Als wir vor dem Besuch bei MacPaw Infos zur Firma und deren Mitarbeiter recherchierten, hatten wir ein Twitter-Foto aus dem Büro-Fenster der Firma entdeckt: Die Terrasse liegt gegenüber einer gotischen Kirche, was zwar unheimlich die Suche nach dem richtigen Weg erleichtert, jedoch wie ein Fehler im zeitlich-räumlichen Kontinuum klingt: Kyiv, die Heimatstadt der Firma, ist hierzulande eher durch seine goldenen Kuppeln seiner orthodoxen Kirchen bekannt. Doch sowohl die Wegbeschreibung als auch die Existenz der Kirche haben sich als korrekt erwiesen. MacPaw hat Räumlichkeiten in der Mitte von Kyiv gemietet – nicht weit weg vom Hauptbahnhof – und die Firmenterrasse, ein beliebter Ort für Partys, eröffnet tatsächlich einen bombastischen Blick auf den Nikolausdom im Zentrum.
Doch MacPaw ist nicht nur durch die zentrale Lage und seine Apps bekannt – zuletzt hat die Firma bekannt gegeben, die Macintosh-Sammlung des insolventen Händlers Tekserve aufzukaufen und ein eigenes Macintosh-Museum zu gründen. Eben deswegen waren wir zu Besuch. Die Sammlung besteht momentan aus mehr als vierzig Rechnern, genau genommen 43, der älteste ist wohl der Apple III aus dem Jahr 1980, gleich daneben steht noch ein Apple IIe (1983) und noch dabei ein Apple Lisa (ebenfalls aus dem Jahr 1983). Die Methusalem-Ecke in der Sammlung ist verständlicher Weise recht klein, doch gleich der Nachfolger der Lisa, der Macintosh, ist mit drei Geräten vorgestellt. Dabei findet sich ein richtiges Unikat – der eine von den drei Macintosh-Rechnern ist von Steve Wozniak unterschrieben. Der Apple-Gründer wird im Herbst in Kyiv erwartet, so wollen die MacPaw-Mitarbeiter ihn ins Museum einladen und die Unterschrift auf dem Rechner sozusagen beglaubigen lassen.
Macs aus vier Jahrzehnten
Ein echtes Sammler-Stück steht in den Neunziger Jahren gewidmeten Ecke. Der Jubiläums-Mac „Twentieth Anniversary Macintosh“ war einer der Flops der Firma. Vermarktet wurde der Rechner zu einem happigen Preis von rund siebendtausend US-Dollar, dafür bekamen die Käufer eine Lieferung per Limousine und die Einstellung und Inbetriebnahme durch einen Apple-Angestellten in einem Frack. Offenbar waren die Kunden davon nicht beeindruckt, die Serie von knapp elftausend Rechnern wurde nur mit Ach und Krach verkauft. Der Jubiläums-Mac läutete jedoch eine neue Ära bei Apple ein: Jonny Ive bekam die Verantwortung für das Design, die Form des Jubiläumsrechners war ausschlaggebend für die Weiterentwicklung der All-In-one-Rechner bei Apple, auch wenn der erste iMac zunächst mit einem Röhrenbildschirm kam.
Ein Abstecher aus der Geschichte Apples findet sich ebenfalls in der Neunziger-Ecke, jedoch weiter links auf der Zeitskala (und im Regal des Museums): Der Next Cube ist streng genommen kein Macintosh, ist jedoch mit der Unternehmensgeschichte eng verbunden. Steve Jobs gründete Next, nachdem er Apple verlassen hatte. Der Next Cube war ein Ergebnis der Marketing-Strategie der Firma: ein stabiles System und leistungsstarker Computer für Profis, für einen happigen Preis natürlich. Klingt bekannt, oder? Doch der Next Cube floppte wie der aktuelle Mac Pro. Steve Jobs pokerte sich jedoch mit dem Betriebssystem zurück zu Apple, was dort später zu Mac-OS X wurde.
