Adobe Photoshop gilt nach wie vor als das Nonplusultra für die Bildbearbeitung. Kein Wunder: Die Software, die 1990 erstmals und zunächst ausschließlich für den Mac erschien, mauserte sich schnell zum Standardwerkzeug für professionelle Fotografen und Grafiker. Mit der digitalen Fotografie bekam Photoshop noch einen zusätzlichen Schub. Und während die Mitbewerber nach und nach ausstarben, packte Adobe sein Standardwerkzeug mit immer neuen, immer komplexeren Funktionen aus. Der Preis stieg mit der Einstiegshürde und inzwischen verlangt der Einstieg Photoshop fast ein Hochschulstudium. Hinzu kommt, dass mit Adobe Photoshop CC (Creative Cloud) der Abo-Zwang Einzug in die Software gehalten hat. Wer Photoshop nutzen will, muss monatlich überweisen. Sicherlich ein gutes Geschäftsmodell für Profis, doch Einsteiger scheuen die regelmäßigen Kosten. Und so kommt es, dass Adobe so manchen Anwender förmlich dazu zwingt, sich nach Alternativen umzusehen. Zum Glück gibt es die denn zum Photoshoppen auf dem Mac ist heute nicht mehr zwingend Photoshop nötig!
Pixelmator und Affinity Photo
Die Alternativen zu Photoshop werden beide im Mac-AppStore verkauft und sind damit nicht nur deutlich leichter zu handhaben Stichwort Installation auf mehreren Systemen , sondern auch echte Vollversionen. Und sind im Vergleich zum großen Vorbild auch deutlich preiswerter: Pixelmator , bereits seit 2007 erhältlich, kostet gerade einmal 32,99 Euro, Affinity-Photo wirbt sogar offensiv damit, dass es nur einmalig bezahlt werden muss. Der höhere Preis von 54,99 Euro ist dem insgesamt deutlich professionelleren Funktionsumfang des Programms geschuldet. Zumal es Affinity, anders als Pixelmator, auch für Windows gibt. Beide Programme sind auch in iOS-Versionen für iPad und iPad Pro vorhanden. Die Pixelmator-App läuft auch auf dem iPhone und ist mit 5,49 Euro deutlich günstiger als die Affinity-Photo-Version für iOS (21,99 Euro). Doch welche App-Kombination ist sinnvoll? Und wer sollte zu Pixelmator greifen und wer eher zu Affinity Photo?
Warum nicht einfach Apple Fotos nutzen?
Doch zunächst einmal die Frage, warum überhaupt in eine Bildbearbeitung investiert werden sollte, wenn doch Apple Fotos so viele Bildbearbeitungsfunktionen integriert hat? Nun, die Antwort ist einfach: Zwar beherrscht Fotos Standard-Korrekturen wie Helligkeit, Kontrast, leichte Retuschen, Rote-Augen-Korrektur und all die anderen kleinen Möglichkeiten, ein Bild zu verbessern und zu optimieren. Allerdings ist Fotos hauptsächlich ein Tool zur Bildverwaltung: Es geht darum, Fotos zu sammeln und für die weitere Verwendung vorzubereiten. Das Bild an sich wird dabei jedoch nur optimiert, nicht wirklich bearbeitet. Sobald es jedoch darum geht, zum Beispiel mehrere Bildinhalte zusammenzusetzen, ernsthafte Retusche zu betreiben, Objekte und Personen freizustellen, Montagen zu erstellen und Hintergründe zu ändern, Objekte einzufügen, also ganz klassisch zu photoshoppen, versagt Apples Bildverwaltung. Wer diese Schritte durchführen möchte, ist auf ein ernsthaftes Bildbearbeitungsprogramm angewiesen eben Photoshop, Pixelmator oder Affinity Photo.
Wer sich allerdings die Frage in der Zwischenüberschrift dieses Absatzes gestellt hat, sollte Affinity Photo besser auf Seite lassen und einen Blick auf Pixelmator werfen.
Pixelmator: Die einsteigerfreundliche Alternative
Pixelmator ist nämlich das, was Photoshop noch nie war: Eine ausgesprochen einsteigerfreundliche Bildbearbeitung, die es auch Anwendern, die nie zuvor mit Photoshop gearbeitet haben, leicht machen möchte. Das bedeutet jedoch nicht, dass Pixelmator ein einfaches Programm wäre: Auch hier ist konzeptbedingt die Lernkurve gegenüber den simplen Bearbeitungsfunktionen von Apple Fotos relativ steil: Auch, weil Pixelmator, trotz seiner sehr reduzierten Oberfläche und den übersichtlichen Menüs ein ausgesprochen mächtiges Programm sein kann. So bietet es die Möglichkeit umfangreicher Bildretusche: Werkzeuge wie Zauberstab, magnetisches Lasso und der Kopierstempel erleichtern schnell und einfach große Änderungen am originalen Foto. Gleichzeitig sind Werkzeuge wie der Zauberradiergummi in der Werkzeugleiste wunderbar geeignet, um zum Beispiel schnell ein störendes Objekt aus einem Bild zu entfernen oder den Vordergrund freizustellen. Dieses Konzept zieht sich durch die ganze App: Sinnvolle halbautomatische Werkzeuge versuchen, es dem Anwender möglichst leicht zu machen und dabei zu helfen, Bildbearbeitung zu einem Kinderspiel zu machen.


