Der Hersteller hat mit dem Homepod einen immer noch recht einfältigen Smartspeaker auf dem Markt und macht auch sonst wenig Fortschritte, wenn es um darum geht, unsere Wohnungen mit smarten Assistenten auszurüsten. Wieso ist das so?
Ein verkorkster Start
Schon im Vorfeld der WWDC-Keynote im Juni 2017 stand der Homepod unter keinem guten Stern. Die Fachwelt war sich einig, dass Apples Version eines smarten Lautsprechers viel zu spät komme, Google und vor allem Amazon seien längst enteilt, der Kampf der Giganten schon entschieden.
Als Marketingchef Phil Schiller den Homepod dann vorstellte, fühlten sich die Kritiker bestätigt: Es war nämlich in erster Linie ein Lautsprecher und nur in zweiter Linie smart. Apple legte den Fokus auf das tolle Klangerlebnis, das ein Homepod bereitet. Und sonst? Da, wo Amazon eine Entwicklerschnittstelle für Alexa anbietet, die die Funktionalität deutlich erweitert, waren die Fähigkeiten des Homepods schnell zu Ende erzählt: Musiksteuerung, Infos abrufen zu gerade spielenden Songs, aktuelle News, Erinnerungen und iMessages vorlesen, sowie Timer stellen. Und natürlich Sprachsteuerung für Homekit-Geräte. Nicht wenig, aber auch nicht wirklich viel. Vor allem, da essentielle Features nicht mit an Bord waren — das Abrufen und Erstellen von Kalenderereignissen zum Beispiel. Oder mehrere Timer auf einmal stellen.
Auf dem Homepod: Das muss Siri noch können
Der schlechte Start setzte sich nahtlos fort: Zunächst für Ende 2017 angekündigt, verzögerte sich der Verkaufsbeginn in den USA. Letztendlich launchte der Homepod erst am 9. Februar 2018. Noch einmal vier Monate länger musste man hierzulande warten. Am 18. Juni kam der Homepod dann auch nach Deutschland. Seitdem fristet der Homepod ein Schattendasein. Zwar bekam der Lautsprecher mittlerweile ein Software-Update spendiert, was unter anderem Anrufe, Kalenderunterstützung und mehrere Timer auf einmal ermöglicht, so richtig durchgestartet ist er aber nicht.
Und die Konkurrenz schläft nicht.
Amazon prescht voran, Google beeindruckt mit KI
Schon zwei Jahre vor der Ankündigung auf der WWDC 2017 veröffentlichte Amazon seinen Smart Speaker, den Amazon Echo mit der virtuellen Assistentin Alexa. Seitdem flutete Amazon den Markt mit immer wieder neuen Varianten des Echos. Zunächst als schwarzen Zylinder konzipiert, folgte schon bald der kleine Bruder Echo Dot. Hinzu kamen seitdem nicht weniger als acht verschiedene Varianten. Unter anderem der Echo Show, eine Art Stand-Display mit Alexa, oder der Echo Spot, das einen Wecker imitiert und für den heimischen Nachttisch konzipiert wurde.
Und natürlich bietet Amazon eine Programmierschnittstelle namens Skills an, mit der Drittanbieter kleine Zusatzfunktionen für den Echo programmieren können. Davon stehen mittlerweile über 15.000 zur Verfügung — zugegeben in sehr unterschiedlicher Qualität.
Aber auch Google lag nicht auf der faulen Haut, sondern entwickelte das eigene Smart-Speaker-Angebot kontinuierlich weiter. Zwar deutlich später als Amazon, aber immerhin noch über ein Jahr vor Apple, stellte Google am 18. Mai 2016 den Google Home vor. Ein halbes Jahr später kam er in den USA in den Handel, im August 2017 dann auch in Deutschland. Im Mittelpunkt steht bei Google eindeutig der hauseigene smarte Assistent Google Assistant, den man schon von Android-Phones kennt. Dieser soll proaktiv, also ohne Aufforderung des Nutzers, passende Informationen anzeigen und im Falle vom Google Home auch ansagen. Ein Nutzungsszenario ist hier die Ansage von Stau vor der Fahrt zu einem Termin.
Neben dem ursprünglichen Home hat Google nun auch eine deutlich kleinere, sowie eine größere Variante mit Stereolautsprechern im Angebot: den Home Mini, sowie den Home Max. Mit der Keynote vom 9. Oktober gesellt sich nun der Home Hub hinzu, der ähnlich wie der Echo Show ein smartes Display ist.
