Als der Apple-Ingenieur Xialong Zhang seinem Vorgesetzten erklärt, er wollte kündigen, reagiert dieser misstrauisch. Der seit 2015 bei Apples legendären Geheim-Projekt Titan beschäftigte Ingenieur hatte erklärt, er wolle beim chinesischen Startup Xmotors anfangen und mehr Zeit bei seiner kranken Mutter in China verbringen. Außerdem verhielt er sich „ausweichend“ wie in dem Gerichtsdokument „USA vs Xiaolang Zhang“ steht, das Macrumors veröffentlicht hat. Zhangs Vorgesetzter zog noch während der Besprechung am 30. April einen Mitarbeiter von Apples so genannter New Product Security hinzu.
Wie anscheinend üblich musste Zhang sofort seine Firmengeräte abgeben, zwei iPhones und ein Macbook. Die Security von Apple deaktivierte außerdem sofort seinen Netzwerkzugang, Zutrittsrechte, VPN-Zugang und andere Mitarbeiterrechte. Er wurde außerdem über Apples Intellectual Property Policy belehrt und aus dem Campus geleitet. Das war aber noch nicht alles: Die für den Schutz vor „Leaks“ zuständige Abteilung New Product Security ließ sofort Zhangs Zugriffe auf Apple-Datenbanken analysieren, ein Bevollmächtigter der so genannten Apple Global Security (eine Art Apple-Polizei) prüfte die Anwesenheitszeiten und Überwachungsvideos von Zhang auf dem Campus. Zuletzt ließ ein Bevollmächtigter für Sicherheit von der Abteilung Apple Information Security (schon der dritten beteiligten Abteilung) eine forensiche Analyse der Apple-Geräte durchführen. Das klingt übertrieben, aber alle wurden fündig:
Einige Tage vor seiner Kündigung hatte Zhang plötzlich intensiv auf interne Apple-Datenbanken zugegriffen und zahlreiche Daten heruntergeladen. Dazu gehörten technische Daten über Prototypen und ihre Anforderungen. Aber auch die Überwachung der Campus-Aktivitäten zeigte Verdächtiges: Eine Überwachungskamera nahm ihn an einem Samstag auf, wie er die Labore für die Entwicklung eines autonomen Fahrzeuges mit Tastatur, Kabeln und einer großen Kiste verließ – alles am Wochenende, in dem er eigentlich in seinem Vaterschaftsurlaub war.
Apple reagierte alarmiert und lud Zhang schon am ersten Mai zu einem Gespräch ein. Nach erstem Leugnen gab Zhang den Besuch zu und erklärte sich bereit, die damals mitgenommenen Geräte zurückzubringen. Er gab auch zu, die vor einigen Tagen heruntergeladenen Daten auf den Laptop seiner Frau übertragen zu haben – per AirDrop. Auf Wunsch von Apple holte Zhang diesen Laptop, der sofort überprüft wurde – und kürzlich mit 40 GB an Daten befüllt wurde. Wie spätere Untersuchungen zeigten, sehr sensibles Materials zu Apples Projekt.
Interessant: Laut Dokument hatten immerhin 5000 Apple-Angestellte Zugriff auf die Daten von Apples Auto-Projekt, auf eine noch geheimere Datenbank nur 2700 „Core“-Angestellte. Offensichtlich waren also wirklich bis zu 5000 Apple-Mitarbeiter mit Apples Car-Projekt beschäftigt. Vermutlich gilt dies aber für die Hochzeiten des Projektes, in den letzten Jahren klangen die Zukunftsaussichten des Projektes wenig aussichtsreich .
Das nächste Gespräch führte Zhang dann am 27. Juni mit Mitarbeitern des FBI, die seine Wohnung durchsuchten. Als er aber am 7. Juli ohne Familie ein Flugzeug nach China bestieg, wurde er unter dem Verdacht des Diebstahls an Geschäftsgeheimnissen (theft of trade secrets) verhaftet – laut Anklageschrift ist eine Strafe von bis zu zehn Jahren Gefängnis und eine Geldstrafe von 250 000 US-Dollar möglich. Dabei hat er die Daten nach eigenen Angaben nicht weitergegeben. Das chinesische Unternehmen Xmotors hat gegenüber Reuters bereits bekräftigt, es habe keinerlei Informationen von Apple erhalten und sich bereits von Zhang getrennt.