Schnelle Ergebnisse mit Pixelmator
Wer ein wenig Zeit aufwendet, sich mit Pixelmator zu befassen, kann auf diese Weise schnell Ergebnisse erzielen, die erstaunlich hochwertig wirken: Schnell ein neues Poster in ein Foto retuschieren oder eine Montage für eine Save-the-Date-Karte oder Geburtstagseinladung basteln? Mit Pixelmator ist das kein Problem. Mit ein wenig Arbeitsaufwand lassen sich sogar störende Personen mit Hilfe des Kopierstempels aus einem Bild entfernen, für die weitere Bearbeitung helfen praktische Text- und Malwerkzeuge. Praktisch ist dabei die leistungsstarke Ebenenunterstützung, die Pixelmator sich von Photoshop und anderen professionellen Bildbearbeitungstools abgeschaut hat: So können Elemente beliebig vor und hinter andere Objekte im Bild platziert und verschoben werden. Zusätzlich ist es möglich, Ebenen mit einem Klick ein- und auszublenden oder sie mit Ebenenmasken zu versehen, um optische Effekte darauf anzuwenden. Anschließend können Anwender die Bilder wahlweise mit Ebenen und allen Inhalten für spätere Bearbeitung im proprietären Pixelmator-Dateiformat speichern oder in den gängigen Dateiformaten JPEG, PNG, TIFF, PDF oder sogar im Photoshop-PSD-Format exportieren.

Wo Pixelmator versagt
Der Clou an der Software ist, dass sich durchaus anspruchsvolle Projekte realisieren lassen: Entsprechende Einstellungen sind in Untermenüs einsortiert, die an die Bedienung von Apples Pages erinnern. Überhaupt ist Pixelmator perfekt auf den Mac optimiert wer die iLife-Apps bedienen kann, dürfte auch mit Pixelmator keine Schwierigkeiten haben.

Allerdings hat das preiswerte Programm zwei große Schwäche: Einerseits öffnet Pixelmator zwar alle RAW-Dateien, die sich auf dem Mac etwa mit Vorschau öffnen lassen. Eine dedizierte RAW-Entwicklung mit fein abgestimmten Optimierungswerkzeugen wie in Photoshop ist jedoch nicht möglich. Stattdessen wird das RAW wie ein JPEG behandelt, auch wenn das Rohdatenformat natürlich deutlich mehr Bildinformationen enthält als die komprimierte Bilddatei und somit die Bearbeitung gegebenenfalls erleichtert. Der Preis sind allerdings gigantische Pixelmator-Dateien. Der zweite Nachteil ist, dass die Werkzeuge hier und da unpräzise arbeiten. Vor allem bei technisch nicht optimalen Bildern kommt das Programm ins Straucheln, Bildrauschen, Unschärfen und JPEG-Kompression bringen vor allem die automatischen oder halbautomatischen Werkzeuge wie den Zauberstab oder die magnetische Auswahl in Schwierigkeiten. Wer also mit RAWs arbeitet oder professionelle Werkzeuge für den professionellen Einsatz benötigt, sollte einen Blick auf Affinity-Photo werfen.

