Die Fossil Q ist mit der Apple Watch zwar funktional nicht zu vergleichen und ihr Ansatz ist auch ein ganz anderer, aber da die meisten Leute maximal ein Handgelenk für eine Uhr zur Verfügung halten, muss man den Computer in Uhrenform mit der Uhr, die einige digitale Funktionen mitbringt, dann doch vergleichen.
Vorweg: Die Fossil Group hat etliche Mode- und Schmuckmarken unter ihrem Dach, woraus eine große Varianz der Modelle folgt. Anders als bei der Apple Watch oder bestimmten Android-Uhren hat man also schon beim Kauf die Qual der Wahl des Designs. Denn die von uns getesteten Hybriduhren sind auf den ersten Blick nun einmal Uhren – mit analogem Hauptzifferblatt und wechselbaren Armbändern. Für das Design entscheidet man sich aber einmal und muss damit leben. Während also Apple einen Computer im Formfaktor einer Uhr anbietet, geht die Fossil Group mit seinen Marken den anderen Weg: Die etablierten Uhren von Marken wie Fossil, Skagen oder Emporio Armani bekommen etliche schlaue Funktionen und werden somit zu Hybriduhren. Das Gerät am Handgelenk ist dabei von relativ schlichter Intelligenz, diese steckt eher in der begleitenden App, die es für Android gibt aber eben auch für iOS. Für seine Digitalisierung hat Fossil Ende 2015 den Hersteller von Fitnessarmbändern Misfit übernommen, es ist dessen Expertise, die jetzt in den Geräten und der zugehörigen Software steckt.
Die smarten Uhren von Fossil decken ein mittleres Preisniveau von etwa 150 bis 250 Euro ab und sind damit deutlich günstiger als die kaum mit ihnen vergleichbare Apple Watch. Aber auch im Vergleich zu den schlichten aber schlauen Geräten von Withings kosten die Hybriduhren merklich weniger. Für den einen Teil unseres Tests haben wir uns eine Fossil Q Crewmaster (UVP: 180 Euro, günstiger bei Amazon ) und eine Accomplice (UVP: 180€, bei Amazon ab 180€) ausgesucht, die zunächst wie eine der seit den Achtzigern auch außerhalb des Sports populären Taucheruhren anmutet. Das ist durchaus so gewollt, eines der hervorstechenden Merkmale der Uhr ist die drehbare Lünette. Taucher können damit etwa eine Art Nullpunkt für ihren Tauchgang setzen und wissen bei jeden Blick auf den Minutenzeiger, wie lange sie schon unterwegs sind. Wir verwenden die Uhr aber über Wasser und ziehen daraus erst einmal keinen Nutzen, eine 24-Stunden-Skala ist in ihr auch nicht integriert, sondern fest auf dem Zifferblatt angebracht.
Drei Knöpfe für eine Vielfalt von Funktionen
Die drei Knöpfe auf der rechten Seite des Gehäuses machen die Uhr spannend. Die Krone ist zwar nicht drehbar, sondern bietet nur dem Hauptknopf einen Rahmen, das irritiert aber nur kurz. In der Werkseinstellung schalten wir über diesen Knopf durch die unterschiedlichen Modi der Uhr. Diese bietet uns etwa die Anzeige im 24-Stunden-Format an, aber auch den Ausweis des Datums. Darauf gedrückt, bewegen sich beide Zeiger auf der zusätzlichen 31er-Skala zur Zahl des aktuellen Tages, den Monat erfahren wir so nicht. Das sollte aber selten ein Problem sein. Doch welchen Zweck die Knöpfe genau erfüllen, lässt sich in der App konfigurieren. Wir können etwa mit einem der Knöpfe die Musik auf unserem iPhone starten oder anhalten, das hat sich bei unserer Testreise aber als unsinnig erwiesen: Zu oft kommt man bei Bewegungen der Hand versehentlich an den Knopf und wundert sich auf einmal, woher aus der Ferne die Musik kommt, bis man das eigene iPhone als Quelle identifiziert. Aber lassen sich mit Hilfe der Knöpfe auch die Lautstärke der Musik regeln oder anzeigen, die Zeit einer anderen Zeit anzeigen, oder welche Art von Benachrichtigung man von der Uhr zuletzt bekam.

