Viel Erwartetes, wenig Überraschendes: Bei Apples Keynote gab es wenig zu staunen, aber viel anerkennend zu nicken. Die Neuerungen für iPhone, iPad und Apple Watch sind zwar nützlich und in jedem Fall geht Apple wieder einen Schritt voran, revolutionär ist daran aber wenig bis nichts. Was gefällt, sind aber die Preise und zwar nicht nur die für die bereits im März vorgestellten Services: Apple senkt den Preis für den Nachfolger des iPhone XR im Vergleich zum Vorjahr und steigert die für die besseren OLED-Modelle – nun iPhone 11 Pro (Max) genannt – nicht mehr weiter. Die nicht einmal zweistündige Keynote hatte dennoch einige Längen, am Anfang und am Ende. Aber der Reihe nach – das sahen wir am 10. September bei der Keynote “By innovation only”:
In der Eingangssequenz zum Start der Keynote zeigt Apple in einer Animation seine breite Produktpalette in abstrahierter Form. Das ist eine ganze Menge, aber da wird sich heute etwas ändern, will das Video sagen: Alle der “wundervollen” Apple-Produkte helfen den Kunden dabei, “wundervolle Dinge” zu tun, erklärt Tim Cook auch gleich zu Beginn – aber das ist ja kein neuer Apple-Sprech. Das Programm für diesen Morgen sei straff, weswegen man auf die üblichen Updates zu bestehenden Produkten und Services verzichte und lieber gleich in medias res gehe. Erstes Thema ist der…
App Store
… beziehungsweise Apple Arcade, was Apple bereits vor einem guten halben Jahr erstmals angekündigt hat. Jeden Monat wolle man dem neuen Reiter “Arcade” im App Store neue Spiele hinzufügen, kein Spiele-Service habe je mit einem derart großen Angebot begonnen. Weswegen man auch einige Titel zeigen lassen wolle, etwa Benjamin Kinney vom Studio Konami, der die neue Version von “Frogger” zeigt, ein buntes Jump-and-run-Spiel mit beeindruckender Physik. Erscheint uns bisschen wie Doodle Jump auf Dope – gibt es nun bald exklusiv auf Apple Arcade. Peter Fabiano von Capcon zeigt ein Unterseeabenteuer mit starker Grafik und interessantem Ton. Kelsey Hansen von Annapurna Interactive darf auch noch auf die Bühne, um ein “spielbares Musikvideo” zu zeigen. Man erinnert sich an dieser Stelle sagen, an stärkere Einstiege von Apple-Keynotes. Aber es kommt ja vor allem auf die Kulmination an – auf die wird man noch warten müssen, ist dem Publikum zu Beginn der Veranstaltung klar. Vielleicht stehen ja noch ein paar Besucher im Stau und freuen sich später, dass sie nicht viel verpasst haben. Immerhin nennt Apple nun auch einen Termin für den Start und der liegt angenehm früh: Am 19. September 2019 geht es in 150 Ländern weltweit los, mit 100 Titeln zum Start. Also sogar noch im astronomischen Sommer, Meteorologen sehen den Herbst ja längst gekommen. Der Preis ist ebenso attraktiv niedrig: 4,99 Euro im Monat, für alle in der Familie. Kann man sich leisten, keine Frage. Es geht aber weiter mit …
Apple TV+
… das Apple ebenso schon im März vorgestellt hatte. Wir interessieren uns auch hier vor allem für den Preis, auch wenn die Zahl von 100 Millionen Streams für die bisher veröffentlichten Trailer interessant ist. Aber zunächst gibt es nur den ersten Trailer für Jason Momoas neue Serie “See”. Interessanter Ansatz für ein TV-Projekt: In ferner Zukunft haben fast alle Menschen ihren visuellen Sinn verloren, bis erste Neugeborene plötzlich wieder sehen können. Die “blinde Phase” der Menschheit habe geholfen, den Planeten vor der Vernichtung zu bewahren, aber wie reagieren die Blinden nun auf ihre Nachfahren mit den neuen Fähigkeiten? Und wie geht es dann weiter? Wir werden es bald, ähh, sehen können. Ab dem 1. November geht es los mit dem Binge-Watching in über 100 Ländern weltweit – und das für den konkurrenzlosen Preis von 4,99 Euro im Monat, kostenloser Probemonat inklusive. Alle exklusiven Shows für den Preis eines Filmleihs? “Verrückt”, meint Tim Cook und legt noch einen drauf: Beim Kauf einer neuen Apple-Hardware (iPhone, iPad, Mac) gibt es Apple TV+ ein Jahr lang gratis. Mehr zu Apples Services lesen Sie hier . Aber was ist nun mit Hardware? Tim Cook bringt einen etwas unerwarteten Kandidaten auf die Bühne, das…
iPad
… das ja nun in Kürze ein eigenes Betriebssystem namens iPadOS 13 bekommt, das zwar auf iOS 13 aufbaut, aber die Besonderheiten des Tablets berücksichtigt. Aber nun soll auch ein neues iPad kommen, obwohl Apple sein Lineup erst in diesem Jahr (und dem letzten Oktober) fast komplett renoviert hat. Ein Nachfolger für das iPad (6. Generation) hatte aber bisher gefehlt und so zeigt Greg Joswiak das neue iPad der siebten Generation, das nun auch einen etwas größeren Bildschirm bekommt: 10,2 statt 9,7 Zoll. Der A10 Fusion verrichtet im Inneren seinen Dienst und verspricht laut Apple eine verdoppelte Performance. Das neue Einsteiger-iPad soll natürlich alle Vorteile von iPadOS 13 nutzen können und natürlich ist es auch ein wunderbares Anzeigegerät für Apple TV+, das gibt es ja ein Jahr lang gratis dazu. Der Preis beginnt wie üblich bei 329 US-Dollar, bestellen kann man es schon seit heute. Apple heute mal billig? Nein, allenfalls preiswert. Die teuren Geräte kommen noch, keine Sorge. Weitere Details zum iPad 7 lesen Sie hier.
