”Stephen Hawking’s Snapshots of the Universe” heißt die iOS-App in voller Länge. Und sie bietet in der Tat nur auf Englisch Momentaufnahmen zu unterschiedlichen Themen dazu, wie Steven Hawking und andere Wissenschaftler sich die Entstehung und den Aufbau unseres Universums derzeit vorstellen. Bekannt ist der britische Wissenschaftler für seine zahlreichen populärwissenschaftlichen Bücher. Die App versäumt es nicht, immer wieder an passender Stelle auf diese hinzuweisen. Sinnvolle Werbung in diesem Fall – denn um sich wirklich auch als Laie in das Thema zu vertiefen, kommt man an diesen Werken von Hawking kaum vorbei. Sie sind bei aller Komplexität der Thematik doch gut verständlich und unterhaltsam geschrieben.
App schlichter als Hawking-Bücher
Hält die App dieses Niveau? Trotz einiger vertiefender Begleittexte schafft sie das nicht. Die ”Schnappschüsse” sind eher als Einstieg in die unterschiedlichen Theorien und Thesen zur modernen Kosmologie zu betrachten. Wer der englischen Sprache mächtig ist, wird daran durchaus Vergnügen und Erkenntniszugewinn haben.
Doch weder App noch Bücher und die dort präsentierten Theorien lassen sich ohne intensiveren Blick auf den Autor würdigen. Denn Stephen Hawking ist zu einer zugleich tragischen wie genial-kreativen Ikone des Wissenschaftszeitalters geworden. Jeder kennt die Bilder von ihm, wie er zusammengesackt und unbeweglich in seinem Rollstuhl sitzt, der mit allerlei Technik wie vor allem dem Sprachcomputer ausgestattet ist. Die App macht davon auch auf durchaus ironische Weise Gebrauch – ganz im Sinne von Hawking, der sich trotz seines schweren Schicksals einen guten britischen und selbstironischen Humor bewahrt hat.
Ein Leben zwischen Tragik und Genie
Die Fakten sind weithin bekannt, zuletzt hat auch der Hollywood-Film ” Die Entdeckung der Unendlichkeit ” auf beeindruckende Weise (unter anderem mit einem Oscar in der Kategorie Bester Hauptdarsteller für Eddie Redmayne als Stephen Hawking) die tragische Entwicklung vom aufstrebenden brillanten Oxford-Physikstudenten hin zum schwerbehinderten, dabei genialen Wissenschaftler mit Weltruhm einem Massenpublikum nahegebracht. Hawking, 1942 in England geboren, erkrankte kurz vor seinem 21. Geburtstag an Amyotropher Lateralsklerose (ALS), einer bislang nicht heilbaren degenerativen Erkrankung des motorischen Nervensystems, das zu einem totalen Muskelschwund und an sich in kurzer Zeit zum Tod führt. Es grenzt praktisch an ein Wunder, dass Hawking mit heute 76 Jahren immer noch lebt und öffentlich wirkt – Letzteres aufgrund seines stets weiter entwickelten Sprachcomputers, der sich nur noch mithilfe seiner Wangenmuskulatur betätigen lässt. Unter anderem PC-Welt hat die von Intel entwickelte Software als Open Source für jedermann zugänglich gemacht – leider freilich verhilft die Software allein nicht dazu, geniale Bücher wie Stephen Hawking zu verfassen…
Einfache Experimente, vertiefende Texte
Die App präsentiert in insgesamt acht Kategorien – zwei weitere lassen sich innerhalb der App dazu kaufen – wichtige Einsichten und Erkenntnisse zum Universum respektive dazu, was wir heute darüber zu wissen glauben. Insbesondere nach den einschlägigen Arbeiten von Stephen Hawking und engen Kollegen. Schlichte, aber instruktiv gemachte Grafiken und Texte bringen eine grundsätzliche Einführung zu Themen wie Schwarzen Löchern, Zwillingsparadoxon, Relativität und Bewegung oder Gravitation und Beschleunigung. Kleinere Geschicklichkeitsspiele im Stil von Experimenten oder einfache Rätsel illustrieren die Thematik weiter, allerdings nur auf einem oberflächlichen Niveau. So lässt man Albert Einstein in einem Space Shuttle der Äquivalenz von Gravitation und Beschleunigung nachspüren oder geht auf die Suche nach schwarzen Löchern inmitten zahlreicher Sterne. Ein Button mit der Frage “why?” führt zu vertiefenden Texten, die manchmal durch Videos unterfüttert sind. Dabei ist auch Stephen Hawking mit Erläuterungen aus seinem Rollstuhl inmitten fallender Äpfel aktiv, um das Gravitationsgesetz gemäß Isaac Newton zu demonstrieren – einer dessen Nachfolger auf dem Lehrstuhl in Cambridge er übrigens bis zu seiner Emeritierung war. Dazu scheut man sich auch nicht, die berühmte synthetische Stimme aus dem Sprachcomputer von Hawking zu nutzen – auch diese ist ja, obwohl künstlich, geradezu ein unverkennbares Persönlichkeitsmerkmal für Hawking geworden. Inhaltlich am Konzept der App ist zu bemängeln, dass man weder über das in sich geschlossene Konzept vom Universum durch Hawking (kein Rand, keine Grenzen) oder über aktuellere Modelle wie die String-Theorie erfährt oder dies höchstens in knappen Andeutungen.





















Systemanforderungen und Verfügbarkeit
Die App ” Stephen Hawking’s Snapshots of the Universe ” gibt es im App Store ab iOS 6.0 fürs iPad. Der Download ist 822 MB groß, zu zahlen sind dafür zwei Euro. Für die Erweiterung Stars & Planets Pack zahlt man nochmals 1 Euro. Wie erwähnt, gibt es das Programm ausschließlich in englischer Vertonung.
Fazit und Empfehlung
Wer nach einer verhältnismäßig leichten und überschaubaren Einführung in das Verständnis des Universums nach Stephen Hawking sucht, findet in dieser App durchaus einen guten Einstieg – solide Englischkenntnisse vorausgesetzt. An das Niveau und die Tiefe seiner Bücher wie ”Eine kurze Geschichte der Zeit” und anderer kommt diese Software nicht heran – aber das ist auch gar nicht ihre Absicht. Auch Nutzer mit Laienkenntnissen über Kosmologie, welche die Bücher vielleicht schon kennen, können von den summarischen Übersichtsartikeln und der ein oder anderen Grafik respektive Animation profitieren.