Noch immer ist Apple bei der Speicherausstattung seiner Mac geizig: Hat man ein Macbook Pro mit 128 oder 256 GB Speicher, ist Speichermangel nur eine Frage der Zeit. Mit macOS Sierra hat Apple nun erstmals ein Dienstprogramm geliefert, das beim Aufräumen helfen soll. Für Hersteller von Aufräum-Tools wie Clean My Mac und Dr Cleaner eine schlechte Nachricht. Die Funktionalität dieser Tools ist zwar umstritten, bisher verkauften sie sich aber hervorragend. Ein guter Anlass, diese kostenpflichtigen Tools nun gegen Apples Speicheroptimierung antreten zu lassen.
Hinweis: Clean My Mac und Dr Cleaner sind auch kostenlos nutzbar, aber nur begrenzt. Bei Clean My Mac von Mac Paw ist die Löschfunktion auf 500 MB begrenzt, eine Einzellizenz kostet 40 Euro. Das von Trend Micro stammende Dr. Cleaner kann wie Clean My Mac kostenlos benutzt werden, allerdings sind dann einige Funktionen gesperrt. So bietet Dr. Cleaner zwar eine Duplikatsuche, kann die aufgefundenen Doppler aber nicht löschen. Das direkte Entfernen der Duplikate ist nur nach Kauf des 10-Euro-Tools Duplicate Finder möglich.
Bedienkomfort: Sierras Speicheroptimierung vs. Tools
Die Oberflächen der drei Konkurrenten sind gar nicht mal so unterschiedlich. Eine Übersicht listet mehrere eigenständige Funktionen auf, über die man Schritt-für-Schritt seinen Mac aufräumt. Grundsätzlich fällt uns auf, dass die App von Mac Paw mehr Erläuterungen liefert als seine Konkurrenten und über Hilfstexte Hintergrundinformationen bereitstellt. Apples Speicherverwaltung ist keine eigene App, sondern in das wenig bekannte Dienstprogramm Systeminformationen integriert . Hier ruft man es über “Fenster > Speicherverwaltung” auf. Bei Dr. Cleaner ist die modern gestaltete Oberfläche etwas aufdringlich und unübersichtlich. So findet man die nützlichen Aufräumfunktionen erst unter dem Eintrag „Umfassende Bereinigung“.
Automatisch aufräumen: Vorteil Clean My Mac
Unerfahrene Anwender vergessen immer wieder, ihren Papierkorb zu entleeren. Dies können sowohl Apples Dienstprogramm als auch Clean My Mac ändern. Nach dreißig Tagen löscht das Systemtool eine Datei im Papierkorb nun automatisch, wenn man dies entsprechend einstellt. Clean My Mac bietet zusätzlichen Bedienkomfort: Es kann die Papierkörbe von externen Festplatten und Programmen wie Mail, Aperture und Fotos gleich mit löschen.
Platzfresser aufspüren: Vorteil macOS Sierra
Bei der Suche nach Platzfressern, also nicht mehr benötigten großen Dateien, ist das Prinzip fast identisch: Die drei Programme durchsuchen die Festplatte nach sehr großen Objekten und listen sie auf – beispielsweise alte iPhone-Videos mit mehreren hundert MB Dateiumfang oder einer Installationsdatei für ein altes Programm. Bei Clean My Mac heißt die Funktion „Große & alte Dateien“ und steht nach einem kurzen Scanvorgang zur Verfügung. Sortieren kann man dann die Dateien nach der Größe und Kategorien wie „Größe über einem GB“ und letztem Zugriff, Name oder Pfad. Fast identisch ist die Funktion bei Dr Cleaner. Hier sortiert das Programm die Daten nach Dateiart: Man erfährt, dass auf der Festplatte beispielsweise 2,38 GB an Archiven, 9,21 GB an Videos und 138,4 GB an Fotos liegen. Per Ausklappfenster listet das Tool dann die einzelnen Dateien auf, sortiert sie ebenfalls nach Kategorien wie Alter und Art.
