Nach einem neuen Video des Youtubers JerryRigEverything zu urteilen, stehen wir angeblich kurz vor einem neuen “Bendgate”. Im Video hält der Moderator Zack Nelson die Kanten des neuen iPad Pro mit 11 Zoll und presst seine Daumen fest in die Rückseite des Tabletts und zieht mit aller Gewalt dran. Und: Schockschwerenot, das 800 Euro teure Tablet zerbricht und faltet sich zusammen wie ein DIN-A4-Zettel. Die Biegung zeigt sich in der Nähe des Lochs für das Mikrofon, wo die Struktur des Geräts vermutlich am schwächsten ist. Darauf sollten wir definitiv unser Augenmerk richten, aber ich bin mir nicht sicher, was die Leute erwarten, wenn man ein Tablet unter Anwendung roher Gewalt biegt.
Allerdings fühlt sich das neue iPad Pro strukturell schwächer an als frühere Modelle. Ich halte gerade mein 12,9-Zoll-Modell in der Hand, und ich kann ahnen, dass ich den gleichen Effekt erziele, wenn ich es mit der gleichen Gewalt biegen würde. Vielleicht ginge das beim 12,9-Zöller noch einfacher, da es sich um ein größeres Gerät handelt und somit ein längerer Hebel ansetzt.
Das liegt zum Teil an der großen, flachen Fläche aus Aluminium auf der Rückseite, aber auch die neuen flachen Kanten, an denen man den Apple Pencil magnetisch befestigt und ihn auflädt, könnten dafür Verantwortung tragen. Das Metall meines iPad Pro der ersten Generation fühlt sich etwas widerstandsfähiger an, möglicherweise wegen der konischen Kanten des alten Designs. Aber machen Sie sich keine Illusionen: Wenn ich ein älteres iPad Pro verbiegen wollte, könnte ich es. Glücklicherweise ist mir das seit 2015 nicht mehr gelungen.
Ich denke aber nicht, dass Grund zur Sorge besteht, da ich das neueste Gerät bereits in meinem Test durch meine eigene Unachtsamkeit auf die Probe gestellt habe: Dabei steckte ich es in das gleiche dünnen Fach in meinem Rucksack, in dem bereits mein 13-Zoll-Macbook-Pro gestopft war. Ich habe in meine Tasche zudem noch jede Menge mehr gesteckt, von Bose Quiet Comfort 35 Kopfhörern bis hin zu Mineralwasserflaschen.Und dann habe ich mich auch noch gegen die ganze Tasche gelehnt, während ich in engen U-Bahn-Wagen in San Francisco stand. Irgendwann benutzte ich sogar meine Tasche als Kissen – tagelang ging das so.
Mit anderen Worten, das iPad Pro 2018 hatte viele Gelegenheiten, sich im Alltagsgebrauch zu verbiegen – und das ist nicht passiert. Das Einzige, was ich wirklich nicht getan habe, ist, aus Versehen darauf zu sitzen. Ich bin auch nicht scharf darauf, das zu versuchen.
Skandal fällt aus
Das “Bendgate” für das iPhone 6 war hingegen eine sehr reale Sache – sogar mein Handy zeigte unter den Lautstärketasten einen leichten Knick. Aber Telefone müssen mehr durchleiden als Tablets. Wir lassen sie fallen. Wir stecken sie in die Gesäßtaschen hautenger Jeans. Und wie uns Bildschirmzeit zu verstehen gibt, halten wir sie vielleicht zu oft und zu lang in unseren Händen.
Aber Tablets? Ich würde sagen, die überwiegende Mehrheit von uns hält sie auf eine Weise, die weniger wahrscheinlich zu Verbiegungen führt. Zudem verwenden die meisten Leute, die ich kenne, ihre iPads mit einer Art Tastaturhülle, was dazu führt, dass sich solche Unfälle nicht als selbstverständlich erweisen. Übrigens, iPads haben gigantische Glasscheiben. Ich persönlich gehe daher mit etwas mehr Sorgfalt mit ihnen um als mit meinem Handy.
“Bendgate” und verwandte Skandale sind eher ein Thema für Smartphones, da es sich um winzige Computer für die Hosen -und Jackentasche handelt, die allein aus diesem Grund robuster sein sollten. Tablets bestehen jedoch im Wesentlichen aus massiven übereinander angeordneten Glasscheiben und Metallen.
Sicher, jedes einzelne Tablet, das ich je gehandhabt habe, wird sich biegen oder gar zerbrechen, wenn ich meine Daumen an die Rückseite des Geräts anlege und mit all meiner Kraft drücke. Aber das wird auch dem Display meines Macbooks passieren – wahrscheinlich noch eher. Und doch hören wir darüber nie irgendwelche Skandalgeschichten.
Also merken Sie sich nur eines: Versuchen Sie nicht, Ihr iPad mit Gewalt zu verbiegen. Das nächste Bendgate fällt aber aus.