Das Münchener Start-Up Sushi Bikes hat im Sommer auf zweierlei Weise aufhorchen lassen : Zum einen konnte das Unternehmen den Einstieg des TV-Moderators Joko Winterscheid als Investoren bekannt geben – und zum anderen ein E-Bike für die Stadt präsentieren, dessen Preis unter 1.000 Euro liegt. Bei anderen Herstellern besteht ein Preisunterschied dieser Größenordnung zwischen der “analogen” Version eines Fahrrads und einer mit Elektroantrieb . Das hat uns neugierig gemacht, so haben wir eine Probefahrt vereinbart, konkret mit dem Herrenradmodell Maki M1.
Den Preis von 999 Euro kann das Sushi Bike nur mit einigen Kompromissen erreichen, diese spezialisieren es aber als ein bequemes und dennoch leichtes Fahrrad für die Stadt. Der Hinterrad-Nabenantrieb hat etwa nur einen Gang, die zusätzliche elektrische Kraft ist in drei Stufen aufgeteilt und ersetzt gewissermaßen die Schaltung.
Drei Stufen, elektrisch
Denkt man bei “Eingangrad” gleich an “Fixed Gear”, also “Fixie”, so denkt man falsch: Denn das Sushi Bike (48 Zähne vorne, 18 hinten) hat sehr wohl einen Leerlauf – und in diesem greift sogar die elektrische Unterstützung, sobald man losgefahren ist – das gefällt uns außerordentlich gut.
Angenehm und alles andere als ruppig schaltet sich der 200-Watt-Elektromotor beim Anfahren zu, man kommt flüssig und flott von der Ampel weg – der größte Vorteil von E-Bikes im Stadtverkehr. Stufe zwei des Antriebs ist für kontinuierliches Fahren in der Stadt gut geeignet, bei Steigungen wie an Unterführungen und Brücken sorgt die dritte Stufe dafür, beim Klettern keine Geschwindigkeit zu verlieren. Ein bisschen Strampeln muss man dann doch, aber das wünscht man ja auch von einem Pedelec. Der Rahmen ist aus Aluminium, nur die Gabel aus Stahl, Reifen der Größe 700 x 28 C sind montiert und mechanische Scheibenbremsen (Tektro 280), die gut greifen.
Die Reichweite einer Akku-Ladung gibt Sushi Bikes auf seiner Website mit etwa 30 bis 60 Kilometer an, laut Hersteller aber sollte man bei intensiverem Einsatz des Motors (und höherem Gewicht von Fahrer und Gepäck …) mit einer Reichweite von nur knapp über 30 Kilometern rechnen.
Für unsere Zwecke ist das für die täglich zu fahrenden Kilometer zu wenig, für die meisten Einsätze in der Stadt aber für einen Tag völlig ausreichend. Der Akku mit seinem Fassungsvermögen von 5200 mAh ist ähnlich wie eine Fahrradflasche geformt und lässt sich bequem abnehmen – oder mit dem mitgelieferten Schloss am Rahmen gesichert lassen. Ein zweites Ladegerät (ST Charger AC110 V—240 V, 47-63 Hz) – etwa zum Deponieren im Büro – kostet aber nicht viel, ein zweiter Akku ist für 200 Euro zu haben – aufgrund seines geringen Gewichts ist er aber gut transportabel.
Zubehör und Service kosten extra
Wären wir beim Zubehör, das das Sushi-Bike dann doch ein wenig teurer macht. Gepäckträger etwa ist optional – der Hersteller gibt aber 110 kg als garantiertes Gesamtgewicht an, als Lastenfahrrad ist das Sushi ohnehin nicht gedacht. Es fehlt wie bei anderen Fahrrädern natürlich auch noch ein Sicherheitschloss – ohne ein solches würden wir das elegante und leichte (15 kg) Sushi Bike gewiss nicht in der Stadt herumstehen lassen. Schutzbleche sind auch keine montiert, was sich bei unserer Probefahrt im sonnigen Frühherbst nicht negativ bemerkbar machte – wir kennen aber auch anderes Wetter. Es fehlt zudem an Licht, das ist seit einigen Jahren aber hinsichtlich der StVO nur ein untergeordnetes Problem, denn der Gesetzgeber akzeptiert auch Aufstecklichter. Diese sollte man aber immer mit sich führen.
Letztendlich sind es diese zusätzlichen Optionen, die das Sushi Bike auch für unabhängige Händler attraktiv lassen werden. Bisher ist es nur im Direktvertrieb erhältlich oder in Kooperation mit den Handelsketten LiveCycle und Little John Bikes , diese haben aber jeweils nur Demo-Räder in ihren Läden stehen, Konfiguration und Kauf erfolgen auf der Website des Herstellers Sushi Bikes.
Das Rad kommt in Einzelteilen beim Kunden an, er kann es entweder selbst aufbauen, zur Montage zum Händler vor Ort bringen oder gleich an einen Laden von LiveCycle und Little John Bike liefern lassen, die es für ihn aufbauen. Dort bekommt man auch am leichtesten noch Wartung und anderen Service, viele unabhängige Werkstätten reparieren vor allem in der Hochsaison nur die Fahrräder, die sie selbst verkauft haben oder für deren Marken sie einen Werksvertrag haben. Sollte man beim Kauf auf alle beachten: Das Sushi Bike macht zwar trotz seiner spartanischen Ausstattung und des geringen Gewichts einen sehr soliden Eindruck, aber wie jedes Fahrrad hat es Verschleißteile, die man regelmäßig warten oder austauschen (lassen) muss.
An Rahmen bietet dieser für das Herrenrad Maki M1 die drei Größen 50 cm, 55 cm und 60 cm an, das Damenrad California Roll C1 gibt es bisher lediglich in 50 cm – Damen jenseits der 180 cm Körperhöhe sollten es vielleicht besser mit dem Herrenrad probieren. Beide Fahrräder gibt es in zwei unterschiedlichen Farbvarianten.
Fazit
In der Stadt mit ihren unzuverlässigen und überfüllten öffentlichen Verkehrsmitteln dem Dauerstau und der von SUVs und Hochdachkombis ausgelösten Parkplatznot ist das Fahrrad das überlegene Verkehrsmittel, wenn man gewissen Mut für unzulängliche Radwege aufbringt. Wenn einzelne Strecken über 10 Kilometer Länge aufweisen, hilft die elektrische Unterstützung dabei, schneller und weniger angestrengt an das Ziel zu gelangen. Sushi Bikes wollen frustrierten Auto- und Öffi-Pendlern ein Angebot zum (Wieder)Einstieg bereiten, das auf eine junge und urbane Zielgruppe abzielt und deren Bedürfnisse abdeckt. Das leichte und elegante Rad ist eine Empfehlung wert, man sollte aber vor dem Kauf nicht nur das notwendige Zubehör mit einkalkulieren, sondern auch den Händler vor Ort fragen, ob er denn das Radl für einen zusammenbaut und später auch wartet. Sonst heißt es selbst schrauben – aber auch dafür gibt es ja eine Zielgruppe.