Noch immer wird der 2013 vorgestellte Mac Pro im Apple Store angeboten, der neue iMac Pro hat den Profi-Rechner aber als erstrebenswerte Workstation so gut wie abgelöst. Kaum noch ein Final Cutter oder 3D-Grafiker wird einen der alten Mac Pro im Store kaufen, dazu ist sein Preis-Leistungs-Verhältnis mittlerweile zu schlecht.
Allerdings gibt es den alten High-End-Rechner aktuell immer häufiger bei Ebay oder als Auslaufmodell wie vor kurzem bei iBood. Für die Einsteigerversion muss man bei Ebay mit knapp 1600 Euro rechnen, selbst besser ausgestattete Modelle mit 512 GB SSD und besserer Grafikkarte bleiben unter der 2000-Euro-Marke. Ist der jetzt vier Jahre alte Rechner aber immer noch ein interessanter Kauf oder soll man besser die Finger davon lassen? Unsere Meinung vorab: Er ist die falsche Wahl – was aber eine ganze Reihe an Gründen hat.
Für VR-Künstler und 8K-Cutter ist der Mac Pro mittlerweile zu langsam, für ein wenig Surfen und Bildbearbeitung sollte die Leistung aber noch viele Jahre mehr als ausreichen. Könnte ein Mac Pro doch eine interessante Lösung für diejenigen Mac-Anwender sein, denen ein Macbook als Desktoprechner zu labil (siehe Überhitzung) aber ein iMac zu unflexibel ist. Neben dem völlig veralteten Mac Mini ist ja der Mac Pro der einzige Mac ohne integrierten Bildschirm.
Immer noch interessant?
Der Rechner hat ja noch immer einiges zu bieten: Man kann problemlos mehrere 5K-Monitore oder bis zu drei (!) 4K-Panel anschließen. Optisch macht er ja ebenfalls noch immer eine gute Figur. Der Rechner bleibt auch nach Stunden unter Hochlast leise. Die verbauten SSDs sind auch nach heutigen Maßstäben noch sehr schnell und im Unterschied zu manchem weit gereistem Macbook standen die Mac Pro ja meist in Büros. Nebenbei ist der Arbeitsspeicher sehr einfach aufrüstbar und auch die SSD ist austauschbar.
Welches Modell?
Faustregel: Je höher der Mac Pro getaktet ist, desto lahmer ist er! Der Mac Pro hat bis zu 12 CPU-Kerne, allerdings sinkt die CPU-Taktung mit der Anzahl der Kerne. Der lahmste Mac Pro mit vier CPU-Kernen (Quadcore) hat deshalb zwar eine Taktung von 3,7 GHz, ist aber mit seinen vier Kernen sogar langsamer als ein iMac 4K. Mehrere tausend Euro Unterschied beim Kaufpreis macht die (leider etwas veraltete) Workstation-Grafikkarte aus, Apple hat im Mac Pro drei Versionen verbaut: Nur 2 GB Videospeicher bietet die AMD Fire Pro D300, die nur in den ersten Produktionsjahren verbaut wurden. Etwas leistungsfähiger ist die D500 mit 3GB Videospeicher, das Topmodell mit 6 GB ist die Fire Pro D700. Hier rächt es sich, dass Apple keine Standard-Grafikkarten verbaut hat, eine Fire Pro D700 ist als Ersatzteil äußerst teuer und kaum zu bekommen. Aber auch bei der Wahl der SSD sollte man auf genug Speicher achten: Es gibt zwar etwa Nachrüst-SSDs von Transcend , diese sind aber noch teurer als der Aufpreis beim Gebrauchtkauf.
Was spricht nun gegen einen Mac Pro?
Selbst ein Mac Pro für 1600 Euro ist immer noch kein Schnäppchen. Will man einfach nur einen schnellen Mac für wenig Geld, bietet mittlerweile sogar schon ein iMac 4K das bessere Preis-Leistungsverhältnis. Für 1600 Euro bekommt man einen nagelneuen iMac 4K mit kleiner SSD, der problemlos mit der Einstiegsversion des Mac Pro mithält. Im Benchmark Geekbench schafft die Einstiegsversion gerade einmal 3711 Punkte im Single-Core und 12 381 Punkte im Multi-Core-Bench – schon der kleinste 4K-iMac erzielt dagegen 4502 Punkte und 12 979 Punkte. Leistungsfähig ist der Mac Pro nämlich nur bei Programmen, die mehrere CPU-Kerne und die Grafikkarte nutzen können – und das sind eher Profi-Programmen. Bei aktuellen Büroaufgaben, Bildbearbeitung und Internetsurfen wird der Mac Pro von jedem aktuellen iMac abgehängt. Auch bei der Leistung der Grafikkarte ist der Mac Pro nicht mehr so überlegen, hat doch Apple allen aktuellen iMacs relativ schnelle Grafikkarten spendiert. Und für aktuelle Spiele taugt der vier Jahre alte Mac Pro ebenfalls nur in den Top-Versionen, liegt doch bei Spielen meist eine der beiden Grafikkarten brach.
In der Praxis sind viele Stärken des Mac Pro nämlich nur für sehr wenige Anwender von Nutzen: Wer benutzt schließlich mehr als einen 5K oder 4K-Monitor? Und dank Thunderbolt 3 kann man einen zusätzlichen 5K- oder 4K-Monitor an jeden Mac anschließen.
2013 war Thunderbolt 2 ein echter Meilenstein, heute kann man dagegen mit den sechs Thunderbolt-Schnittstellen eigentlich wenig anfangen. Für Time Machine ist eine der wenigen Thunderbolt-Festplatten fast schon zu schade, bei aktueller High-End-Peripherie benötigt man bereits Thunderbolt 3. Hat man nicht bereits sehr viel Geld in Thunderbolt-Peripherie investiert, bringen die vielen Thunderbolt-Schnittstellen also wenig. Das gilt ebenso für zwei Gigabit-Ethernet-Schnittstellen: Diese sind toll für den Einsatz als Server, die meisten Heimanwender setzten aber eh auf WLAN.
Beim Kauf eines vier Jahre alten Macs gibt es aber noch ein anderes Problem: Der Mac Pro wird zwar noch einige Jahre Updates erhalten, in einigen Jahren ist dies aber vorbei. Gebrauchtkäufe sind außerdem immer riskant, selbst wenn der Vorbesitzer den Mac Pro „viel zu wenig genutzt“ hat: Kondensatoren gehen nach vielen Jahren des Betriebs irgendwann kaputt, Lüfter leiern aus und SSDs fallen nach einer bestimmten Anzahl an Betriebsstunden aus. Vor allem eine defekte Grafikkarte macht den teuren Mac Pro zum wirtschaftlichen Totalausfall. Ein Mainboard oder eine Grafikkarte als Ersatzteil zu erhalten ist nämlich nicht nur schwierig, sondern auch äußerst teuer.
Fazit: Ein Mac Pro für 1600 Euro wirkt für manchen Mac-Fan vielleicht begehrenswert, handelt es sich doch um einen echten Meilenstein der Mac-Geschichte. Für die meisten Anwender ist aber ein iMac oder Macbook einfach die bessere Wahl.