Etwas anders geht Apples Tool vor. Hier heißt die Funktion „Chaos reduzieren“. In einer Dreispaltenübersicht findet man wahlweise alle Downloads, große Dateien und eine Dateiübersicht. Unter Download findet man die größten Dateien im Download-Ordner aufgelistet. Hier und bei der Auflistung der schweren Brocken kann man diese außerdem noch nach Name, Art, letztem Zugriff und Dateigröße sortieren. Als interessante Alternative bietet das Tool außerdem eine Dateiübersicht. Hier findet man eine nach Größe sortierte Browser-Ansicht mit großen Ordnern und kann schnell diese in einer Spaltenansicht durchsuchen. Das Prinzip ist von Programmen wie Omni Disk Sweeper bekannt und sehr effizient. Dank Integration ins System hat Apple bei dieser Aufgabe einen Vorteil: Die Anzeige der Ordnergröße und Sortierung ist deutlich schneller als bei den Konkurrenten.

Auslagern von Daten: Die iCloud macht’s möglich
Nur Apple empfiehlt außerdem das Auslagern von Dateien. Dank Integration von iCloud kann der Nutzer seine Fotos in iCloud auslagern und seinen Dokumente-Ordner und Schreibtisch ins Web verschieben. Das ist aber nur für Nutzer eines kostenpflichtigen iCloud-Vertrages sinnvoll und erfordert eine sehr schnelle Internetanbindung. Eine ähnliche Archivierungs-Funktion kennen wir seit kurzem auch von Acronis Backup 2016. Als Entwickler des Systems und den Programmen mit ausgelagerten Dateien hat Apple aber auch hier einen entscheidenden Vorteil, kann nämlich auch nach Updates von Programmen und System ein problemloses Funktionieren garantieren.
Junk-Dateien löschen
Vor allem Dr Cleaner wirbt mit der Funktion, schnell und erfolgreich „Junk-Dateien“ zu löschen. Mit einem Mausklick will das Tool bei unserem Macbook über 2,2 GB an Festplattenplatz frei schaufeln. Allerdings ist diese Funktion etwas halbseiden. Es handelt sich hier nämlich um Cachedateien, die von Programmen und Systemfunktionen schon sehr bald wieder neu angelegt werden. Clean My Mac bietet eine ähnliche Funktion, bewirbt sie aber etwas weniger intensiv. Offenbar will das Programm etwas mehr Seriosität beweisen. Auch macOS Sierra bietet nun übrigens eine Notfall-Funktion, die aber nur bei Speichermangel aktiv wird. Das System löscht dann beispielsweise Cache-Dateien von System und Safari. Um die nachzustellen, erzeugen wir mit einem Diskimage Speicherplatzmangel auf unserem Macbook. Und tatsächlich: Der Library-Ordner von Safari schrumpft beispielsweise von 510 auf 300 MB Umfang und auch einige weitere temporäre Daten verschwinden – etwa 700 MB an Speicherplatz kann das System so freigeben. Nach einem Systemstart sinkt der freie Speicherplatz aber schnell wieder auf den früheren Wert.
Grundsätzlich ist das Löschen von Cache-Dateien keine langfristig wirksame Strategie. Apple Entscheidung, diese Funktion auf den Notfall zu beschränken, ist deshalb sehr sinnvoll.