Affinity Photo platziert sich als Photoshop-Alternative
Affinity Photo ist relativ neu auf dem Markt: Die erste Version erschien im Sommer 2015 ( hier der Macwelt-Test der Software ). Trotzdem wird es vollmundig als Photoshop-Alternative beworben. Und das nicht ohne Grund: Affinity Photo besitzt Funktionen, auf die Pixelmator-Nutzer (noch) verzichten müssen, darunter vor allem ein ausgesprochen effektiver RAW-Entwickler, der mit einer Vielzahl praktischer Regler genaue Kontrolle über das Bild ermöglicht. Nach dem Einstellen kann es dann in die eigentliche Bildbearbeitung übernommen werden. Hier gibt es dann eine Reihe praktischer Werkzeuge: Vom Kopierstempel über Abwedler, das Histogramm, zahlreiche Optionen für die Farb- und Kontrastanpassung, den Weißabgleich, Filter, Rauschreduzierung, Luminanzregler und eine Objektivkorrektur bietet Affinity eigentlich alles, was für eine umfangreiche Bildbearbeitung notwendig ist. Auch Affinity speichert Daten im eigenen proprietären Dateiformat, ist aber genau wie Pixelmator in der Lage, Bilder im Photoshop-PSD-Format zu exportieren.

Einstieg nichts für Anfänger
Allerdings ist Affinity Photo alles andere als einsteigerfreundlich: Zwar erinnert es auf den ersten Blick ein wenig an Apples seliges Aperture, hat es aber funktional in sich: Die zahlreichen Werkzeuge und Regler in mehreren Untermenüs sind nichts für schwache Nerven oder Anwender, die mal eben eine kleine Retusche durchführen wollen. Diesbezüglich macht Affinity dem Adobe-Platzhirsch durchaus Konkurrenz: Die Einarbeitung in das Tool ist deutlich zeitaufwändiger, als es bei Pixelmator der Fall ist. Dafür zeigt Affinity an jeder Stelle den professionellen Anspruch: Das fängt beim RAW-Entwickler an, geht über die immer eingeblendete Anzeige der aus den EXIF-Daten extrahierten Belichtungs- und Brennweitenwerten des Fotos bis hin zu ausgesprochen detailreichen Untermenüs.

Dass Affinity sich ernst nimmt, zeigt auch der Rechenaufwand, der bei manchen Bearbeitungsschritten betrieben wird: Selbst auf einem aktuellen 27-iMac gibt es hier und da merkliche Wartezeiten beim Anwenden eines Bearbeitungschritts. Nicht etwa, weil das Programm langsam wäre. Sondern weil es ausgesprochen aufwändig, präzise und pixelgenau arbeitet. Auf der anderen Seite bedeutet das aber auch, dass Affinity, zumindest wenn es ernsthaft genutzt werden soll, nicht unbedingt für schwache Hardware geeignet ist. Aber die angepeilte Zielgruppe dürfte in aller Regel über die für die professionelle Bildbearbeitung nötigen mächtigen Macs verfügen.

Windows-Version ist ein klarer Vorteil
In dieser Hinsicht hat Affinity Photo gegenüber Pixelmator einen großen Vorteil: Die Software ist zum gleichen kleinen Preis wie die Mac-Version auch für Windows verfügbar, was nicht nur den Austausch von Dateien deutlich erleichtert, sondern auch den Umstieg von einem System auf das andere. Gerade Bildbearbeiter, die mit anderen Fotografen oder Grafikern zusammenarbeiten, dürften diese einfache Austauschmöglichkeit schätzen. Zumal nicht wenige professionelle Nutzer sowohl Mac-, als auch Windows-Systeme im Einsatz haben. Schon weil macOS vor allem in Sachen Drittanbieter-Hardware noch immer ein wenig im Hintertreffen ist. So können Bildbearbeiter zum Beispiel am Windows-PC Bilder einlesen und erste Vorarbeit leisten, das Feintuning aber am Mac durchführen. Auch ein Systemwechsel fällt nicht so schwer ins Gewicht.

Was ist mit den iPad-Versionen von Pixelmator und Affinity?
Seit dem Erscheinen des iPad Pro und des Apple Pencils ist Bildbearbeitung natürlich auch unter iOS ein Thema. Die Pixelmator-App für iOS ist wesentlich preiswerter als ihr Affinity-Photo-Pendant, ist allerdings funktional eher dünn ausgestattet: Zwar besitzt die App Ebenen und Bilder können mit dem Apple Pencil bearbeitet und retuschiert werden. Allerdings ist die Zahl der Werkzeuge stark eingeschränkt und erinnert eher an ein reines Zeichenprogramm wie zum Beispiel Procreate : Zahlreiche Pinsel erlauben das Zeichnen mit dem iPad, vom Mac übertragene Dateien lassen sich zwar bearbeiten, allerdings lassen die Werkzeuge tiefer gehende Optionen vermissen. Mehr als kleine Malereien im Foto, Verzerrungen und simple Montagen sind mit der Pixelmator-App kaum möglich.

