Merkwürdiges Verhalten und seltsame Abstürze können an defekten Arbeitsspeichermodulen im Mac liegen. Das herauszufinden ist aber nicht so leicht. In unserem Fall haben wir einen iMac von 2010, der ursprünglich mit 4 (2 x 2) GB RAM Arbeitsspeicher ausgeliefert wurde, durch zwei Markenriegel à 4 GB auf insgesamt 12 GB RAM erweitert. Damit ließen sich auch anspruchsvolle Programme gut betreiben. Doch bald schon nervte der Mac mit plötzlichem totalen Einfrieren und einem ohrenbetäubendem Pfeifgeräusch – Kernelpanik. Der Verdacht, dass einer der nachträglich eingesetzten Arbeitsspeicherelemente defekt wäre, lag aufgrund der akustischen Meldung nahe. Zunächst testeten wir dies mit der Apple Hardware-DVD, derzufolge aber alles in Ordnung sei. Dann setzten wir Tech Tool Pro von Micromat ein, das einen eigenen Testlauf für den Arbeitsspeicher enthält, aber ebenfalls nichts fand. Immer wieder jedoch stürzte der Mac wie beschrieben ab, manchmal auch mit Reboots im laufenden Betrieb und ohne Vorwarnung. So haben wir versuchsweise einen der später eingebauten Riegel entfernt, was zu einer leichten Verlangsamung bei vielen gleichzeitig geöffneten oder sehr speicherhungrigen Programmen führte. Aber mit den regelmäßigen Abstürzen war es vorbei.

Atomic verspricht mehr
Nun hatten wir ziemlich offensichtlich ein defektes Arbeitsspeichermodul, das aber von keinem Programm als solches erkannt wurde. Als Micromat mit Atomic ein eigenes Programm mit umfassenden Algorithmen speziell zum Testen defekten Arbeitsspeichers veröffentlichte, haben wir zugegriffen. Wobei sich der Entwickler nicht sehr kooperativ zeigte, wir mussten das Programm auf eigene Kosten erwerben. Normalerweise erhält man für Fachtests einen speziellen Lizenzcode. Das Tool mit nur einem einzigen Zweck kostet immerhin 60 US-Dollar. Verfügt man bereits über ein Micromat-Produkt wie Tech Tool Pro, reduziert sich der Preis auf immer noch 30 US-Dollar. Dafür darf man jedenfalls auch einiges erwarten. Im Unterschied zum Arbeitsspeichertest, der in Tech Tool Pro integriert ist, soll Atomic 1.0.1 deutlich umfassender und gründlicher vorgehen. So sind die Tests nicht nur zahlreicher als in Tech Tool Pro. Laut Entwickler kann Atomic zudem Arbeitsspeicher untersuchen, der bereits einem Programm zugewiesen (”allocated”) ist, aber aktuell nicht genutzt wird. Grundsätzlich ist es ratsam, möglichst kein anderes Programm im Hintergrund laufen zu lassen, solange die Untersuchung andauert.

Benutzung einfach – und langsam
Die Benutzeroberfläche ist relativ schlicht gehalten. Sie zeigt die Gesamtmenge des eingebauten Arbeitsspeichers mit der Verteilung auf die verschiedenen Steckplätze an. Rechts sind insgesamt elf Testgänge anwendbar, optional auch alle direkt hintereinander. In Gestalt von Armaturen zeigt das Programm an, ob ein Testdurchlauf bestanden wurde oder ein Fehler auftauchte. Es ist möglich, das Programm direkt vom regulär laufenden Betriebssystem aus zu starten. Doch günstiger ist es, dies beispielsweise mit dem von Tech Tool Pro bekannten eDrive zu tun, einer eigenen versteckten Partition, die diverse Hilfsprogramme für den Notfall oder die Wartung bereithält. Hier lassen sich außerdem eigene Tools wie Atomic hinzufügen und dann von diesem eDrive aus starten (beispielsweise über die Systemeinstellungen/Startvolumen oder beim Start des Macs die Wahltaste gedrückt halten, bis die verfügbaren Partitionen wie auch das eDrive als Startpartition auswählbar sind). Alternativ startet man im Single User Mode.