Gefühlt ist also bei Apples beiden größten Mitbewerbern eine Menge los, wenn es um smarte Lautsprecher, Sprachassistenten und generell ein smartes Zuhause geht. Dass Amazon oder Google bald auf die Bremse steigen, erscheint unwahrscheinlich. Viel eher scheint sich die Lücke zu vergrößern, wenn Siri immer noch nicht mit Rückfragen seitens des Nutzers umgehen kann, die Google KI aber bereits automatisierte Anrufe mit echten Menschen tätigt .
Warum ist das so?
Grundsätzlich unterschiedliche Strategien
Die Antwort liegt in den unterschiedlichen Strategien der drei Unternehmen. Jeff Bezos, der Gründer von Amazon, hat schon immer den Ansatz verfolgt, so viel wie möglich auszuprobieren, um zu schauen, was am Markt funktioniert und was nicht. Amazon schrieb jahrelang rote Zahlen, weil man Gewinne sofort reinvestierte und aggressiv auf Wachstum setzte. Ähnlich verhält es sich nun beim Echo. Amazon möchte jede Nische des täglichen Lebens abdecken und bringt in kurzen Abständen viele verschiedene Geräte heraus. Deswegen wurde kürzlich sogar eine Mikrowelle mit Alexa-Integration vorgestellt. Vielleicht hat sie ja Erfolg.
Und da Amazon Neuheiten selten auf Hochglanz poliert, kann auch bei der Entwicklung gespart werden. Erst wenn sich eine Kategorie durchsetzt, wird sie wirklich zu Ende entwickelt, wie man nun beim Echo Show 2 sehen kann, der ein deutlich schöneres Design als sein Vorgänger bekommen hat. Historisch sieht man diese Herangehensweise auch beim Kindle, der in seiner ersten Version ziemlich furchtbar aussah.
Und wenn ein Gerät mal floppt? Kein Problem. Dann verschwindet es einfach wieder aus dem Line-Up, es sind ja noch genügend andere da. Amazon betreibt hier letztendlich auch Risikominimierung, da man das Geschäft nicht von einem einzigen Produkt abhängig macht.
Das andere Standbein ist die Integration von Alexa in Fremdprodukte. So arbeitet Amazon beispielsweise mit Microsoft zusammen, damit sich die Windows-Assistentin Cortana und Alexa verstehen. Ein anderes Beispiel ist BMW. Die Münchner statten seit Mitte diesen Jahres alle BMW- und Mini-Modelle mit Amazons Sprachassistentin aus.
Die Strategie ist klar: Alexa und damit Amazon soll in möglichst alle Lebensbereiche vordringen. Sei es durch eine Vielzahl verschiedener Echo-Modelle, die auch gern mal etwas unfertig rüberkommen dürfen. Hauptsache, man hat etwas auf dem Markt. Und was man selbst nicht abdecken kann, löst man über Kooperationen mit anderen Herstellern. Dass auch Alexa nicht allmächtig ist, wenn es um clevere Antworten geht, kann man zudem eher verschmerzen. Es stehen ja genügend Skills zur Verfügung.
Google setzt demgegenüber voll auf das Thema Künstliche Intelligenz. Hier hat man unbestritten seine Stärken. Auch wenn es reichlich Kritik am künstlichen Anruf beim Friseur gab, ist allein die Fähigkeit der Google KI sehr beeindruckend. Dass Siri so etwas zustande bringen könnte, scheint Lichtjahre weit entfernt zu sein.
Die triste Gegenwart vom Homepod und Siri
Was hat sich seit dem holprigen Start bei Apple getan? Die Antwort ist zweigeteilt. Auf der einen Seite kann man Apple sicher attestieren, dass sie bemüht waren, das Produkt Homepod zu verbessern. Endlich können Telefonate geführt und mehrere Timer gestellt werden. Und sicher wird auch dem ein oder anderen gefallen, dass man nun Lieder anhand ihres Textes suchen kann. Schritte in die richtige Richtung also.
Eine echte Weiterentwicklung stellt zudem die (verspätete) Ankunft von Airplay 2 dar. Das neue Protokoll für drahtlose Soundübertragung ermöglicht es, zwei Homepods im Stereobetrieb zu nutzen, was das ohnehin schon gute Klangerlebnis noch deutlich verbessert. Der Homepod hat sich also in einem bescheidenen Rahmen durchaus weiterentwickelt. In Sachen Hardware war er sowieso über alle Zweifel erhaben.
