Der Nachtmodus war das Highlight des Mac-Abschnittes auf der WWDC. Doch Apple hat überraschenderweise auch neue Apps für den Desktop gezeigt: Aktien, Nachrichten, Home und Sprachmemos. Sicherlich waren diese vier Anwendungen ein Beispiel, wie man iOS-Apps leicht mit den neuen Entwickler-APIs und -Kits auf den Mac übertragen kann. Wir finden jedoch, eine App aus dem Standard-Paket hat Apple unverdienter Weise vergessen – die Erinnerungs-App.
Apple hat die Erinnerungen für iOS im Jahr 2011 mit iOS 5 vorgestellt, ein Jahr später landete die App auch auf dem Mac (ab Mac-OS X Mountain Lion). Seitdem bleibt das Programm weitgehend unangetastet. Im Vergleich dazu haben beispielsweise Fotos oder aber die iWork-Apps fast schon dramatische Änderungen erlebt. So haben ursprünglich die Entwickler die erste Version von Fotos bar vieler Bearbeitungsfunktionen gebracht, was selbstverständlich für Unmut bei den Nutzern sorgte. Mittlerweile hat sich die Foto-App zu einem veritablen Bildbearbeitungsprogramm gemausert, nur noch Collage-Funktionen fehlen, um Photoshop Essentials & Co. zumindest teilweise auf den Rechnern der Privat-Nutzer zu ersetzen. Genauso erging es Pages, Numbers und Keynote: Nach dem Umstieg auf die gemeinsame Code-Basis mit iOS im Jahr 2013 vermissten Nutzer animierte Übergänge in Keynote, Seitenlayout in Pages und mehrere Sortier- und Formel-Funktionen in Numbers. Mittlerweile sind die Programme auf dem Stand von vor fünf Jahren, in manchen Aspekten deutlich weiter .
Seit Mountain Lion nichts Neues
Die Erinnerungen-App ist jedoch auf dem gleichen Stand von Mountain Lion geblieben – eine einfache App für simple Erinnerungen an bestimmten Ort oder zu bestimmten Zeiten. Die ortsgebundenen Erinnerungen sind eigentlich ein Erbe der iOS-App, die zeitgesteuerten Erinnerungen haben jedoch auf dem Mac nicht mal die Hälfte des möglichen Potentials einer solchen App ausgereizt. Vor allem vermissen wir an der App eine echte Integration mit den nativen Apps der iWork- oder auch iLife-Suite.
Die erste logische Erweiterung für die Erinnerungen auf dem Mac wäre aber eine Anknüpfung an Mail. Bis jetzt verstehen sich die beiden Apple-Apps nicht untereinander, nur mit Hilfe von Apple Script und/oder Automator kann man die Mail dazu bringen, einzelne elektronische Briefe an Erinnerungen abzugeben, so dass man die Nachverfolgung der wichtigen Anfrage oder einer anstehenden Antwort nicht mehr vergisst. Klar, bietet auch Outlook für Mac eine Möglichkeit, eine wichtige Mail nachzuverfolgen, selbst ein Tastaturkürzel ist dabei, doch Outlook gehört erst in das teurere Home-and-Business-Paket von Microsoft, die Home-und-Student-Lizenz beinhaltet den Mail-Client von Microsoft nicht.
Nicht in Erinnerungen teilen
Auch bei anderen Apple-Apps fehlt beim Teilen-Menü die Erinnerungen-Funktion, diese ist vor allem im normalen Arbeitsalltag wichtig: Will man ein PDF-Formular später ausfüllen, könnte man doch leicht aus dem Finder heraus eine Erinnerung mit der betreffenden Datei erstellen. Nach dem Aufpoppen muss man nicht umständlich wieder im Finder herumwühlen, bis man die Datei findet, sondern könnte mit einem Klick auf den Alias-Link aus der Erinnerung das gesuchte Formular öffnen. Apple scheut wohl diesen Schritt, weil dabei die Synchronisation zwischen Mac- und iOS-Geräten etwas auf der Strecke bleibt, haben doch die meisten Mac-Nutzer den Schritt zu dem iCloud-Mac noch nicht gewagt.
Selbst wenn der Entwickler keine neuen Funktionen der Erinnerung-App spendiert, sondern nur die Oberfläche insofern überarbeitet, dass sie weniger unübersichtlich wird, ist damit schon viel getan. Momentan nehmen in der Seitenleiste unterschiedliche Account-Namen den Platz weg, die meisten werden erfahrungsgemäß nicht genutzt. Die Ansicht für Kalender versteckt sich ganz unten und bietet an sich wenig Infos zur Orientierung. Auch die aktuelle Listenansicht ist ein wenig chaotisch: Die Datumsangaben und die Uhrzeiten – eigentlich das Wichtigste an einer Erinnerung – sind mitten in der Zeile versteckt. Kurz um, die Erinnerungs-App ist auf dem Stand von 2012 geblieben und seitdem (fast) gar nicht angepasst. Diese sollen sich die Apple-Entwickler auf ihre Erinnerungsliste für die nächste WWDC setzen. Oh, wait…