Apple Watch
Den Segen der Apple Watch als Gesundheits- und Fitnessgerät bejubelt Apple erneut in einem Video. Das kennt man ja schon, Mails und Videos von Leuten, die gute Erfahrungen mit der Apple Watch machten, bei der Verbesserung ihrer Fitness und Gesundheit. Aber seit Frühjahr ist die EKG-Funktion neu – und tatsächlich haben viele Menschen, die sich gesund wähnten, mit Hilfe der Uhr ein potentiell gefährliches Vorhofflimmern festgestellt oder andere Probleme mit dem eigenen Herzen oder dem Ungeborener entdeckt. Rührend. Aber klar, Apple verkauft seine Produkte auch über Emotionen. Der erwiesene Nutzen der Apple Watch sei da unbenommen.
Das Geheimnis, das diesem Nutzen zugrunde liegt, ist natürlich medizinische Forschung. 400.000 Teilnehmer hatte etwa Apples Herzstudie, das ist eine ganze Menge, Mediziner können auf anderen Wegen bei weitem nicht so viele Teilnehmer akquirieren. Apple stößt nun drei neue Studien an, von denen sich die erste um das Gehör dreht – watchOS 6 bekommt ja eine neue Warnfunktion vor zu lauten Umgebungen. Neu ist auch ein Menstruationstracker, der zu einer Studie der Frauengesundheit herangezogen wird, eine weitere Untersuchung soll den Zusammenhang von Bewegung und Herzgesundheit weiter erforschen. Die Teilnahme an der mit renommierten Universitäten aufgesetzten Forschungen ist natürlich freiwillig, eine neue App, mit der man seine Ergebnisse mit den Wissenschaftlern teilen kann, soll später in diesem Jahr erscheinen – nur in den USA.
Die Apple Watch ist laut Apple die beliebteste Smartwatch, die heute gezeigte neue Generation soll den Erfolg noch weiter ausbauen. Apple nennt sie Apple Watch Series 5 – was man erwarten konnte, woran es aber durchaus Zweifel gegeben hatte, die Series 4 schien recht ausgereift und die Neuerungen von watchOS ein neues Modell womöglich überflüssig sein. Aber die Entwicklung geht weiter, Stan Ng zeigt eine interessante Neuerung gleich am Anfang seiner Präsentation: Das Display kann nun immer an sein, dabei wird die Bilderneuerungsrate extrem zurück gefahren. Der Akku soll trotzdem noch den ganzen Tag halten, 18 Stunden lang. Jetzt ist auch noch ein Kompass in der Uhr eingebaut, den auch Entwickler für ihre Apps nutzen können. Der Notfallruf, der etwa bei Stürzen ausgelöst wird, funktioniert nun international. Die Gehäuse sind nach wie vor aus Aluminium (nun zu 100 Prozent aus Recycling-Material), Edelstahl und nun neu in Titan (weiß oder schwarz) und in Keramik (nur weiß). Die Uhren sind ab sofort zu bestellen, ab 20. September im Store erhältlich. Die Series 3 bleibt im Angebot, für Preise ab 229 Euro, die Series 5 kostet ab 449 Euro (GPS) und 549 Euro (LTE) – und ersetzt dabei die letztes Jahr eingeführte Series 4. Alles Wichtige zur Apple Watch Series 5 lesen Sie hier.
iPhone 11
Zum wichtigsten Produkt in Apples Portfolio kommt Tim Cook nach einer Dreiviertelstunde. “Show, don’t tell”, scheint das Motto zu lauten, so zeigt Tim Cook ein kurzes Video des iPhone 11. Bunt, mit zwei Kameras auf der Rückseite – offensichtlich der Nachfolger des iPhone XR. Sechs Farben, schwarz, weiß, rot und drei Pastelltöne. Liquid Retina mit 6,1 Zoll Bilddiagonale. Die beiden Kameras auf der Rückseite bieten eine Neuerung: Statt eines optischen Zooms bieten sie gewissermaßen zwei unterschiedliche Brennweiten: Wide und Ultrawide. So herum kann man natürlich auch in ein Bild zoomen. Die Portraitfunktionen lassen sich nun auch auf Haustiere und beliebige Objekte anwenden. Der Nachtmodus schaltet sich automatisch bei schlechten Lichtverhältnissen ein, die Unterschiede sind beeindruckend, aber derartiges hat man schon bei Kameras anderer Smartphones gesehen. Beide Kameras haben eine Auflösung von 12 MP und können bis zu 60 fps im Video aufnehmen, Smart HD in neuer Generation. Die Frotkamera kann nun auch 4K-Video aufnehmen und Selfies im Querformat. Erstmals sind damit auch Slomo-Filme möglich. Wir fürchten eine neue Flut von Slomo-Selfies: Slofies.
