Als Elternteil, dessen 6-jähriger Nachwuchs zurzeit in ein paar lächerlich zeitraubenden iPad-Spielen herumhängt, begrüßte ich die Ankündigung der neuen Funktion Screen Time, die mit iOS 12 auf iPhone und iPad kommt. Aber leider ignoriert Screen Time die Realität: Viele Familien teilen sich ein iPad.
Ohne Benutzerkonten in iOS funktionieren die Aktivitätsberichte und zeitbegrenzende Funktionen in Screen Time einfach nicht wie vorgesehen, wenn sich mehrere Personen in einem Haushalt ein Gerät teilen. Der Mac hat Benutzerkonten und den schnellen Benutzerwechsel, beides fehlt in iOS. Mit dem Amazon-Service FreeTime Unlimited können Eltern jedem Kind unterschiedliche Berechtigungen erteilen und die Aktivitäten jedes Einzelnen einzeln verfolgen, aber ich will nicht ewig auf Apple für eine äquivalente Lösung warten müssen.
Schließlich hat das Unternehmen überhaupt keinen Anreiz, ein Problem zu beheben, dessen natürliche Lösung “Kauft mehr Apple-Produkte” ist.
So funktioniert Screen Time in iOS 12
Screen Time zeigt eine Zusammenfassung Ihrer Aktivitäten, so dass Sie sehen können, mit welche Apps Sie sich am Häufigsten beschäftigen – und aufhalten.
Die neue Screen-Time-Funktion von iOS 12, in der App “Einstellungen” untergebracht, gibt Ihnen wöchentliche Berichte über Ihre Aktivitäten auf Ihren iOS-Geräten, also wie viel Zeit Sie für jede App aufwenden, wie oft Sie Ihr Handy zu jeder Stunde des Tages in die Hand nehmen und nutzen und welche Apps Sie dazu verleitet haben. Sie können sogar sehen, welche Apps Ihnen die meisten Benachrichtigungen senden.

©Apple
Diese Funktion soll Ihnen Einblicke in Ihr Verhalten geben und Ihnen dabei helfen, Ihre Gewohnheiten zu ändern und die Abhängigkeit vom Smartphone oder Tablet zu reduzieren. Wenn Sie zwangsweise nach jedem Entsperren in Instagram schauen, können Sie etwa die kleine rote Ziffer mit Anzahl der Neuigkeiten von seinem Icon entfernen oder das App-Symbol gleich von Ihrem ersten Startbildschirm entfernen.
Mit Zeitlimits gehen Sie noch weiter und teilen iOS mit, dass Sie sich nur eine Stunde Instagram-Zeit pro Tag und/oder die Nutzung erst nach 17 Uhr erlauben wollen. Wenn diese Zeit abläuft, schlägt Ihnen der Bildschirm vor, eine andere App zu benutzen – oder gar das iPhone oder iPad für eine Weile zur Seite zu legen. So weit, so gut.
Bildschirmzeit für Eltern und Familien
Das hört sich fast wie eine Kindersicherung für Sie selbst an, und das ist es auch! Und wenn Sie eine Familienfreigabe eingerichtet haben, die mehrere Apple IDs miteinander verknüpft, um Inhalte, Fotos, Apps, einen Familienkalender und mehr gemeinsam zu nutzen, können Sie auch Berichte zur Bildschirmzeit auf den Geräten der anderen erhalten und vor allem Zeitlimits für Ihre Kinder festlegen.

©Apple
Die Kontrollen sind viel granularer als das, was bisher in iOS vorhanden war. In iOS 11 gibt es viele Ein- und Ausschaltmöglichkeiten für Dinge wie das Installieren von Anwendungen und die Verwendung von Facetime, und Sie können Apps, Filme und Fernsehsendungen basierend auf Altersbewertungen einschränken, Musik mit expliziten Texten blockieren und sogar Safari auf eine Liste von erlaubten Websites beschränken.
Aber ab iOS 12 können Sie für Ihr Kind beispielsweise die Nutzung auf genau eine Stunde Spiele pro Tag und keine Apps außer Apple Books nach 20 Uhr an Schulabenden beschränken. Die Erwachsenen in einer Familienfreigabe verwalten dabei die Berechtigungen aus der Ferne und sehen die Berichte für die Konten ihrer Kinder ein.
Warum iOS Benutzerkonten benötigt
Das macht es wichtiger denn je, dass Apple uns weiter entgegen kommt und endlich Benutzerkonten in iOS einsetzt. Je jünger Ihre Kinder sind, desto mehr möchten Sie vielleicht ihre Aktivitäten einschränken – aber desto unwahrscheinlicher ist es, dass sie ihr eigenes iPhone oder iPad haben, das sie exklusiv benutzen.

