Es ist gar nicht so schwer, endlich für schnelles WLAN im ganzen Haus zu sorgen. Wenn jedoch alle Optimierungsmaßnahmen des Wi-Fi-Netzwerks scheitern und eine Verlegung von Kabeln für den Einsatz zusätzlicher Accesspoints nicht möglich ist, kommt schnell Ärger auf. Zum Glück gibt es noch eine dritte Methode, um das WLAN zu erweitern: Mit Powerline-Systemen können Sie vorhandene Stromleitungen als Netzwerkkabel nutzen und so zum Beispiel einen Accesspoint außerhalb des Einflussbereichs eines Routers eröffnen – ganz ohne dabei Kabel verlegen zu müssen. Das kann ausgesprochen einfach und komfortabel sein – wenn man weiß, mit welcher Technik man sich da einlässt.

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Internet per Steckdose?
Powerline also, eine Technik, die von vielen Herstellern wie AVM, Devolo oder TP-Link unter verschiedenen Namen wie „Powerline“, „Power-LAN“ oder „dLAN“ angeboten wird. Das Prinzip ist dabei bei allen Herstellern gleich: Mit Hilfe von mindestens zwei Powerline-Adaptern wird das hausinterne Stromnetz in ein Netzwerkkabel verwandelt, die lästige Installation von Ethernetkabeln entfällt dabei. Das Netzwerksignal wird dabei vom ersten Adapter in der Stromleitung mit einer Frequenz von 2 bis 68 Megahertz (neuere Geräte: 55 bis 305 MHz) moduliert und vom Gegenstück am anderen Ende der Leitung wieder ausgelesen.

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Die Installation ist in aller Regel ein Kinderspiel: Einer der beiden Adapter muss in Routernähe ans Stromnetz angeschlossen und mit dem Router verkabelt werden. Das Gegenstück ist dann der Endpunkt der Verbindung: Der zweite Stecker der Powerline-Verbindung kann ein einfaches Endgerät mit Ethernet-Anschluss sein, an das Sie dann einen zusätzlichen Accesspoint (oder einen PC, Mac oder sonstige Netzwerk-Hardware) anschließen können. Oder Sie greifen direkt zum teureren Paket und stecken am Endpunkt der Stromverbindung einen Powerline-Adapter mit eingebautem WLAN-Accesspoint ein. Das Ethernet-Signal wird zwischen beiden Adaptern über das Stromnetz übertragen. So weit, so einfach.

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Stromzähler keine zuverlässige Firewall
Dabei ist es zunächst völlig egal, welche Steckdosen in Ihrem Haus oder Ihrer Wohnung Sie verwenden: Das Signal fließt überall dort hin, wo auch Strom für Ihren Haushalt gezählt wird. Ursprünglich hieß es, der Stromzähler diene dabei als „Firewall“, der das LAN-Signal im Stromnetz zuverlässig unterbreche. Leider ist dem nicht so: Hersteller AVM weist in seiner Wissensdatenbank darauf hin, dass das Powerline-Signal „in der Regel auch über einen dazwischenliegenden Stromzähler, Sicherungskasten oder FI-Schutzschalter hinaus“ funktioniere. Der im Internet oft beschriebene Firewall-Effekt bleibt also aus: Gerade in Mehrfamilienhäusern können Nachbarn theoretisch auf Ihr Netzwerk zugreifen, sofern sie nur einen Powerline-Adapter in die Wand stecken.

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Und es gibt noch ein weiteres Sicherheitsproblem: Natürlich werden auch außen eigende Steckdosen – etwa im Vorgarten – mit dem Signal versorgt. Zwar ist es höchst unwahrscheinlich, dass sich ein Computerkrimineller mit einem Powerline-Adapter und einem Notebook ins Gebüsch legt, um Ihr Netzwerk zu auszuspähen. Die Gefahr durch die Offenlegung des Netzwerksignals durch Nachbarn ist allerdings nicht unerheblich, weshalb moderne Powerline-Geräte immer auch eine Verschlüsselung des Signals anbieten. Dazu muss, ähnlich wie bei WPS zwischen Router und Endgerät, an beiden Powerline-Adapter der Verschlüsselungs-Knopf gedrückt werden. Anschließend ist das Signal zwar immer noch über die Grenzen der Wohnung sichtbar – ein Nachbar oder potentieller Angreifer kann damit aber nichts anfangen, da es nach dem allgemein als sicher geltenden AES-Verschlüsselungsstandard gesichert ist.

