Fünf Jahre sind eine lange Zeit – und doch wieder nicht. Waren wir gestern am Geburtstag von Siri eher überrascht, dass der Sprachassistent erst fünf Jahre auf dem Buckel hat, können wir es heute kaum glauben, dass Steve Jobs schon vor fünf Jahren gestorben ist. Apple werde bald seinem Gründer folgen, hatten damals Skeptiker getönt. Diese verbreiten auch heute gerne die Geschichte, dass Apple unter Tim Cook dem Untergang geweiht ist, weil der Sinn für Einfachheit ebenso verloren ging wie der von Jobs bis ins letzte Detail vorgelebte Perfektionismus – und damit die Innovation. “Das hätte es unter Jobs nicht gegeben!” tönt es aus allerlei Ecken, wenn mal wieder ein Betriebssystemupdate kurzfristig Probleme verursacht oder die neue Iteration eines bewährten Produktes auf eine bestimmte Funktion verzichtet oder sie an eine andere Stelle im Gesamtkonzept packt.
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Doch, hätte es. Hatte es ja auch. Aber die Erinnerung stellt golden ausgeschmückte Fallen. Nur das unerbittliche Weltarchiv namens Internet vergisst nichts. Eine Suche darin fördert etwa zu Tage, dass Apple im Jahr 2008 beim Start von Mobile Me tagelang mit Serverproblemen zu kämpfen hatte , derart schweren, dass Steve Jobs bei seiner letzten Keynote im Jahr 2011 sogar einräumte, Mobile Me sei nun wahrlich keine von Apples Sternstunden gewesen . Der gleiche Jobs hatte fast ein Jahr zuvor auch ausführlich erklärt, dass das Antennendesign des iPhone 4 nun wirklich nicht perfekt ist – andere Hersteller aber ähnliche Probleme hätten. Vorgeschlagene Lösung: Man möge beim Telefonieren besser eine Hülle verwenden.
Macwelt-Nachruf auf Steve Jobs
Wenige Monate später korrigierte Apple mit der CDMA-Version des iPhone 4 und später mit dem iPhone 4S stillschweigend den Konstruktionsfehler. Der Power Mac G4 Cube sei der auf das notwendigste geschrumpfte Supercomputer und die Zukunft der Szene, noch so ein Job’scher Irrtum. Dass Sieben-Zoll-Tablets “Dead on Arrival” seien, mag eine Meinungsäußerung sein, die Apple nach dem Tod seines Gründers revidierte. Aber hätte Steve Jobs nicht auch selbst seine Meinung geändert und dem iPad Mini grünes Licht gegeben? Vielleicht hat er das in seinen letzten Lebenswochen sogar, darüber ist nichts bekannt.
Steve Jobs: Produkte einer Karierre
Eine Äußerung aus jener Zeit machte nach Veröffentlichung der ersten autorisierten Biographie auch gleich die Runde: Er hätte es endlich geknackt, das Fernsehen. Sprich, er wisse jetzt, was funktioniere und was nicht und wie Apple mit einem erneut disruptiven Gerät oder Service den Markt komplett neu aufrollen könne . Niemand, womöglich nicht einmal sein Biograph Walter Isaacson, weiß genau, was Steve Jobs wirklich damit gemeint hat, man kann aber fünf Jahre später nicht davon sprechen, dass Apple im TV-Bereich eine Revolution gelungen wäre.
Was hätte Steve Jobs sonst so nicht gemacht? Ob er noch die ersten Pläne zur Apple Watch gekannt hat, kann man nur spekulieren, auch darüber, ob die Uhr anders oder besser geworden wäre oder zumindest noch länger für die Entwicklung gebraucht hätte. Steve Jobs selbst hat es am Ende seines Lebens als sein wichtigstes Werk angesehen, mit Apple ein Unternehmen geschaffen zu haben, das in der Lage ist, revolutionäre Produkte zu schaffen, die nach Perfektion streben. Diese Haltung ist nach wie vor in Apple tief verankert, das Rad neu zu erfinden ist aber auch Steve Jobs Nachfolgern nicht möglich. So erfreuen wir uns einerseits an den evolutionären Verbesserungen von iPhone, iPad, Mac und Apple Watch sowie der Services wie iCloud und Apple Music. Andererseits sind wir gespannt, welche Produkte und Services Apple in seinen geheimen Laboren ausbrütet, was zum Beispiel hinter dem Project Titan steckt. Das nächste große Ding oder doch eher Grundlagenforschung? “Das hätte es unter Steve Jobs nicht gegeben!” ist aber weder beweisbar noch zu widerlegen. Die Welt dreht sich weiter, die der Informationstechnik noch viel schneller. Wir wissen nur, dass Steve Jobs allen, die ihn kannten und schätzten, sehr fehlt. Und das schon seit fünf Jahren.