Von Tekserve aufgekauft und ergänzt
Der Rest der Ausstellung ist mit den ersten iBooks, Powerbooks und den ersten iMacs gefüllt, die MacPaw von Tekserve aufgekauft hat. Die Idee eines Museums ist aber nicht erst mit der Beteiligung an dem Verkauf der US-Amerikanischen Sammlung entstanden, sondern ein paar Jahre früher. Als im Jahr 2014 die Anzahl der Mitarbeiter bei MacPaw die der verfügbaren Arbeitsplätze überstieg, wurde entschieden, in neue Räume umzuziehen. Der Gründer und der aktuelle Geschäftsleiter Oleksandr Kosovan ließ die Mitarbeiter eine Wunschliste aufstellen, was sie gerne im neuen Büro haben möchten. Neben einem Fitness-Raum und einem Labor fand sich auf der Liste eine Sammlung von alten Macs. Anders als bei vielen anderen Schnapsideen wurde diese in die Agenda aufgenommen, die Museumsgründer selber haben jedoch nicht geglaubt, dass sie in der nächsten Zukunft mehr als Dutzend alter Rechner finden konnten. Die Versteigerung von Tekserve kam quasi genau richtig und lies die private Sammlung von MacPaw explodieren. Die Lieferung durch die halbe Welt dauerte mehrere Wochen und kostete der Firma weitere 5000 US-Dollar. Tekserve übergab seine Rechner mit einfachen Notizzetteln mit dem Namen des jeweiligen Macs, bei MacPaw ließ man die Rechner von Bauschutt säubern und die Infos zu den einzelnen Stücken systematisieren.












Kosovan und seine Mitarbeiter planen jedoch weiter, die Ausstellung zu vergrößern. Die nächsten Anwärter stehen noch an den Arbeitsplätzen im MacPaw-Büro, nach Aussagen des MacPaw-CEO wechseln die besterhaltenen iMacs und Macbooks Pro und Air direkt in die Sammlung, sobald sie als Arbeitsgeräte ausgedient haben. Nach Aussagen der Mitarbeiter plant die Firma, die eigene Sammlung mit dem nächsten Kauf zusätzlich zu erweitern, es gibt jedoch keine konkreten Aussagen, wer die alten Macs an MacPaw verkauft und welche Rechner genau dazu kommen werden. Auch in Sachen Offenheit und Interaktivität gibt es weitere Pläne. In den Regalen neben jedem Mac sehen wir noch heimatlose Kabel, die später zum Anschluss dienen sollten: Alle ausgestellten Rechner sollen lauffähig gemacht und mit einem passenden Betriebssystem ausgestattet werden, so dass die Besucher später den Computer zusammen mit dem OS aus dessen Zeit bestaunen können.
Museum vorerst noch privat
An der Resonanz in der ukrainischen Presse hat man bei MacPaw gesehen, dass es für solche Einrichtungen ein immenses Interesse besteht: Die meisten Artikel haben nicht erwähnt, dass die Ausstellung noch privat und nur für Besucher der Firma zugänglich ist, so konnte man sich kaum vor Anfragen per Mail, Telefon und diversen Messengern retten und musste alle Interessenten auf spätere Eröffnung vertrösten. Es gab sogar schon erste potentiellen Besucher, die kurz nach der Bekanntgabe der Ausstellung vor der Tür standen und von der Security Eintritt zum Museum verlangten. Doch MacPaw sucht bereits nach einer Möglichkeit, die Mac-Sammlung öffentlich auszustellen. Nach Aussagen von Kosovan wird es wohl erst gegen Jahresende geschehen, man wolle schließlich die bereits vorhandenen Macs auf Vordermann bringen und die meisten lauffähig machen.
Zuletzt fragen wir noch, was man mit einer solchen Ausstellung erreichen will. Kosovan antwortet: „Ich will den Leuten die Liebe zum Detail, die durchdachte Auswahl bei den einzelnen Komponenten zeigen, die Apple auszeichnet und die mich schließlich zu einem flammenden Apple-Evangelisten gemacht hat.“
Anmerkung der Redaktion: Die Reisekosten übernahm die Autorin dieses Artikels.