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Die Stromleitung ist die größte Bremse
Neben der Sicherheitsproblematik gibt es allerdings ein deutlich größeres Problem mit Powerline-Adaptern: Zwar gibt es inzwischen Geräte nach Homeplug-AV2-Standard, die theoretisch mit einer Verbindungsgeschwindigkeit von bis zu 1200 MBit/s arbeiten und damit schneller als konventionelle Gigabit-LAN-Verbindungen wären. In der Praxis wird diese Geschwindigkeit aber in aller Regel nicht erzielt, was hauptsächlich mit der Qualität der Stromleitungen zusammen hängt. Gerade ältere Häuser besitzen nicht selten weniger robuste Stromleitungen, zudem spielt die Leitungslänge zwischen den Adaptern eine nicht unerhebliche Rolle bei der Datenübertragung via Stromleitung. So kann die Verbindungsqualität zwischen zwei Powerline-Adaptern stark schwanken, je nachdem, wo sie installiert sind: Je nach Immobilie und der Wahl der Steckdosen gibt es hohe Übertragungsraten – oder eben nicht.
Letzteres ist immer dann ausgesprochen ärgerlich, wenn Sie auf schnelle Netzwerkgeschwindigkeit angewiesen sind. Auch Mehrfachsteckdosen oder andere Geräte im Stromnetz können die Qualität der Übertragung mindern – zum Teil so sehr, dass eine Übertragung zwischen zwei bestimmten Steckdosen nicht mehr oder nur noch unzureichend gewährleistet ist. Für eine optimale Verbindungsqualität sollte also darauf geachtet werden, dass jeder Powerline-Adapter eine eigene Wandsteckdose erhält. Die mitgelieferte Software bietet übrigens in aller Regel eine Option zur Messung der Geschwindigkeit – in vielen Fällen kann schon ein Umstecken der Powerline-Adapter in eine andere Steckdose massive Geschwindigkeitsvorteile bringen. Allerdings hilft in solchen Fällen nur ausprobieren. Nichtsdestotrotz ist es immer empfehlenswert, zum Powerline-Adapter mit höchster Übertragungsrate, also derzeit dem leistungsstarken Homeplug-AV2-Standard, zu greifen: Dieser hat im Zweifel ausreichend Reserven, während langsamere Geräte bei schlechten Verbindungen schlimmstenfalls keine brauchbare Übertragungsraten mehr zustande bekommen. Übrigens sind die Ping-Zeiten der Powerline-Adapter heutzutage nur unwesentlich geringer als bei direkter Kabelübertragung – Online-Gamer können also die Hardware also ohne Weiteres einsetzen.

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Mehrere Adapter möglich
Natürlich ist auch der Betrieb mehrerer Powerline-Adapter im Haushalt kein Problem. Sie können statt eines Senders und eines Empfängers natürlich auch mehrere Geräte einsetzen, zum Beispiel, um den Router mit Wohnzimmer, Arbeitszimmer und Kinderzimmer zu verkabeln. Sinnvoll ist dabei im Zweifel auch immer der Einsatz eines Powerline-Adapters mit WLAN-Funktion: So können Sie nicht nur relativ bequem WLAN in jede Etage eines Hauses oder jedes Zimmer einer Wohnung bringen, sondern durch den Einsatz gleicher WLAN-Zugangsdaten an allen Geräten auch gewährleisten, dass Sie mit jedem Gerät jederzeit die beste WLAN-Verbindung zur Hand haben. Der Powerline-Standard hat zudem einen großen Vorteil gegenüber klassischen LAN-Verbindungen: Sie können an jeder Steckdose einen weiteren Adapter anschließen, um hier einen Ethernet-Port zu schaffen. Grundsätzlich sind dabei alle Adapter aller Hersteller miteinander kompatibel: Sie können ein AVM-Powerline-Netz ohne Weiteres mit einem Gerät von TP-Link, Netgear oder Devolo erweitern.
Allerdings sollten diese dem gleichen Standard entsprechen, aktuell also Homeplug AV2 . Je nachdem, wie die Hersteller gemischt werden, kann es natürlich auch sein, dass die Geräteinstallation komplexer wird: Wenn Sie Geräte einer Generation eines Herstellers einsetzen, ist die Verschlüsselung zwischen den einzelnen Adaptern zumeist ein Kinderspiel und durch Knopfdruck oder sogar vollautomatisch zu erledigen. Wenn mehrere Geräte verschiedener Hersteller eingesetzt werden, funktioniert das nicht: Hier muss die Verschlüsselung in allen Geräten per Software eingestellt werden, was im Zweifel bedeutet, dass sie jeden einzelnen Powerline-Adapter per Web-Interface oder Software konfigurieren müssen. Mac-User müssen sich übrigens in aller Regel keine Sorge machen: Ähnlich wie bei Routern ist die Konfiguration unabhängig vom verwendeten Betriebssystem. Konfigurationsprogramme sind in aller Regel aber auch für den Mac verfügbar.

