Nachdem die Süddeutsche Zeitung neulich die Design-Ikone Dieter Rams zum Gespräch über Ästhetik gebeten hatte , äußert sich nun Hartmut Esslinger in einem Interview mit t3n zum Thema Gestaltung in der Industrie. Esslinger, dessen Firma Frog Design schon vor dreißig Jahren für die klare Formensprache der Apple-Produkte verantwortlich zeichnete, erklärt dabei, dass man Design nicht nur von der künstlerisch-ästhetischen Seite begreifen dürfe. So sei iOS etwa fein gestaltet, aber die Schriften im Betriebssystem für iPhone und iPad eben schon wieder zu fein, so dass man sie kaum Lesen könne – industrielles Design muss vor allem nutzbar sein. Zudem verrät Esslinger, dass er nur wenig von Walter Isaacsons Jobs-Biographie hält und dass er befürworte, Designer in die Chefetagen der Unternehmen zu bringen. Hier hat das Apple von heute – dem der manische Perfektionismus von Steve Jobs fehle – aber immerhin mit dem CDO Jony Ive eine Vorreiterrolle eingenommen.
Eine bis jetzt unbekannte Tatsache spricht Esslinger ebenfalls im Interview an: Demnach hat sein Team eine wirkliche Innovation schon im Jahr 2001 entwickelt und zunächst Motorola vorgeschlagen. Es handelte sich um das sogenannte Smartphone – ein Handy mit Touch-Bedienung, Internet-Verbindung, einem vollwertigen Betriebssystem inklusive Musikplayer. Esslinger beschreibt dies als eine Fortführung des Macintosh in der Hosentasche. Das Projektkosten prognostizierte Esslinger auf 30 Millionen US-Dollar, das war Motorola zu teuer. Danach hat Esslinger die Idee dem Apple-CEO Steve Jobs vorgestellt.
Diese Version widerspricht der bis jetzt bekannten Erzählweise, Apple habe zunächst an einem Tablet-Computer gearbeitet und bereits fortgeschrittenen Prototypen gehabt, ehe man zur Entwicklung eines Telefons überging so berichtet es unter anderem Walter Isaacson in der von Esslinger als “Bullshit” bezeichneten Biographie. Das iPhone war also quasi ein Nebenprodukt dieser Entwicklung, weil zu der Zeit um 2003 herum keine Touch-Displays in der Größe von 10 Zoll marktreif waren. Weitere Begebenheit am Rande: Motorola hat mit Apple im Jahr 2005 das wenig erfolgreiche “iTunes-Handy” Rokr herausgebracht. Dessen krachendes Scheitern sei der endgültige Ansporn für Apple gewesen, das iPhone-Projekt weiter voranzutreiben.
Hartmut Esslinger war in diesem Prozess zweifelsohne involviert, in einem Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung verriet er vor zwei Jahren, er habe noch einige unbekannte Protoypen in der Schublade, die er aber gewiss nicht herzeigen wolle. Im Rahmen des Patentstreits zwischen Apple und Samsung waren nach 2012 diverse Entwicklungsstadien des iPhone öffentlich geworden.