Der wesentliche Vorteil der Nest Cam Outdoor ist in manchen Situationen auch ihr größter Nachteil. Zwar kann nicht einfach der Akku der Außenkamera leer laufen, wenn er gerade gebraucht würde und können nicht Aufnahmen mitsamt Kamera und/oder Speicherkarte “verschwinden”, da die Kamera stets mit dem Internet verbunden ist und ihre bewegten Bilder in einem Konto auf einen Server von Nest ablegt, zu den man einen Passwort geschützten Zugang sich schon bei der Inbetriebnahme einrichten muss. Der Nachteil: An der Haustüre unseres Test-Heims ist kein Strom gelegt, wir müssten entweder den Elektriker für eine Baumaßnahme engagieren oder uns mit einem langen Verlängerungskabel aus dem Heizungskeller behelfen. Das funktioniert zwar, ist aber nicht schön. Der zweite Nachteil wiegt schwerer: Dank energetischer Sanierung blockieren eine Dreifachverglasung und eine Styropordämmung bei uns den Signalweg von der WLAN-Kamera zum Router.
Unser Haus steht jedoch nicht pars pro toto, weshalb man sich von diesem Einstieg nicht gleich abschrecken lassen sollte. Wir können immer noch an Stromzuführung und Netz optimieren, stellen aber schon bei einer Probeinstallation auf der Terrasse (dort haben wir Strom…) fest, dass die Kamera das WLAN-Signal des Routers erst einmal nicht findet, selbst bei offener Tür. Immerhin klappt es zu einem späteren Zeitpunkt, nur haben wir im Betrieb dann immer wieder Netzausfälle oder ein schwaches Bild. Ihren Zweck kann die Nest Cam Outdoor bei uns so nicht erfüllen.
Wir lassen uns aber nicht abschrecken und probieren die Nest Cam Outdoor eben drinnen aus, wenngleich sie uns für diesen Zweck etwas weniger geeignet scheint – die Google-Schwester und Alphabet-Tochter, einst vom “Vater des iPod” Tony Fadell gegründet, hat aber auch eine dedizierte Indoor-Kamera im Angebot, um die wir uns in einem separaten Test kümmern .

Einfache Installation und Inbetriebnahme
Abgesehen von den Problemen mit dem Strom und dem Netz ist die Nest Cam Outdoor sehr einfach zu installieren und einzurichten. Die Kamera, vorne eher flach, hinten wie ein Ei gekrümmt, verbindet sich mit einem starken Magneten, der wiederum mit seiner Magnetkraft entweder direkt auf einer magnetischen Metalloberfläche haftet, oder an einer Eisenhalterung, die man mit den mitgelieferten Schrauben und Dübeln relativ problemlos überall anbringt – allzu tief muss die Kamera, da mit knapp über 100 Gramm nicht besonders schwer, nicht in der Wand verankert werden. Schön: Das direkt an die Kamera angebrachte USB-Kabel (drei Meter) führt zu einem Netzteil, für das es ebenso eine Halterung gibt und das uns weitere fünf Meter Kabel zur Verfügung stellt. Man kann also die Nest Cam Outdoor und ihr Kabel recht unauffällig in irgend eine Ecke montieren. Der Hersteller empfiehlt einen erhöhten Standort, am Besten unter einem Vordach, dass vor allzu viel Nässe und vor allem starker Sonneneinstrahlung schützt. Den Temperaturbereich für den Betrieb gibt Nest von -20 °C bis 40 °C an.
Bevor man aber zur Bohrmaschine greift, sollte man die Kamera an der gewünschten Stelle testen – der oben erwähnten Netzabdeckung wegen. Also erst einrichten, dann filmen. Wir “kleben” die Halterung der Nest und damit die Kamera für die Inbetriebnahme an den Kühlschrank, später kommt sie an die Dunstabzugshaube. Mit Hilfe der Nest-App ist die Kamera schnell per aufgedrucktem QR-Code oder der Seriennummer zu identifizieren, für das Nest-Konto benötigt man eine E-Mail-Adresse und ein halbwegs sicheres Passwort – es landen schließlich Bilder aus dem Privatbereich auf dem Server des Anbieters.
Reagiert auf Bewegungen und Geräusche
Die Kamera filmt durchgehend, wobei die meiste Zeit der Nacht sie von ihrem Standort über dem Herd keine Bewegungen registriert, was auf der Aufnahme wie ein Standbild wirkt. Wäre da nicht das konstante Rauschen der Spülmaschine… Der im Browser und über die App aufrufbare Video-Verlauf ist die meiste Zeit sehr meditativ, in der Zeitleiste sind jedoch die Marken zu sehen, an denen die Nest Cam eine Bewegung registriert hat.
Die Qualität der Nachtsicht ist erstaunlich gut, wir sehen unsere im Dunkeln liegende Küche, als ob sie hell erleuchtet wäre – gut, nur in schwarz-weiß, aber immerhin. So in etwa muss die Welt durch Katzenaugen aussehen. Auch in der zweiten Nacht, die die Nest auf dem Balkon verbringt, überzeugen Bild und Reaktion, denn auch Geräusche wecken die Kamera auf und veranlassen sie, eine Meldung auszugeben.

