Da Vinci = Leonardo!
Wer in kunsthistorischen Fachkreisen von Da Vinci statt Leonardo redet, ist eigentlich schon unten durch. Denn Vinci ist lediglich das kleine toskanische Dorf, aus dem das Genie in Sachen Kunst und Technik Leonardo (1452-1519) stammte. ”Da Vinci” als Personenbezeichnung zu sagen ist ungefähr so, als würde man bei Jesus von Nazareth behaupten: ”Von Nazareth” hat wieder ein Wunder gewirkt. Also völlig schräg im Ausdruck. Den Entwicklern von “The House of Da Vinci” ist das auch bewusst, wie eine kurze Notiz im Tutorial zeigt. Trotzdem hat man sich bei Blue Brain Games entschlossen, diese Ungenauigkeit beizubehalten, wie es ähnlich Dan Brown in seinem ”Da Vinci Code” (deutsch jedoch: ”Sakrileg”) gemacht hat. Dem Spiel selbst hat das aber nicht geschadet.
Lesen und Bedienen
Und dieses nimmt Bezug auf viele der berühmten Erfindungen von Leonardo, manche davon nur als Skizze, andere wurden tatsächlich realisiert. Museen wie das Leonardo-Museum in Rom legen davon real Zeugnis ab. Im Spiel begegnen wir manchen der Zeichnungen und echten Konstruktionen, andere sind davon nur abgeleitet oder frei erfunden. Hintergrund unserer Bemühungen als Abenteurer in der Zeit von Leonardo ist, dass der Meister nach einer revolutionären Erfindung verschwunden ist und wir Rätseln und Hinweisen folgen, um ihn wieder aufzuspüren und zu retten. Dazu betreten wir zunächst seine Bibliothek. Es sind unter anderem Texte zu lesen, die uns der Meister hinterlassen hat. Wir bewegen uns durch die Räume, wobei längst nicht alle Ecken und Winkel zugänglich sind, sondern nur, wenn sie eine Funktion im Spiel haben. Geräte und Mechanismen berührt und betätigt man intuitiv über das Touch-Display. Ein Inventar für wichtige Gegenstände bietet manchmal auch Kombinationsmöglichkeiten. Oft muss man ein gefundenes Objekt weiter öffnen, um es einsetzen zu können. Überhaupt ist man ständig auf der Suche nach einer Art Schlüssel oder Gegenstand, die man benötigt, um weitere Truhen, Schränke oder geheimnisvolle Mechanismen aktivieren zu können. Ist ein Raum komplett gelöst, geht es in den nächsten. Dies geschieht mit wirklich beeindruckenden Kamerafahrten. Hier bietet “The House of Da Vinci” tatsächlich noch mehr als die gleichfalls grafisch sehr gelungene The-Room-Reihe.

















Geheimnisvoller Blick dahinter und weit zurück
Ebenfalls sehr an “The Room” erinnernd, aber mit noch zusätzlichen Funktionen versehen, ist eine Art Linse, das ”Oculi infinitum”, das wir anfangs aus Leonardos Briefkasten fischen und in zwei Richtungen schieben und einsetzen können. Nach oben zeigt es oft verborgene Anleitungen, wie Schalter zu bewegen und einzurichten sind, ganz ähnlich wie in “The Room”. Nach unten geschoben sehen wir darüber hinaus optional in die Vergangenheit, um ebenfalls Schalter oder Objekte in die richtige Lage zu bringen, wie es uns als Aufzeichnung früherer Akteure angezeigt wird. Das bringt durchaus noch einmal zusätzliches Spielvergnügen und Spannung in das Adventure.
Rätsel nicht überfordernd, aber ordentlich
Die Rätsel sind vor allem anfangs leicht, der Schwierigkeitsgrad steigt aber deutlich an, bis es im letzten Level manche Nuss zu knacken gibt. Ein integriertes, optional abschaltbares Hilfesystem meldet sich in mehreren Stufen und gibt Hinweise, die jedoch manchmal zu allgemein gehalten sind. Dennoch haben wir irgendwann den Dreh heraus bekommen. Manche Rätsel sind auch etwas knifflig, weil man diverse Lösungswege ausprobieren muss, indem Schalter und Elemente hin und her zu schieben sind. Das kann auf dem Touchdisplay auch mal ein bisschen nervig sein. Ebenso ist öfter nicht auf den ersten Blick ersichtlich, was man als Nächstes tun soll. Oder man verliert nach einer Pause den Überblick. Doch insgesamt ist “The House of Da Vinci” für Adventurefreunde keine allzu große Herausforderung.
Sehr schön unterstützend und dezent ist die mittelalterlich angehauchte Musik zu hören. Sie setzt ihre Akzente vor allem bei spannungsvollen oder weiterführenden Momenten. Auch die Geräusche bei der Bedienung der Maschinen und Geräte oder beim Zoomen zu einem anderen Ort sind überzeugend eingesetzt.
Systemvoraussetzungen und Verfügbarkeit
“The House of Da Vinci” läuft ab iOS 8.3 und kostet 5,49 Euro im App Store . Obwohl die Grafik gerade bei den virtuosen Kamerafahrten oder einigen dreidimensionalen Rätseln recht fordernd ist, lief das Spiel zumindest auf unserem iPad Pro völlig problemlos. Es werden zahlreiche Sprachen unterstützt, zwischen denen man auch flott umschalten kann. Beendet man das Spiel, kann man später an derselben Stelle einfach weitermachen, ohne erst umständlich zu speichern.
Fazit und Empfehlung
Wir haben es im Grunde schon in der Einleitung vorweggenommen: Wer Spiele wie “The Room” liebt, wird auch “The House of Da Vinci” mögen. In grafischer Hinsicht wird man derzeit kaum ein besseres Adventure auf dem iPad finden. Wenn man es mit Hintergrund und Geschichte nicht allzu genau nimmt, ist auch das historisch angehauchte Leonardo-Setting durchaus stimmig. Auch, wenn der Spiele-Leonardo ein paar noch abgedrehtere Erfindungen gemacht hat, als sie in der Realität vom Meister überliefert sind. Uns jedenfalls hat “The House of Da Vinci” viele Stunden Spielspaß garantiert.