Die CPU hört wenig überraschend auf den Namen A13 Bionic, der schnellste Chip, der bisher in ein Smartphone verbaut wurde, verspricht Apple, aber ebenso auch der schnellste Grafikprozessor, was dem mobilen Gaming entgegen kommen soll, wie auch gleich auf der Bühne demonstriert wird. Die Botschaft ist klar: Das iPhone 11 ist die angesagte mobile Spielekonsole. Der Preis überrascht auch hier positiv: Es geht los bei 699 US-Dollar. Alles Weitere zum iPhone 11 lesen Sie hier …
iPhone 11 Pro
Aber damit nicht genug, denn iPhone XS und XS Max sollen ja auch noch Nachfolger bekommen. Das iPhone 11 Pro kommt nun wie lange schon spekuliert mit drei Kameras an der Rückseite. Phil Schiller zeigt das “erstaunliche neue Design”, des “fortschrittlichsten iPhones bisher”, das man nun erstmals stolz “Pro” nennen könne. Vier Farben: Space Grey, Silber, Gold und eine Art Petrol – Nachtgrün. Das neue OLED-Display leuchtet mit 1200 NIts und bietet einen Kontrast von zwei Millionen zu eins, die Technik des Pro Display XDR sei nun in ein iPhone eingebaut, weshalb es nun “Super Retina XDR” heiße.
Welches Potential der A13 Bionic neben den erwähnten hat: Machine Learning und Low Power Design wie Apple näher vorführt. Eine Billion Operationen pro Sekunde sollen nun möglich sein, der Machine Learning Controller verteilt die Aufgaben auf CPU, GPU und Neural Engine. 8,5 Milliarden Transistoren sind verbaut, vier Cores kümmern sich um die Effizienz, der Chip benutzt immer nur die Bereiche, die auch tatsächlich gebraucht werden. Bis zu 40 Prozent weniger Energie sollen die Prozesse verbrauchen. Der Akku des iPhone Pro soll vier Stunden länger halten, das des iPhone Pro Max gar fünf Stunden länger. Erstmals liegt auch ein Fast Charger mit 18 Watt Leistung bei.
Die drei Kameras sind Wide, Ultrawide und Telephoto, so ist ein bis zu vierfacher optischer Zoom möglich, respektive ein größerer Winkel: Pro Photography. Stolz zeigt Schiller Bilder professioneller Fotografen, die mit dem iPhone Pro entstanden.
Deep Fusion ist kein Musikstil oder eine besondere Küche, sondern eine neue Fotofunktion, die Apple im Herbst mit einem Softwareupdate nachliefern wird. Aus neun Fotos mit unterschiedlicher Belichtungszeit errechnet die Neural Engine ein Foto mit hoher Auflösung und extrem geringem Rauschen.
Auch bei den iPhone Pro hat Apple viel wert auf Video gelegt, professionelle Filmemacher arbeiten mit de Apple-Smartphone. Schiller zeigt ein Beispiel von Guillermo Garza. Die Fotos-App bekommt in iOS 13 deshalb auch neue Bearbeitungsfunktionen für Videos. Nachtmodus sowie Slofies wie beim iPhone 11 bereits gesehen, sind natürlich auch dabei. Die Preise bleiben interessanter Weise gleich: Ab 999 US-Dollar für das iPhone 11 Pro und 1.099 US-Dollar für das iPhone Pro Max. Das iPhone XR kostet nun ab 599 US-Dollar, auch das 8er bliebt ab 499 US-Dollar im Handel. Bestellbar ab jetzt, im Handel ab 20. September. Mehr zum iPhone 11 Pro lesen Sie hier. ..
Apple Retail
Deirdre O’Brien, die neue Retail-Chefin bekommt nun auch noch einen Slot zum Ende der Veranstaltung, Und erklärt wohl noch, warum heute alle Stores verhüllt waren. Personalisation ist das Stichwort: Vor Ort kann man sich etwa seine individuelle Apple Watch mit dem passendsten Armband aussuchen. Trade-in ist der zweite Punkt: Wer ein neues iPhone haben will, kann sein altes zurück bringen und Geld sparen. Der Apple Store an der Fifth Avenua eröffnet nun nach einer gut zweijährigen Renovierung wieder, am 20. September. Apple lädt zur großen Party am Erscheinungstag der neuen iPhones. Interessant: Früher hat Apple Neuigkeiten zum Thema Retail eher an den Anfang einer Keynote gesetzt und einen absoluten Knaller an des Ende. Aber die Zeiten ändern sich.