Was allerdings nach wie vor nicht wirklich vorankommt, ist Siri. Und hier liegt das eigentliche Problem von Apple. Trotz der Einführung von Siri Shortcuts. Natürlich hat Apple den Homepod in erster Linie als Lautsprecher und nur in zweiter Linie als smart präsentiert. Dieses Framing dürfte aber wohl aus der Not geboren sein, da Siri nicht zum Verkaufsschlager taugt. Ebenso verhält es sich mit Siri Shortcuts. Die gefundene Lösung ist genial und verschafft iOS völlig neue Möglichkeiten. Aber letztendlich dürfte sie nur so ausgefallen sein, da Siri einfach nicht intelligent genug ist. Viel zu häufig kommt Siri nicht mit der genutzten Syntax klar. Und wieso kann Siri eigentlich immer noch nicht zwei Befehle auf einmal verarbeiten?
Die Antwort liegt in Apples Ansatz, alles in der Hand behalten zu wollen. Da, wo Amazon eine Schnittstelle für Entwickler anbietet, hat Apple lange Zeit nur ausgewählten Apps bzw. App-Kategorien erlaubt, die Siri-Engine zu nutzen. Das ändert sich auch mit Siri Shortcuts nicht, da man nicht auf die „Intelligenz“ zugreifen kann, sondern Miniprogramme anlegt, die dann mit einer eingesprochenen Phrase aufgerufen werden können. Ich kann aber nicht meine Worte variieren und das Telefon herausfinden lassen, was ich meine.
Dieses Problem lässt sich auch nicht durch weitere smarte Geräte von Apple lösen. Dem Homepod einen Bildschirm zu spendieren, bringt überhaupt nichts, wenn Siri mir aufgrund mangelnder Intelligenz nur Suchen bei Bing anzeigt. Überdies haben wir unsere Displays sowieso schon immer bei uns. Apples verfolgt den Ansatz, Siri in jedes Gerät zu integrieren, völlig egal ob iPhone, iPad, oder Macbook. Mit dem Homepod wurde die letzte Lücke sinnvoll geschlossen, noch mehr Produkte wie beispielsweise ein weiterer Formfaktor für den Homepod würden nur unnötig verwirren.
Es geht nicht ohne eine bessere Siri
Was muss sich also ändern, damit Apples smarter Lautsprecher endlich überzeugen kann? Cupertino muss sicher nicht Amazons Weg gehen und ständig neue Geräte auf den Markt bringen. Das würde auch gar nicht zu Apple passen. Was aber passen würde, ist endlich wieder wegweisende Lösungen aufzuzeigen. Man ist es von Apple gewöhnt, dass sie oft länger brauchen als die Konkurrenz, dann aber ausgereifte Produkte präsentieren. Bei Siri kommt hinzu, dass sie eigentlich vor allen anderen auf dem richtigen Weg waren. Als Apple im Oktober 2011 Siri aufs iPhone brachte, schien man schon wirklich weit zu sein. Leider ging es nicht in diesem Tempo weiter.
Für einen echten Schritt nach vorn, müsste Siri also massiv verbessert werden: Es wird eine KI benötigt, die ihren Namen auch wirklich verdient. Siri muss besser werden. Hier gibt es kein Entkommen, auch nicht Siri Shortcuts. Das würde auch nicht nur dem Homepod helfen, sondern Apples gesamten Ökosystem.
Das wird kein leichtes Unterfangen. Apple hat keine riesige Suchmaschine wie Google und muss mit einer viel geringeren Datenbasis auskommen. So sehr wie der Ansatz zu mehr Datenschutz gefeiert wird, so sehr fällt er Apple an diesem Punkt eben auch auf die Füße.
Es ist natürlich zu begrüßen, dass Apple so viel wert auf Privatsphäre legt. Es bleibt fraglich, ob der durchschnittliche Nutzer dieses Ansinnen honoriert, oder nicht lieber einwandfrei funktionierende digitale Assistenten möchte.
Apple muss sich an diesem Spagat messen lassen. Sie haben diesen Weg gewählt, nun müssen sie ihn auch konsequent zum Erfolg führen. Die Hardware ist dabei auf gewohnt hohem Standard. Das Problem liegt in der Software. Vor allem, da weder Amazon, noch Google ihr Tempo zu verringern scheinen und keine solche selbst auferlegten Zwänge mit sich herumtragen. Ob Apple da mithalten kann? Man darf skeptisch sein.