Leider erfolglos
Um es kurz zu machen: Die Testläufe dauerten eine gefühlte Ewigkeit, beinahe 20 Stunden trotz Bootens über das eDrive. In dieser Zeit ist der Mac natürlich anderweitig nicht zu nutzen. Ergebnis: nichts! Atomic stellt keinerlei Probleme oder Einschränkungen fest. Obwohl eindeutig welche existieren. Das ist ausgesprochen enttäuschend. Dabei hat man durchaus den Eindruck eines professionell programmierten Tools. Zunächst sichert sich Atomic so viel freien oder verfügbaren Arbeitsspeicher wie möglich und zeigt diesen auch an. Dann lassen sich gezielt die einzelnen oder eben auch alle Tests nacheinander durchführen. Wer darüber Genaueres wissen will: die Hilfsdatei als PDF gibt auf Englisch Auskünfte, worum es sich etwa bei Begriffen wie Stuck Address, Solid Bits, Checkerboards oder den anderen Algorithmen handelt. Man hat jedenfalls genug Zeit, sich während der Durchgänge damit zu beschäftigen. Am Ende interessiert aber vorrangig das Ergebnis.

Für uns ist es klar: Entfernen wir den fraglichen Riegel, stürzt der Mac nicht mehr ab. Wenn tatsächlich der entsprechende Arbeitsspeicher doch nicht defekt wäre, woran sonst könnte es liegen? Wenigstens Hinweise darf von einem derart aufwendigen und recht teuren Tool erwarten. Jedenfalls läuft der Mac auch jetzt mit einem Arbeitsspeicher von 4 GB RAM weniger noch flott und rund genug, trotz der unsymmetrischen Bestückung der Steckplätze für den Arbeitsspeicher. Atomic aber hat uns bei unserem Problem nicht geholfen. Ob andere Nutzer mehr Glück haben, lässt sich schlecht sagen – so findet sich beispielsweise auch bei Macupdate.com kein Eintrag für die Software und entsprechend auch keine Userkommentare. Bei Tests anderer Magazine werden wir ebenfalls nicht fündig – sollten Leser dieses Beitrags eigene Erfahrungen mit Atomic haben, wäre das sehr interessant zu wissen, etwa über den Leserkommentar unten.

Fazit
Um das Tool zu betreiben, ist mindestens OS X 10.9 erforderlich, das neue macOS 10.12 Sierra findet Unterstützung. Von den Kosten war ja bereits die Rede. Aufgrund unseres Tests können wir Atomic nicht empfehlen. Es ist aber nicht auszuschließen, dass das Programm in anderen Fällen doch etwas findet. Dafür auf Verdacht freilich 60 oder auch ”nur” 30 US-Dollar auszugeben, ist riskant. Im Zweifel ist es einfacher, und oft auch billiger, ein verdächtiges Arbeitsspeichermodul herauszunehmen, den Mac laufen zu lassen um zu sehen, ob das Problem beseitigt ist. Und dann gegebenenfalls einen neuen RAM-Riegel einzusetzen. Zwar zahlt man für beispielsweise 8 GB RAM für den Mac auch um die 50 bis 60 Euro. Doch wenn man mit Atomic den Defekt festgestellt haben sollte, muss man den Riegel trotzdem austauschen. So lohnt sich ein derartiges Tool wohl nur für Anwender, die das etwa geschäftlich regelmäßig nutzen und von dessen Sinn durch mehrere Testreihen überzeugt sind. Für den Normaluser, der vielleicht ein oder zweimal im Leben mit einem defekten Arbeitsspeichermodul zu tun hat, lohnt sich dies unserer Meinung nach nicht.