Ja, es ist wichtig, dass Sie bei hren Kindern (besonders den Kleinen) sind, wenn diese in der Familie geteilte Geräte benutzen. Keine Kindersicherung der Welt kann die aktive Erziehung ersetzen. Trotzdem ist es eine Schande, dass die Screen-Time-Funktion nur dann funktioniert, wenn jeder Benutzer sein eigenes Gerät hat.
Mein Sohn zum Beispiel teilt sich ein iPad mit mir. Einige Apps darauf sind seine eigenen – er ist gerade bei Dragon City Mobile angekommen, wo man Drachen aufzieht und sie bekämpft, und spielt auch gerne den süchtig machende Weltenbauer Township. Beides sind Freemium-Titel, deren Geschäftsmodell es ist, den Spieler so lange wie möglich zu fesseln. Wenn ich diese Titel zeitlich begrenzen würde (und das würde ich!), würde er diese Zeit alleine verbrauchen und alles wäre in Ordnung. Aber wir benutzen beide Netflix, Hulu und Apple Books. Es wäre also schwieriger, diese Apps zu beschränken, da wir mehr oder weniger um die Zeit von Netflix konkurrieren könnten.
Ohne Benutzerkonten oder schnellen Benutzerwechsel ist das iPad auch ständig in meinem iCloud-Konto angemeldet. Das Abmelden aus der iCloud über die Einstellungsanwendung trennt auch die Verbindung zu “Mein iPhone suchen” und löscht optional alle meine Kontakte, E-Mails und Kalenderdaten. Das ist nun wirklich keine elegante Lösung, um dem iPad mitzuteilen, wer es gerade benutzt.

©Amazon
Amazon hat aber eine solch elegante Lösung für die oben beschriebenen Probleme: Wenn Eltern den Dienst FreeTime Unlimited für ein Fire- oder Android-Tablett buchen, können sie Konten für bis zu fünf Kinder einrichten. Jedes Kind kann unterschiedliche Berechtigungen und Zeitlimits erhalten, und Eltern erhalten Berichte für jedes einzelne Kind, selbst wenn sie alle dasselbe Tablett verwenden. FreeTime Unlimited ist in FireOS (und in seiner eigenen App für Android-Tablets) enthalten, so dass Kinder beim Öffnen einfach ihr Konto auswählen und altersgerechte Inhalte und Anwendungen sehen, die nur für Sie bestimmt sind.
Wie Apple es besser machen könnte
Da Apple zukünftige Versionen von macOS und iOS weiter integriert, wäre es gut, Benutzerkonten für genauere Bildschirmzeitberichte und Kindersicherung auf gemeinsam genutzten Geräten hinzuzufügen. iOS müsste nicht einmal die gesamte Oberfläche für jeden Benutzer umstellen, wie es bei macOS der Fall ist. Wenn Sie ein Familien-iPad einrichten, können Sie eine Apple-Master-ID einloggen und dann angeben, welche anderen Familienemitglieder dieses iPad verwenden und sogar welche Apps sie verwenden. Wenn Sie dann eine dieser Anwendungen starten, würde ein schnelles Popup-Fenster bestätigen, welcher Benutzer die Anwendung verwendet.
Solange die Home-Taste mit Touch ID auf dem iPad bleibt, kann jeder Benutzer an seinem Fingerabdruck erkannt werden. Und wenn die TrueDepth-Kamera auf das iPad kommt, werden wir sogar mit Face ID erkannt. Wie cool wäre das denn?

©Apple
Aber das wird wahrscheinlich nicht passieren.
Machen wir uns nichts vor: Apple weiß bereits, dass wir Benutzerkonten für gemeinsam genutzte iPads benötigen. Wir wollten schon immer Benutzerkonten auf gemeinsamen iPads. Tatsächlich unterstützen iPads, die im Klassenzimmer verwendet werden, mehrere Benutzerkonten, die vom School-Manager-Portal verwaltet werden.
Aber Apple sieht keinen Anreiz, diese Bequemlichkeit in Privathäuser zu bringen. Es sieht so aus, als wolle das Unternehmen uns einfach mehr Geräte verkaufen: Einem jeden eines. Oder besser zwei bis drei: Smartphone und Tablet.
Aber vielleicht wird Apple eines Tages doch noch die Erkenntnis treffen. Schließlich betteln die neueste Hardware wie das Apple TV 4K und der HomePod gerade darum, von jedem in der Familie verwendet zu werden. Und denken Sie nur daran, wie viel besser könnte Apples maschinelles Lernen auf dem Gerät sein, wenn es tatsächlich wüsste, wer das Gerät zu einem bestimmten Zeitpunkt benutzt.
Bis dahin bleibt das iPad meines, und meine wöchentlichen Aktivitätszusammenfassungen werden durch die Marathonsitzungen in Dragon City für immer verzerrt sein.