Unterstützte Apps
Da die Fossil-Q-Serie ein Kompromiss zwischen einer Smartwatch und einer normalen Uhr ist und nur über die Zeiger den Nutzer auf neue Nachrichten hinweisen kann, ist die Zahl der unterstützten Apps recht beschränkt. Zur Zeit des Tests am 31. Mai 2017 haben wir in den Einstellungen der Fossil-Q-App 53 Nachrichten-Apps gezählt.
Dazu gehören manche Banken, einige Taxi-Dienste, ziemlich viele soziale Netzwerke und einige Mail-Clients, die nicht von Apple stammen. Nutzt man also auf dem iPhone nicht die Standard-Apps wie iMessage oder Mail, muss man sich vor dem Kauf am besten vergewissern, ob die Lieblings-Dienste überhaupt auf die Uhr ankommen können. So fehlen beispielsweise in der Liste Chat-Apps wie Treema und Telegramm, die beliebten Mail-Clients Airmail oder Spark sucht man ebenfalls vergeblich. Die App kann man sich im App Store ohne die Uhr herunterladen.
Das ist durchaus raffinierter, als es sich zunächst anhört. Natürlich bekommt man weder E-Mails noch SMS noch sonst irgendetwas von der Hybriduhr auf dem Handgelenk angezeigt, aber mal kurz nachsehen, was denn überhaupt der Grund für die Vibration in der Hosentasche oder an der Hand war, befriedigt immerhin schon einen Teil der Neugier. In der App kann man sich einstellen, welche Art von Regung auf dem iPhone die Uhr anzeigt. Kommt etwa eine Facebook-Benachrichtigung, springen bei unserer Konfiguration die Zeiger auf die 12, geht eine WhatsApp ein, auf die 3. Aber das geht noch genauer, denn man kann auch bestimmte Kontakte mit Ziffern verknüpfen. Wenn etwa die Kollegin mit der anderen Hybrid-Uhr sich per iMessage oder Mail meldet, zeigen bei uns die Zeiger auf die 8. Nachschauen, was denn genau los ist, müssen wir hier natürlich immer noch, aber wir wissen schon vorher, ob es privat oder dienstlich wichtig ist.

Wie gesagt: Eine Hybrid-Uhr ist kein Computer am Handgelenk, aber diese Idee hat ein gewisses Etwas. Grenzen sind aber auch gegeben: Laufen eher unwichtige Fußballspiele wie das DFB-Pokal-Finale oder die Relegationsspiele zu den ersten drei Ligen, können wir uns zwar von der App unserer Vertrauens Nachrichten auf den Sperrbildschirm des iPhone schicken lassen, auf der Uhr kommen sie mangels Schnittstelle nicht an. Dafür bräuchte es dann doch eine Apple Watch oder eine mit Android Wear, die Fossil auch im Angebot hat. Einen Test dazu gibt es zu einem späteren Zeitpunkt. Generell ist das Angebot von Apps, die eine Reaktion der Uhr auslösen, begrenzt. Nicht alle alternativen Messenger oder E-Mail-Clients sind nicht dabei, wir müssen die Standardapps verwenden, also Nachrichten, Apple Mail, Google Mail, Facebook, Twitter und WhatsApp. Kontakte und Apps können wir jeweils maximal sechs festlegen. Die Einrichtung der Uhr ist an sich unkompliziert und geht schnell, der App fehlt es an einigen Stellen ein wenig an Übersichtlichkeit.
