Fin-Tech scheint das Wort des Jahres zu sein in der europäischen Startup-Landschaft. Deutschlands Banksystem existiert seit circa 1486, zudem waren größere Finanzinstitute die ersten, die Prozesse IT-gesteuert abbilden haben lassen. Datenbanken, Schnittstellen und Techniken lassen sich also nicht einfach so austauschen. Aber Neuerungen wie das Web und der mobile App-Markt sind an Sparkassen und anderen Banken bisher vorbei gelaufen. Ein junges Unternehmen wie N26, das weder Altlasten wie IT-Systeme und Filialen pflegen muss, kann daher sofort Neuerungen und Ideen umsetzen.
Wie funktioniert N26?
N26 ist mit der Idee gestartet, alle Prozesse über eine App laufen zu lassen. Das Anmelden geschieht via Video-Anruf zu einem Dienstleister, der den Ausweis sowie Echtheit von Name und Adresse überprüft. Das Eröffnen eines Kontos geschieht tatsächlich (wie auf der Webseite versprochen) in unter 8 Minuten. Die Master Card gibt es dabei kostenlos, und wird noch am selben Tag verschickt. Für eine Maestro Card wird ein Guthaben auf dem Bankkonto vorausgesetzt.
Neben der App existiert auch eine Oberfläche im Web. Diese ist genauso funktional wie die iOS Anwendung, mit lediglich einer Ausnahme: Überweisungen müssen explizit per App akzeptiert werden. Nach der Installation der Anwendung auf dem Smartphone wird dieses an das eigene N26-Konto gekoppelt. Geht das iPhone verloren oder wird umgetauscht, kann dieses via Webseite oder App selbst entkoppelt werden.
Welche Besonderheiten hat N26?
Die eigene App macht hier den Anfang. Von der Vergabe einer eigenen PIN für die Master Card bis zum Sperren der selbigen ist via der mobilen App für iOS und Android alles möglich. Es lässt sich ein Tageslimit für Überweisungen und Geldabhebungen festlegen. Auch kann die Master Card für Auslands- und Online-Zahlungen gesperrt werden. Die Master Card selbst hat einen NFC-Chip, der vor allem bei Reisen ins Ausland noch von großer Bedeutung wird.

Die Annehmlichkeiten hören hierbei aber noch lange nicht auf. Anstatt auf einen Brief mit TANs warten zu müssen, hat N26 diese komplett abgeschafft. Für Überweisungen lässt sich eine vierstellige Zahlenkombination festlegen, mit der jede Überweisung bestätigt werden muss. Nach Erhalt der Master Card (der Versand hat in unserem Fall circa 4 Tage gedauert), kann es also sofort losgehen.

Die App selbst ist dabei die mit Abstand am intuitivsten gestaltete aller derzeit verfügbaren Banken. Jede Überweisung und Abbuchung wird automatisch kategorisiert und mit Tags versehen. Diese lassen sich auch nachträglich noch ändern. Eine eigene Analyse-Ansicht gibt anschließend Auskunft über die letzten Monate, unterteilt in Kategorien.