Programme entfernen: Vollständig nur mit Tools
Die Deinstallation von Programmen ist sowohl mit Clean My Mac und Apples Dateiverwaltung möglich. Apple bietet einige interessante Optionen beim Verwalten der installierten Apps: Man kann in einer Liste die Programme nicht nur nach ihrer Größe, sondern auch ihrer Art sortieren. Dabei unterscheidet Apple zwischen Apps aus dem App Store, „Andere“ und Duplikaten. So gibt Apple den etwas radikalen Tipp, einfach alle App Store-Programme zu löschen – dies kann man schließlich schnell wieder aus dem Store laden. Auch Duplikate listet das Tool auf und erkennt dabei nicht nur Apps im Ordner Programme, sondern auch an anderen Speicherorten wie „Dokumente“ oder „Downloads“. Allerdings entfernt man beim Löschen nur die Programmdatei, keine Einstellungsdateien und Library-Ordner. Hier kann Clean My Mac seinen Wert beweisen. Das Tool beinhaltet nämlich eine ausführliche Datenbank, wo welches Programm Dateien installiert. So sammelt beispielsweise das Bildschirmvideo-Programm Camtasia seine Aufnahmedateien in einem bestimmten Library-Ordner, iDVD Vorlagen und Hilfstexte am gleichen Ort. Deinstalliert man Programme mit Clean My Mac, kann man deshalb tatsächlich viel Platz schaffen.

Zusatzfunktionen
Clean My Mac bietet noch einige interessante Zusatzfunktionen. So führt die Software etwa Wartungsskripte aus, prüft Festplatten und löscht Browser- wie Chat-Verlauf. Sehr nützlich, aber nur für Profis tauglich ist außerdem eine Funktion für das Verwalten von Erweiterungen. Bequem kann hier ein erfahrener Anwender Anmeldeobjekte deaktivieren und löschen sowie Plug-ins für Finder, iTunes, Kontakte und Internet verwalten. Dies setzt aber Vorwissen voraus und sollte nur von Profis verwendet werden. Apple hat es sich einfach gemacht und bietet keine Verwaltungsfunktionen.

Unsere Bewertung:
Dr Cleaner
Einige Funktionen des kostenlosen Dr Cleaner finden wir nützlich. Platzfresser kann man damit gut aufspüren. Allerdings sind die beiden am intensivsten beworbenen Funktionen eigentlich nur Hokuspokus: Weder das Optimieren des Arbeitsspeichers noch das Entfernen von Cache-Dateien bringen langfristig etwas. Gegenüber Apples Tool bietet das Programm außerdem kaum Mehrwert.
Fazit: Brauchbar, aber viele Einschränkungen
Clean My Mac
Im Unterschied zu vielen Konkurrenten im App Store ist Clean My Mac kein Humbug. Beim Aufräumen gibt es viele gut dokumentierte Funktionen, die ausführlich erläutert und dokumentiert werden. Bei der Effektivität mancher Funktionen übertreibt der Hersteller aber etwas, so wird Spotlight durch eine Neuanlegung des Index kaum schneller – während des mehrstündigen Neuaufbaus aber mehrere Stunden unbrauchbar. Dafür ist die Deinstallationsfunktion hervorragend und für Profis sind auch einige Systemfunktionen sehr nützlich.
Fazit: Gut, aber eher für erfahrene Anwender sinnvoll
Speicherverwaltung von macOS Sierra
Offensichtlich soll sich das Programm auch für Einsteiger eignen: Mit Automatik-Funktionen wie „Speicher optimieren“ und „Papierkorb automatisch entleeren“ ist schon vielen Anwendern geholfen. Gut gefällt uns der direkte Zugriff auf Programme wie Fotos, iTunes, Mail und Garageband. Aber auch bei der Suche nach großen Dateien ist das Programm sehr brauchbar und macht viele Appstore-Tools überflüssig. Nur bei der Deinstallation von Programmen sehen wir Verbesserungsbedarf. Die Empfehlung, alle Fotos und Daten in iCloud auszulagern, ist für viele deutsche Anwender ebenfalls nicht sinnvoll. Das liegt aber weniger an Apple als am deutschen Breitband-Status. Kann doch Apple in seinem Stammland USA eine schnelle Internetverbindung voraussetzen, hierzulande nicht.
Fazit : Gut, auch für Einsteiger geeignet