Wie viel Ladung noch bleibt

Die Hybridwatches von Fossil kommen mehrere Monate mit einer Knopfbatterie aus, zum Wechseln muss man nicht zum Uhrmacher, da der Hersteller ein Werkzeug mitliefert. Wenn die Batterie schwach ist, wollen Uhr und App Rückmeldung geben. In der App Fossil Q erkennt man in den Einstellungen unter “Meine Geräte” auf einen Blick, ob noch alles im grünen Bereich ist, aber nicht den genauen Ladezustand in Prozent. Darüber gibt aber das iPhone Auskunft und zwar über die Widgets im Sperrbildschirm. Scrollen Sie diese ganz nach unten, können Sie sie bearbeiten und etwa das Batterie-Widget hinzufügen, wenn dieses noch nicht dabei ist. Im Widget selbst sehen Sie die genaue prozentuelle Anzeige der Akku-Ladung, solange die Uhr mit dem iPhone gekoppelt ist.
Schrittzähler mit Überraschungen
Weit älter als die Apple Watch und andere Smartwatches sind Fitnessarmbänder, die vor allem Schritte zählen. Auch deshalb haben wir für unseren Kurztripp nach Rom die Fossil Q Crewmaster mitgenommen. Die genauen Routen der GPS zu vermessen, wie es die Apple Watch machen würde, wäre uns etwas übertrieben vorgekommen, aber am Ende des Tages zu wissen, wie viele Schritte wir über alte Steine zurückgelegt haben, bringt dann doch ein wenig Mehrwert.
Hier erfüllt die Fossil Q Crewmaster ihre Pflicht, wenn auch mit einer teils überraschenden und teils enttäuschenden Wendung. Die obere Hälfte der kleinen Skala auf der Uhr ist den Schritten in relativen Werten gewidmet, das kennen wir so auch von der Withings Activité : Steht der kleine Zeiger genau zwischen 40 und 60 wissen wir, dass wir schon 5000 Schritte an diesem Tag genommen haben. Das absolute Ziel lässt sich natürlich in der App definieren, der einfachen Rechnung wegen nehmen wir 10.000 als Tagesziel. Sollten wir beim Sightseeing aber auch locker erreichen! Und in der Tat: Am Nachmittag schlägt der Zeiger auf “Goal” an und die Zeiger vollführen einen wilden Tanz, so, als wollte uns die Uhr beglückwünschen und mit uns jubeln. Wir gehen aber weiter, große Teile der Stadt sind noch nicht besichtigt, viele Trattorien und Bars noch nicht besucht. Was dann wundert: Der Zeiger bleibt auf “Goal” einfach stehen und springt nicht etwa auf die Null zurück, um weitere Schritte anzuzeigen. Wir sehen später in der App nach: Doch, die Uhr zählt weiter, mal bis 14.000, mal bis 16.000, nur das Display bleibt am Anschlag. Die errechneten Kilometer (anhand Körpergröße) halten wir für realistisch, genauer hätte es uns nur die Kombination von Apple Watch und iPhone mittels GPS-Messung sagen können. Diese wäre am Ende des Tages dann aber komplett ohne Energie gewesen, womöglich noch vor den letzten Schritten von der Bar in die Ferienwohnung. Interessanter Weise funktioniert der Schrittzähler auch ohne Uhr am Handgelenk, denn die Synchronisation ist bidirektional. So haben wir für geraume Zeit nicht die Uhr am Handgelenk getragen, sondern nur das iPhone in der Hosentasche – nach dem ersten Abgleich stehen aber in der App und auf dem Zifferblatt 2000 Schritte mehr.