Bei jeder Transaktion bekommt der Kunde sofort eine Push-Nachricht auf das Smartphone. Beim Bezahlen per Karte in einem Lokal oder im Supermarkt kommen die Nachrichten sogar schneller als die Benachrichtigung für den Kassierer auf dem EC-Gerät.
Was gibt es zu beachten?
Die Bank besitzt keinerlei Filialen, Ansprechpartner lassen sich via Chat auf der eigenen Webseite kontaktieren. Persönlich konnten wir den Chat mehrere Male ohne Probleme testen, und wurden stets innerhalb von 5-10 Minuten weiter geholfen. Nur ein einziges Mal lies eine Antwort mehr als 24 Stunden auf sich warten.
Da es sich bei der Master Card um eine Prepaid-Karte handelt, gibt es kein Extra-Konto das sich überziehen lässt. Abgebuchte Beträge sind sofort auf dem Konto nachvollziehbar. Bargeld lässt sich mit Hilfe der MasterCard überall kostenlos abheben. Dabei gibt es seit wenigen Monaten eine Obergrenze: Für Kunden die N26 als Hauptkonto nutzen, gibt es 5 Abhebungen im Monat gratis, für die Nutzung als Nebenkonto 3. Jede weitere Abhebung kostet 2 Euro.
Erfahrungen in Kanada und USA
Nach monatelangem Einsatz in Berlin habe ich die Karte dann endlich mit über den großen Teich genommen. Der Ruf nach überall bargeldlosem Bezahlen macht Kanada und USA zum perfekten Testort für eine moderne Bank. Nach der Ankunft in Toronto ging es sogleich zum ersten Tim Hortons. Bei einem Kaffee und zwei Bagel für circa 5 kanadische Dollar habe ich die Master Card zum ersten Mal getestet.
Die EC-Geräte haben alle einen NFC-Chip, sodass ich meine N26 MasterCard nur darauf legen musste. Ohne PIN und Unterschrift, in unter 5 Sekunden habe ich meine erste Push-Nachricht auf dem iPhone erhalten. Wenige Zeit später dann auch der Kassierer. Das Besondere dabei: Die App rechnet sofort den Dollar Betrag in Euro um, und zeigt den minutenaktuellen Umrechnungskurs mitsamt original Dollar Betrag in den Überweisungsinformationen an.

Das erste Erlebnis war also ein wahres Vergnügen und eine sehr positive Überraschung. Im Laufe der nächsten Tage konnte ich auch zum ersten Mal Bargeld abheben. Jeder Walmart, und auch sonstige größere Laden-Ketten besitzen Geldautomaten in jeder Filiale. Nach erfolgreichem Anmelden am Terminal habe ich 200 Dollar abgehoben. Dies war komplett kostenfrei, und auch hier war die N26 App Benachrichtigung schneller als die Auszahlung des Geldes.
Durch die Möglichkeit überall per Master Card bezahlen zu können (außer natürlich bei Straßenständen wie Obstmärkte), konnte ich all meine Ausgaben nachverfolgen. Die Kategorisierung klappt nicht immer einwandfrei, sodass ich ab und an eine Überweisung umkategorisieren musste.
Zu Gute kommt hier auch der NFC-Chip in der Master Card selbst. Durch das einfache Auflegen auf das Lesegerät klappt das bargeldlose Bezahlen schneller und unkomplizierter als mit Bargeld. Zudem erscheinen alle Beträge in der gleichen Sekunde auch auf dem Smartphone, was dabei hilft, immer einen Überblick über die aktuellen Finanzen zu behalten. Da N26 mit dem Unternehmen TransferWise zusammenarbeitet, kann N26 gebührenfreie und tagesaktuelle Umrechnungskurse anbieten.
Ein einziges Mal hat die Master Card jedoch nicht funktioniert. Beim Übernachten in einem Inn in den USA hat sich das Lesegerät des kleines Hotels gesträubt meine Karte anzunehmen. Doch auch die kanadische Kreditkarte meiner Freundin ging nicht. Zum Glück hatten wir eine dritte, deutsche Kreditkarte dabei, die funktioniert hat. Alle andere Male, sei es im Taxi, in den kleinsten Läden bis zu großen Einkaufszentren, die Master Card hat immer und überall funktioniert. Gebühren fielen nur einmal an, als ich von einem VISA-Automaten Geld abgehoben habe. Ganze 1,20 Euro hat mich das gekostet.
Zurück in Berlin
Wieder in der Heimat gelandet ging es nach dem Flug gleich in den Supermarkt (Penny) um ein paar Lebensmittel einzukaufen. Wie man es von deutschen Supermarkt-Ketten kennt, nehmen diese ausschließlich EC-Karten. Doch auch hier: Meine N26 MaestroCard wollte das Gerät nicht nehmen. Doch N26 hat ein weiteres Ass im Ärmel. Durch die Zusammenarbeit mit Penny und weiteren, sogenannten Cash-Points, konnte ich einen BarCode via der App erstellen, der vom speziellen Penny-Lesegerät akzeptiert wurde.
Mit einem Klick auf das Plus in der unteren Mitte der App, erscheint ein Menü, welches den Eintrag Cash26 enthält. Nach einem Klick darauf zeigt die App alle verfügbaren Cash26 Stellen in der Umgebung an, mit der anschließenden Möglichkeit einen Barcode über ein frei eingegebenes Guthaben zu erstellen. Ich habe 100 Euro gewählt. Der Betrag wird sofort vom Konto abgezogen, und der Barcode erstellt.
Den Code selbst habe ich vor das Lesegerät bei Penny gehalten, und sofort erschien ein +100 auf dem Bildschirm der Kassiererin. Anstatt 35 Euro für den Einkauf zu bezahlen habe ich 65 Euro ausbezahlt bekommen. Montags zurück auf der Arbeit habe ich mein Bargeld zu Hause vergessen. Ein Arbeitskollege hat zum Glück auch ein Konto bei N26, sodass ich mir Bargeld von Ihm leihen, und MoneyBeam testen konnte. Ein Klick auf das Plus Zeichen reicht um Money Beam zu öffnen. Dort werden Kontakte in meinem Telefonbuch mit einem blauen Punkt gekennzeichnet, die auch ein Konto bei N26 besitzen. Nach dem Eingeben des Betrags und der PIN, erscheint noch in der gleichen Sekunde das Geld auf dem Konto des Mitarbeiters.