Ganz anders Affinity Photo für das iPad: Die mit dem neuen iPad Pro erschienene iOS-Version der App ist die erste wirklich ernstzunehmende Bildbearbeitung für Apple-Mobilgeräte und lässt auch die iOS-Versionen von Adobe-Produkten weit hinter sich: Die Werkzeugpalette orientiert sich in vielerlei Hinsicht an der Desktop-App und bietet fast identische Funktionen, darunter auch die Möglichkeit, Fotos zu restaurieren, Echtzeiteffekte und den Export ins Photoshop-Format. Die Möglichkeiten des Apple Pencil kann hier voll ausgespielt werden, da die App für dieses Eingabegerät optimiert ist und sich dementsprechend hervorragend als hochpräziser Mausersatz verwenden lässt. So ist es problemlos möglich, zum Beispiel pixelgenaue Retuschen am iPad Pro vorzunehmen, während die Mac-Version für die RAW-Ausbelichtung oder die Druckvorstufe verwendet werden kann. Grundsätzlich eignen sich sowohl Pixelmator, als auch Affinity Photo auf dem iPad auch als Standalone-Software: Die Mac-Software ist nicht zwingend nötig, macht aber bei Pixelmator vieles einfacher. Affinity funktioniert hingegen für sich: Wer mit dem relativ kleinen iPad-Bildschirm leben kann, kann hier im Grunde alle Bearbeitungsschritte durchführen, die nötig sind, um ein Foto fertigzustellen. Das ist bei Pixelmator anders, die Mac-Version besitzt deutlich mehr Funktionen als das iOS-Pendant.

Vier Stufen der Bildbearbeitung
Die vier Programme Apple Fotos, Pixelmator, Affinity und Photoshop vier Stufen auf dem Weg zur professionellen Bildbearbeitung: Fotos ist für einfache Basisarbeiten und User gedacht, die keine größeren Bearbeitungen vornehmen wollen, Pixelmator erlaubt genau diese, ohne jedoch unnötig komplex zu werden. Affinity richtet sich an Profis oder solche, die es werden möchten, doch den Standard und das Nonplusultra markiert nach wie vor Adobes Photoshop. Gerade Affinity Photo zeigt aber deutliche Tendenzen, Adobe mittelfristig ordentlich zu ärgern, vor allem im semiprofessionellen Segment und dort, wo keine all zu komplexen Arbeiten anfallen.
Fazit: Affinity für Profis, Pixelmator für Hobbyisten
Unter dem Strich haben sowohl Pixelmator, als auch Affinity Photo ihre Existenzberechtigung. Pixelmator ist funktional jedoch deutlich unterhalb von Affinity angesiedelt und erhebt selbst auch nicht den Anspruch, dem Adobe-Platzhirsch Photoshop Konkurrenz zu machen. Ganz anders Affinity, das sich, wenn auch unterschwellig mit dem Hinweis auf die Vollversion ohne Abo auf der Website, als Photoshop-Ersatz platziert. Dementsprechend ist Pixelmator vor allem für den Einstieg in die Bildbearbeitung und User gedacht, denen die Werkzeuge von Apples Fotos oder Apples Vorschau nicht mehr ausreichen. Affinity hingegen bietet ein vollständiges Set professioneller Tools, die es tatsächlich in die Nähe von Photoshop rücken. In vielen Fällen etwa in kleinen Fotoläden oder bei kleineren Projekten oder dürfte Affinity auch vollkommen ausreichen. Wer allerdings als professioneller Grafiker mit Photoshop arbeitet, dürfte sich nur schwerlich umstellen können und dürfte wohl auch bei Affinity die ein oder andere tiefergehende Option vermissen.
Übrigens: Aufgrund des niedrigen Preises von Affinity und Pixelmator zusammen mit der iOS-App kostet das Affinity-Gesamtpaket 76,98 Euro, das Pixelmator-Paket sogar nur die Hälfte kann es durchaus sinnvoll sein, einfach beide Programme anzuschaffen. Schließlich kostet Photoshop im Abo derzeit 23,79 Euro, wodurch sich Affinity nach drei, Pixelmator schon nach 1,5 Monaten amortisiert.