Bei der Betrachtung der Vergangenheit neigen Menschen ja gerne zur Verklärung: Hach, was waren das für gute Zeiten als Teenager, als man das erste Mal verliebt war und im Hormonrausch ein Mixtape bastelte – und vergisst dabei den grauenhaften Stress der Pubertät. So ist das mit den Menschen: Das Positive bleibt, das Negative wird vergessen – so ist es auch bei den Analogmedien wie Kassetten und Schallplatten. Die liegen zwar derzeit wieder bei jungen Leuten im Trend, weil das „Gefühl“ so angenehm heimelig ist, faktisch sind sie aber technisch überholt, niemand sollte heute mehr ernsthaft mit Bandsalat-Maschinen und stumpfen Plattennadeln, sperrigen Kassettenrekordern und leiernden Tonbandgeräten arbeiten müssen. Argumente für Analogtechnik – von der Schallplatten-Liebhaberei vielleicht einmal abgesehen – gibt es keine mehr, Kassetten und Bänder an sich sind längst nur noch eine staubige, veraltete Hülle für eine längst verklärte Erinnerung, an der der Zahn der Zeit nagt. Denn auch das ist eines der Probleme analoger Aufzeichnungstechnik: Anders als moderne Dateien altert sie mit der Zeit, verliert mit jedem Abspielvorgang an Qualität und wird irgendwann unbrauchbar. Die mit Liebe verklärten Erinnerungen sind dann weg, und das ist schade – Grund genug also, den alten Kram in moderne Digitaltechnik zu überführen.
Alte Aufnahmemedien digitalisieren
Gerade alte Aufnahmetonträger – Bänder, Kassetten, Schallplatten – sind dankbare Objekte der Digitalisierung und Aufbewahrung in iTunes. Aber auch bereits digitale Medien wie Mini-Disks und DAT-Tapes lassen sich problemlos in ein modernes, abnutzungsfreies Format übertragen. Der Vorteil gegenüber Schallplatten: Obwohl analog, sind die meisten Bandmedien sowie Mini-Disks bereits mit einem gewissen Verlust aufgezeichnet, eine Übertragung in ein digitales Dateiformat hat also, anders als zum Beispiel bei Schallplatten von Audiofans befürchtet, keine großartigen negativen Auswirkungen auf die Tonqualität. Hier empfiehlt sich wahlweise MP3 oder das MP3-Nachfolgeformat AAC, das Apple in seinen iTunes-Store-Dateien verwendet. Letzteres ist moderner und qualitativ hochwertiger, hat jedoch den Nachteil, dass es längst nicht mit jedem Abspielgerät zusammenarbeitet. Beide eignen sich mit einer Datenrate von 256 KBit/s und einer Abtastrate von 44 100 Hz in Stereo hervorragend zur Archivierung von Audiomaterial. Alles, was Sie dazu benötigen, ist ein Abspielgerät, ein passendes Kabel für die Verbindung zum Mac sowie eine Aufzeichnungs-Software.
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Das Problem mit dem Abspielgerät
Genau hier scheitert es jedoch nicht selten. Während Kassetten als Tonträger am weitesten verbreitet waren und funktionierende Abspielgeräte wie alte Kassettendecks und Walkmen noch für kleines Geld zu bekommen sind, die sich problemlos per 3,5-mm-Audioklinke mit dem Mac verbinden lassen, sind es vor allem die exotischeren Tonträger, die Probleme bereiten. So sind funktionierende Mini-Disk- und DAT-Player bestenfalls im Gebrauchtmarkt zu bekommen, werden aber bereits jetzt selten, die Suche nach alten Tonbandgeräten gestaltet sich noch schwieriger, zumal nur Geräte mit Audio-Ausgang sinnvoll sind. Die wiederum besitzen oft noch alte drei- oder fünfpolige Din-Stecker, womit auch ein Adapter für die Audioklinke nötig wird. Im Idealfall haben Sie also noch ein funktionierendes Abspielgerät samt Anschlusskabel zur Hand, andernfalls müssen Sie Ebay, Kleinanzeigen und Flohmärkte abgrasen.
Aufpassen bei USB-Lösungen!
Grundsätzlich eine schöne Lösung, allerdings mit einem Haken: Längst nicht jedes Gerät wird von macOS unterstützt, Treiber von Seiten der zumeist exotischen Hersteller sind ebenfalls eher selten, dafür sind die Geräte preisgünstig – sofern man eines erwischt, das mit dem Mac zusammenarbeitet. Allerdings gibt es Geräte mit eingebauter Soundkarte, die vom Mac problemlos erkannt werden.
Vorteil eingebauter Phono-Verstärker
Ein USB-Plattenspieler kann allerdings grundsätzlich von Vorteil sein, wenn es um die Digitalisierung geht, denn viele Modelle besitzen einen eingebauten Vorverstärker und lassen sich damit ohne zusätzliche Hardware per Cinch- oder Line-In mit allen gängigen Aufnahmegeräten – also auch dem Mac – verbinden.
Was taugen Stand-Alone-Geräte?
Und es geht noch komfortabler: Manche USB-Plattenspieler besitzen einen eingebauten MP3-Konvertierer und einen Anschluss für Speicherkarten oder USB-Sticks: Diese Geräte digitalisieren Ihre Musik auf eigene Faust, ganz ohne dass ein Mac oder PC dazwischen geschaltet werden muss. Die manuelle Bearbeitung entfällt. Solche Geräte kosten inzwischen deutlich unter 100 Euro, besonders interessant ist hier übrigens der Technaxx TX-22 für rund 65 Euro, ein Gerät, das sowohl Schallplatten, als auch Kassetten auf eigene Faust in MP3s umwandelt.