Nachteile der Bank
Bei so vielen Vorteilen fällt es tatsächlich schwer, einen Nachteil zu finden. Die Master Card sowie die Maestro Card erhält der Kunde kostenlos, doch bei mehr als fünf beziehungsweise drei Abhebungen im Monat fallen 2 Euro pro Abhebung an. Auch besitzt die Bank keinerlei Filialen, was bei älteren Kunden, die mit direkten Kontakt zum Personal aufgewachsen sind, schwer fallen dürfte.
Im Sommer 2016 haben mehrere Medien außerdem berichtet , dass die Bank plötzlich die Konten mehrerer Kunden stornierte. Als Begründung gab das Unternehmen nichts Konkretes an, es wurde aber vermutet, die betroffenen Kunden hätten zu viel Bargeld vom Bankkonto abgehoben.
Die Bank ist außerdem relativ neu. Persönlich habe ich als Entwickler für Finanzinstitute gearbeitet und weiß aus Erfahrung, wie kompliziert und sicherheitsrelevant diese Prozesse sind. Für ein so junges Unternehmen warten also sicher noch viele Stolpersteine. Durch die deutsche Banklizenz ist N26 aber verpflichtet, Guthaben bis 100.000 Euro zu versichern. Dennoch würde ich Kunden raten, ein Zweitkonto bei einem etablierten Finanzinstitut parat zu haben.
Dazu kommt die direkte Anzeige auch von sogenannten Pfand-Beträgen. Der Autoservice Drive Now belastet zum Beispiel die Master Card bei jedem Nutzen seiner Autos mit circa 28 Euro. Dieser Betrag erscheint bei anderen Bankinstituten nicht und wird versteckt. N26 macht dies aber transparent und zeigt den Betrag sofort an. Der Betrag wird nach wenigen Tagen wieder frei gelassen beziehungsweise zurück überwiesen. Dies kann am Anfang für Verwirrung bei den Kunden sorgen.
Fazit
Persönlich habe ich N26 als mein Hauptkonto nun seit mehreren Monaten im Einsatz, und hebe nicht mehr als drei Mal im Monat Geld ab. Da ich mich in Deutschland sehr sicher fühle, macht es mir nichts aus, 200 oder mehr Euro abzuheben und in Berlin in der Tasche zu haben (wenn auch nur für einen kurzen Moment, bis ich zu Hause bin). Lebensmittelketten und andere EC-Automaten haben etwas Probleme mit der Maestro Card von N26, sodass ich hier in in Deutschland immer etwas Bargeld oder meine Master Card dabei habe, mit der ich Bargeld kostenlos abheben kann. Alles andere ist jedoch ein wahrer Genuss, und macht vor allem am Anfang süchtig.