Wir haben die App so konfiguriert, dass sie uns über jede Begebenheit informiert. Dabei löst die Nest so sensibel aus, wie man es von einer Outdoor-Kamera erwarten muss, für eine Indoor-Kamera ist sie natürlich ein bisschen zu empfindlich. Gerade vor dem Abendessen am ersten Tag des Tests können wir uns vor Meldungen über Vorgänge vor der Kamera in Form von E-Mails und Push-Nachrichten nicht mehr retten.
Alarme auf das Handgelenk, Unterhaltung mit dem Postboten
Besonders klug ist der Alarm für die Apple Watch, denn hier sieht man sofort einen Bildausschnitt und kann beurteilen, ob es nur die Katze war, die im Blickfeld der Kamera herumstrawanzte oder ob tatsächlich jemand vor der Tür steht. Wer das aber befürchtet, sollte weder iPhone noch Apple Watch des Nachts in den “Bitte nicht stören”-Modus schicken.

Die Nest Cam Outdoor ist aber nicht nur mit Augen ausgestattet, sondern auch mit Ohren und einem Mund. Den nächtlichen Überraschungsgast (im Test: Die den Kühlschrank aufsuchende Tochter) können wir mit einem Tipp auf das Mikrophonsymbol in der App ansprechen – und wahlweise abschrecken oder nach dem Begehr fragen (im Test haben wir den Nachwuchs vor allem erst mal zum Staunen gebracht). Im Gespräch bemerken wir leichte Verzögerungen, die Kamera gibt unsere Nachricht auch erst dann aus, wenn die von ihr entdeckte Person auch recht nah heran geht und so in Hörweite gerät. Länger plaudern würde man so nicht wollen, dem Paketboten könnte man aber vormittags auf diese Weise sagen, wo er das Packerl hinlegen könnte, ohne dass es wegkommt. Ab Werk ist das Lauschen und Sprechen aber nicht frei geschaltet, das muss man mit einem Schieberegler in der App erst noch erledigen. Im Mac-Browser verlangt uns die Software von Nest auch ab, Flash zu starten, damit wir vom Kellerbüro aus über die Kamera mit der Küche sprechen können.

Aber gerade hier ist gewisse Vorsicht angebracht. Denn den öffentlichen Raum darf man nicht filmen und Personen an sich nur mit deren Einverständnis. Sofern wir aber nur unseren eigenen Vorgarten oder die Haustreppe im Bild haben, ist der Einsatz von Outdoorkameras unbedenklich. Die Gefilmten erkennen zudem an einer anspringenden grünen Diode, dass sie nun im Bewegtbild sind. Aber mit Hilfe der Nest ausspähen, wann welcher Nachbar sein Haus verlässt oder zur Rückkehr an unserem Haus vorbei geht, ist nicht erlaubt.
Personen erkannt, aber nicht identifiziert
Dafür ist die Nest Outdoor Cam aber auch nicht angelegt. Im Gegenteil soll sie die Sicherheit des Wohnhauses, des Bürogebäudes oder des Lagerschuppens dienen, mit der bidirektionalen Kommunikation hilft sie aber auch in vielen Situationen, wenn gerade keiner daheim ist oder man unauffällig schauen möchte, wer denn so spät nachts noch klingelt.
Das weiß die Nest Cam Outdoor nicht von alleine, im Gegensatz zu der (Indoor-)Lösung Netatmo Welcome , die mit einer Gesichtserkennung kommt. Auch springt uns die Nest Cam auch einmal an, als nur die Katze durch das Bild marschiert – eine Häufung derartiger “false positives” könnte die Nutzer dazu bringen, die Benachrichtigungen wieder abzustellen – nicht im Sinne des Erfinders.

Oft bleibt ja nur der Beweis, dass die Kamera jemanden gefilmt hat, wenn sie nach einem Einbruch verschwunden ist. Wie erwähnt, überträgt die Nest Cam ihre Aufnahmen in das Nest-Konto des Nutzers. Dort werden sie aber nur gegen Gebühren für längere Zeit vorgehalten, will man die Aufnahmen der letzten zehn Tage stets sichten können, sind 100 Euro im Jahr fällig, 30 Tage koste 300 Euro per annum. Bei der Einrichtung der Nest Cam ist ein Monat lang gültiger kostenloser Account erhältlich, danach ist die Kamera aber immer noch ohne weitere Kosten nutzbar. Man kann dann aber nur noch auf ihr Live-Bild zurückgreifen und mit Personen vor der Haustür kommunizieren, wird aber nur noch über maximal drei Stunden zurückliegende Ereignisse informiert.
Auch eher weniger sicherheitsrelevante Funktionen hält das Abo von Nest Aware bereit, so lassen sich aus den Aufnahmen in sozialen Medien teilbare Clips erstellen, kann ja sein, dass die Kamera gerade einen irren Stunt der Katze eingefangen hat. Oder ein besonders schöner Sonnenuntergang verdient es, in einen Zeitraffer gepackt zu werden. Der Hersteller verspricht den Abonnenten auch, Personen genauer zu erkennen und bestimmte Bereiche genauer im Blick zu behalten, so soll die Zahl der falsch positiven Alarme signifikant reduziert werden. Dabei sollen die Algorithmen der Kamera auch genauer Bewegungen von Objekten wie im Wind raschelnde Bäume aussortieren.
Fazit
Ob nun eine Kamera im Außenbereich das Zuhause sicherer macht, mag dahingestellt sein, eine beruhigende und manchmal gar eine abschreckende Wirkung hat sie dann doch. Davon abgesehen hat die Nest Cam Outdoor aber auch noch einen praktischen Nutzen als Remote-Gegensprechanlage. Wer sich die Anschaffung der 200 Euro teuren Kamera überlegt, sollte aber vorher überprüfen, ob am dafür vorgesehenen Platz Strom, eine gute Verbindung zum Router und ein Untergrund vorhanden ist, in den man Bohrlöcher setzen kann.