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Digitalisierung von Schallplatten? Aber sicher!
Während die Digitalisierung alter analoger Aufzeichnungsmedien wohl niemand kritisieren dürfte, werden Schallplatten-Fans die Nase rümpfen, schließlich kommt, so weiß der Audiophile, nichts an die Klangqualität einer Schallplatte heran. Und natürlich stimmt das auch, allerdings spricht ja nichts dagegen, die Plattensammlung trotzdem zu digitalisieren, denn Schallplattenspieler sind konzeptbedingt natürlich nicht für den Musikgenuss unterwegs geeignet. Zudem muss sich ja niemand von der geliebten Plattensammlung trennen, weil er Alben oder Lieder zusätzlich als „digitales Backup“ in iTunes aufbewahrt. Bei der Digitalisierung von Schallplatten gibt es gegenüber Tonbändern allerdings einen Unterschied: Computer haben keinen „Phono“-Anschluss mit Vorverstärker, daher muss die Digitalisierung entweder über die Stereoanlage mit angeschlossenem Plattenspieler – hier wird die Stereoanlage mit dem Rechner verkabelt –, oder über einen zusätzlichen Phono-Verstärker laufen, den es in verschiedenen Preisklassen bei den einschlägigen Elektronikhändlern im Einzelhandel oder im Netz zu kaufen gibt.
Was tun, wenn‘s brummt?
Die sogenannte „Brummschleife“ ist Folge eines Störstroms, der durch das Massekabel der Geräte verursacht wird. Wenn auch Sie dieses Brummen im System haben, sollten Sie zunächst versuchen, Ihre Geräte an andere Steckdosen zu hängen. In vielen Fällen hilft es sogar, den Netzstecker eines der Geräte einfach herumzudrehen. Zudem sollten Sie versuchen, die Audiokabel möglichst kurz zu halten. Auch ein nicht richtig isoliertes oder durch Verlängerungskabel „gestrecktes“ Audiokabel kann eine Brummschleife verursachen. Glücklich ist, wer ein Notebook besitzt: Ziehen Sie einfach das Ladegerät ab, während Sie die Audiodaten auf Ihren Mac überspielen. Als letzte Maßnahme hilft übrigens auch eine Entkopplung der elektrischen Komponenten. Manche USB-Soundkarten und viele Stereoanlagen besitzen optisch-digitale Eingänge für Toslink-Kabel: Da die Signalübertragung hier optisch erfolgt, kann eine Brummschleife gar nicht erst entstehen.
Digitalisierung durchführen
Haben Sie alles zusammen – Medien, Kabel und Abspielgerät –, müssen Sie das Setup nur noch verkabeln: Stecken Sie das Medium in das Abspielgerät und verbinden Sie dieses mit dem Audio-Eingang Ihres Mac. Hier gibt es allerdings ein Problem: Bei einigen älteren Mac-Modellen gibt es hier keine oder nur eine kombinierte Buchse für Ein- und Ausgang des Line-Signals, bei aktuellen Modellen hingegen verzichtet Apple inzwischen wieder auf die Line-In-Buchse. Die einzige Abhilfe: Der Kauf einer USB-Soundkarte mit Line-In-Anschluss wie etwa das billige Behringer UCA222-Audiointerface (circa 29 Euro) oder das hochwertigere Focusrite Scarlett Solo (etwa 109 Euro). Nun benötigen Sie nur noch eine Software, um die Musik vom Abspielgerät auf den Mac aufzuzeichnen. Grundsätzlich bietet sich dafür das jedem Mac beiliegende Garageband an, eine Alternative ist das Opensource-Tool Audacity, das wir aufgrund seines deutlich höheren Funktionsumfangs dringend empfehlen. Anschließend muss nur noch das Abspielgerät seine Musik wiedergeben, während der Aufnahmeknopf im Programm läuft.
Aufnahmeformat beachten
Natürlich ist es – egal, ob Sie Bandgeräte, Mini-Disks, Audiokassetten oder Schallplatten digitalisieren – sinnvoll, auf die bestmögliche Qualität zu achten. Daher sollte die Aufnahme zunächst in einem nicht komprimierten Dateiformat erfolgen, etwa Wave oder Apples AIFF, da diese verlustfrei sind: Hier können Sie nach Herzenslust schneiden und bearbeiten, entrauschen und entkratzen, was mit Audacity kein Problem darstellt. Die Kompression in ein Dateiformat wie AAC oder MP3 sollte nicht „on the fly“ erfolgen, sondern erst, nachdem alle Bearbeitungsschritte wie Beschneiden oder Rauschentfernung durchgeführt wurden, um das bestmögliche Ergebnis zu erzielen. Anschließend müssen die fertig bearbeiteten Dateien nur noch in iTunes importiert werden und können dann problemlos auf iPhone, iPod und iPad überspielt oder natürlich auf dem Rechner wiedergegeben werden. Der digitale Frühjahrsputz ist damit abgeschlossen, die Songs und Aufnahmen sind sicher auf der Mac-Festplatte verwahrt. Die alten Medien und Wiedergabegeräte können Sie jetzt, sofern sie nicht mehr benötigt werden, im Keller ablegen oder dem Gebrauchtmarkt zuführen.