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Datenrate wird zwischen den Adaptern verteilt
Immerhin: Alle Powerline-Adapter sind im Netzwerk gleichberechtigt, was bedeutet, dass beim Einsatz mehrerer Adapter die verfügbare maximale Datendurchsatzrate zwischen den Adaptern aufgeteilt wird. Sind mehrere Powerline-Adapter sehr aktiv, kann das zu einer deutlichen Reduzierung der Übertragungsgeschwindigkeit an einzelnen Endgeräten führen. Von daher ist es ratsam, Powerline-Adapter nicht zum Aufbau einer Netzwerk-Topologie, sondern nur zur Überbrückung per WLAN und LAN-Kabel schwer überwindbarer Hindernisse – etwa einer Stahlbeton-Zwischendecke – einzusetzen. Das bedeutet in der Praxis, dass Sie mit einem einzelnen Powerline-Set und gegebenenfalls einem zusätzlichen Adapter auskommen sollten: Ist der Router zum Beispiel im Keller installiert, können Sie hier den ersten Powerline-Adapter einstecken und mit dem Router verbinden. Stecken Sie anschließend zentral auf jeder Etage – Erdgeschoss, Obergeschoss – je einen weiteren Adapter ein. Idealerweise sind das Adapter, die auch gleich schnelles WLAN an Bord haben. Nun haben Sie drei Accesspoints: Der Router beschallt den Keller mit WLAN, je ein Powerline-Adapter mit WLAN jedes weitere Geschoss. In aller Regel haben die WLAN-Adapter genau wie Powerline-Adapter eine schnelle Ethernet-Buchse an Bord: Von dieser aus können Sie mit Netzwerk-Hubs und Ethernet-Kabeln auch Geräte ohne WLAN ins Netz bringen. Grundsätzlich gilt bei Powerline: Weniger ist mehr – planen Sie Ihr Netzwerk also so, dass Sie möglichst wenige der relativ hochpreisigen Adapter einsetzen müssen.

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Was ist mit dem Stromverbrauch?
Ein weiteres Argument für den möglichst reduzierten Einsatz von Powerline-Adaptern ist der Stromverbrauch. Zwar sind moderne Geräte mit leistungsstarken Stromsparmodi ausgestattet, trotzdem werden bei Netzwerkverkehr natürlich zunächst alle Adapter angesprochen. Mit einem Stromverbrauch von etwa drei bis sechs Watt im Betrieb und einem Watt im Standby sind Powerline-Adapter sehr stromsparend. Nur wenige Geräte, sehr aufwändige überschreiten diese Verbrauchsdaten. Kleinvieh macht allerdings auch Mist: Da die Adapter in aller Regel permanent am Strom hängen und damit auch permanent verbrauchen, sorgen sie für einen konstanten Mehrverbrauch auf der Stromrechnung. Gerade Powerline-Adapter mit WLAN-Funktion sind beim Einsatz mehrerer Rechner, Tablets und Smartphones im Haushalt, die ständig Mails abrufen, Apps aktualisieren und andere Hintergrundprozesse ausführen, eigentlich nie wirklich inaktiv. Rechnet man mit einem Durchschnittsverbrauch von 3 W pro Adapter, halten sich die Mehrkosten pro Jahr in Grenzen. Powerline kann dadurch gegenüber der Verlegung von LAN-Kabeln samt Anschaffung und Betrieb von zusätzlichen Accesspoints eine durchaus preiswerte Alternative darstellen.

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Worauf sollte ich beim Powerline-Kauf achten?
Beim Kauf von Powerline-Adaptern gibt es nicht viel zu beachten, da alle aktuellen Geräte miteinander kompatibel sind. Aus Gründen des Komforts ist es allerdings ratsam, nur Powerline-Adapter der gleichen Generation des gleichen Herstellers einzusetzen, da dadurch Konfigurations- und Geschwindigkeitsprobleme aus der Welt geschafft werden. Zudem ist es sinnvoll, zunächst ein Set aus zwei Adaptern zu kaufen, bei dem eines einen integrierten WLAN-Accesspoint hat, zum Beispiel AVMs Fritz!Powerline 1240E WLAN-Set oder Devolos dLAN 1200+ WiFi ac Starter Kit . Alle Powerline-Adapter sollten natürlich Homeplug AV2 unterstützten und über Gigabit-Ethernet-Ports verfügen. Beim WLAN sollten Sie darauf achten, den höchstmöglichen Standard – aktuell WLAN nach 802.11ac-Spezifikation – anzuschaffen. Auf diese Weise erhalten Sie nicht nur eine rasante Verbindung mit aktuellen Endgeräten, sondern können Ihr WLAN auch gleich um einen hochmodernen Accesspoint erweitern. AC-WLAN hat zudem den Vorteil, dass es anders als WLAN nach 802.11n immer Dualband unterstützt. Der Stromverbrauch der Adapter ist hingegen zu vernachlässigen, wichtiger ist, dass eine durchgeschleifte Steckdose im Adapter vorhanden ist, damit dieser nicht eine der raren Wandsteckdosen blockiert. Bevor Sie allerdings zu Powerline greifen, sollten Sie zunächst prüfen, ob Sie Ihr vorhandenes WLAN nicht optimieren können – denn das ist immer noch die preisgünstigste Lösung, um für WLAN im ganzen Haus zu sorgen.