Gute Nacht – oder auch nicht
In der Nacht tragen wir keine Uhr, selbst die Apple Watch nicht, nicht nur, weil diese stets an ihr Ladegerät muss. Auch schon tagsüber engt uns das mitgelieferte Silikonarmband der Fossil Q ein wenig ein, das muss dann nicht auch noch im Schlaf sein. Aber gut, da die Uhr auch verspricht, Aussagen über den Schlaf zu tätigen, lassen wir sie auf der Rückreise im Liegewagen des Nachtzuges an. Etwas lockerer gebunden, was aber dazu führt, dass wir tags darauf im Bereich Schlaf keine Ergebnisse finden – die Uhr und wir waren auch ständig in Bewegung. An Schlaf war bei dem Geruckel in der ÖBB ohnehin kaum zu denken, wir wiederholen den Test im eigenen Bett nachts darauf und siehe da: Die Schlafdauer ist mit 7 Stunden und 52 Minuten recht genau angegeben – wir haben unser Ziel erreicht. Ob denn nun auch der Tiefschlaf drei Stunden und 10 Minuten gedauert hat und die restlichen vier Stunden vierzig auf leichten Schlaf entfielen, können wir so nicht beurteilen.

Generell zweifeln wir aber an der Aussagekraft all der Schlaftracker von Fitbit, Misfit (jetzt eben Fossil) und auch Apple : Einfach nur die Bewegung des Ruhenden zu protokollieren, reicht bei weitem nicht für eine qualifizierende Aussage. Selbst der Puls, den die Apple Watch im Gegensatz zur Fossil noch misst (Withings und Fitbit haben Geräte mit Pulsmessung im Angebot), bietet nur einen weiteren von vielen Anhaltspunkten. Schlafmessug mit dem Fitnesstracker: Nice to have, aber recht viel mehr als die ungefähre Zeitdauer zwischen Schlafengehen und Aufwachen kann keines der Geräte nennen. Man muss also nicht auf die Uhr schauen, um zu wissen, wie gut man geschlafen hat.
Wir schauen uns dafür noch eine andere Lösung an, die über die Fitness- oder Benachrichtigungsthematik hinausgeht: Die Zielverfolgung. Dabei sind persönliche, soziale Ziele gemeint, etwa, wie oft man einen Fremden in einer bestimmten Zeit begrüßt (Mann, was hätten wir in Rom an Punkten sammeln können…), ob man neue Rezepte ausprobiert (immer, aber halt nicht täglich) oder neue Musik hört. Dank Apple Music erreichen wir die Ziele der letzten Art flugs. Und immer, wenn das neue Album von Paul Weller ein neues Stück erreicht, drücken wir den Knopf, den wir soeben für das Protokoll dieser Art definiert haben. Okay, war einfach, aber wir können uns auch eigene, womöglich anspruchsvollere Ziele setzen, deren Meilensteine mit einem Druck auf einen Knopf protokollieren und am Ende des Tages nachsehen, wie weit wir gekommen sind. Andererseits: Der nämliche Knopf hatte uns zu Beginn des Tests schon mehrmals ungewollt die Musik eingeschaltet…
Fazit
In den Wettstreit um das Handgelenk treten immer mehr Firmen mit immer mehr Konzepten ein. Eine hochwertige mechanische Uhr aus der Schweiz lässt sich heutzutage ebenso wenig mit Smartwatches vergleichen wie seinerzeit mit den Digitaluhren aus Japan. Mag aber sein, dass Quarzuhren der mittleren bis gehobenen Preisklasse bald aber alle so ähnlich daher kommen wie die Modelle von Fossil, so wie seinerzeit die Quarzuhr im unteren und mittleren Preissegment die mechanische Uhr verdrängt hat – die bekommt man nur noch im Luxussegment. Derartige Handgelenksbegleiter wie die Hybriduhren der Fossil Group werden wohl zum Standard: Auf den ersten Blick eine Uhr, auf den zweiten auch, aber mit interessanten und manchmal auch recht hilfreichen Zusatzfunktionen ausgestattet. Vorteil: Es ist dann für jeden etwas dabei und die Befürchtung, dass die Technik der Uhr schon nach 18 Monaten veraltet ist, nicht so stark wie bei Apple Watch und Co. Für Uhrenliebhaber ohne großen Geldbeutel aber mit dem Wunsch nach ein bisschen mehr Technik also ideal.