt wie das Stück aus einem Tollhaus. Hat man schon den Ärger, dass das teure iPhone 6 nach einem Sturz oder Ähnlichem defekt ist, etwa das Display gesprungen ist, aber vielleicht sogar noch nutzbar ist, bedeutet das nicht unbedingt das Ende der Probleme. Denn nach einem Software-Update auf iOS 9, wie es viele iPhone-Benutzer routinemäßig schon ausgeführt haben, kann es passieren, dass sich das iPhone mit der Meldung “Fehler 53” oder entsprechend “Error 53” verabschiedet und nicht mehr nutzbar ist. Ein Zugriff auf Bilder, Kontakte oder andere Inhalte ist schlicht nicht mehr möglich. Selbst dann, wenn man es von einem Reparaturshop, der nicht von Apple selbst autorisiert ist, wieder in Ordnung gebracht hat und das tatsächlich einwandfrei funktioniert, besteht diese Gefahr. Über dieses Phänomen berichten viele betroffene Anwender, zum Teil auch in den Apple Support Communities selbst.
Ausführlich berichtet darüber die britische Zeitung The Guardian . Offensichtlich hängt dieser totale Crash des iPhones mit dem eingebauten Fingerabdrucksensor unter dem Home Button zusammen. Hier prüft das iPhone nach dem Update auf iOS 9 anscheinend, ob es sich noch um den originalen Home Button von Apple handelt oder ob ein fremder eines (günstigeren) Drittanbieters eingebaut wurde respektive ob der originale beschädigt ist. Konkret scheint der Touch-ID-Sensor im Home Button Probleme zu machen, dieser Fall tritt aber nicht mit dem iPhone 5S auf. The Guardian schildert den Fall eines Fotojournliasten, der im Auftrag der Zeitung auf dem Balkan unterwegs war. Sein iPhone fiel zu Boden, in seiner Verzweiflung ließ der Fotograf in Mazedonien das Display und den Home Button in einem nicht von Apple autorisierten Laden reparieren. Danach funktionierte es einwandfrei. Er hatte die Sache schon fast vergessen, als er routinemäßig die Aufforderung zum Installieren der neuesten Betriebssystemsoftware von Apple erhielt. Nachdem er der Aufforderung gefolgt war, zeigte sein iPhone innerhalb von Sekunden die “error 53”-Fehlermeldung. In einem Apple Store in London musste er 270 britische Pfund für den Austausch entrichten. Die Mitarbeiter dort meinten, sie könnten sonst nichts tun. Durch die Reparatur bei einem nicht von Apple autorisierten Betrieb (oder einer Reparatur in Eigenregie) erlöschen zudem Garantie und Gewährleistung.
Update macht das iPhone zum Ziegelstein
Doch selbst, wenn das iPhone gar nicht repariert wurde, besteht diese Gefahr des totalen Ausfalls, berichten betroffene Anwender. So lässt sich im Forum der Apple Support Community lesen, dass einem Nutzer sein iPhone 6 in Dubai hingefallen wäre und einen kleineren Schaden verursachte. Er benutzte es aber einfach weiter, bis er Monate später iOS 9 installierte – auch bei ihm erschien innerhalb von Sekunden der Fehler 53. Alle Daten waren unzugänglich. Diese bekommt man zwar über ein Backup auf iTunes oder in iCloud wieder auf ein Austauschgerät zurück, aber dies ist alles andere als erfreulich, zumal man die Kosten selbst zu tragen hat. In diesem Fall sei eine beschädigte Verbindung von Touch ID mit der Hauptplatine der Auslöser des Problems, meinen Diskutanten im Support-Forum.
Die Reparatursite iFixit weiß von bald 200.000 Klicks auf die eigene “error 53”-Site zu berichten. Kyle Wiensvon iFixit teilte Guardian Money mit, dass das Problem auftritt, wenn bei der Reparatur der Home Button oder das entsprechende Kabel ausgewechselt wird und eben nicht dem Original von Apple entspricht. Dann schließt das iPhone seine Nutzer einfach aus, ohne jede Vorwarnung. Und es gebe keinen Weg, es wieder zum Laufen zu bringen.
Apple hat auf den Bericht des Guardian mittlerweile reagiert und eine Support-Seite eingerichtet, auf der das Unternehmen den Fehler 53 erklärt . Aktualisiert man iOS, überprüft das System routinemäßig, ob der Touch-ID-Sensor des Gerätes der originale ist, respektive korrekt mit dem Gerät verknüpft ist. Dies soll der Sicherheit dienen, wie Apple erläutert: “Wir nehmen die Sicherheit unserer Kunden sehr ernst und der Fehler 53 ist das Ergebnis von Sicherheitsprüfungen, die entwickelt wurden, um unsere Kunden zu schützen.” Trete der derartiger Fehler nach einer Reparatur bei Apple oder einem autorisierten Betrieb auf, könne man sich an ein Apple Service Center oder den nächsten Apple Store wenden. Habe man aber den Bildschirm bei einem nicht autorisierten Händler austauschen lassen, müsse man das Gerät “außerhalb der Garantie” – also kostenpflichtig – reparieren lassen. Die Garantie geht also verloren, wenn man fremd reparieren lässt oder lassen muss.
Die Intention scheint klar: Apple will unter dem Vorwand von Sicherheitsbedenken seine Kunden nötigen, Reparaturen nur noch im Apple Store oder in von Apple autorisierten Läden durchzuführen. Und dies auf eine Art und Weise, die selbst erfoglreich reparierten Geräten beim nächsten Systemupdate den Garaus macht. Wir haben zu den damit auftretenden Fragen von Garantie und Gewährleistung die Verbraucherzentrale in Bayern kontaktiert, eine Antwort steht noch aus.