Bringt man einen defekten Mac oder ein iPhone in den Apple Store, wird das Problemgerät meist zuerst mit einer Spezialsoftware geprüft. Diese Software namens Apple Services Toolkit steht nur Mitarbeitern des Apple Stores und von Apple zertifizierten Technikern (ASP) zur Verfügung, was Apple streng kontrolliert. Dieser fehlende Zugriff auf die offizielle Diagnose-Software des Herstellers ist aber ein großer Nachteil für unabhängige Werkstätten, wie iFixit jetzt in einem Beitrag klagt . Geschützt wird das Tool dabei nicht nur durch Zertifikate, man benötigt auch eine Internetverbindung und einen Apple-GSX-Account, um es zu verwenden. Es gibt zwar beispielsweise auf Youtube Berichte über das Tool, aber bereits diese Berichte verstoßen gegen Apples Nutzungsbestimmungen.
Das Tool bietet bei Reparaturen viel Komfort und Funktionen: Man kann damit (nach Eingabe der Seriennummer) über eine übersichtliche Oberfläche verschiedene Diagnosen auf dem Kunden-Mac oder iPhone durchführen, etwa um Hardware-Probleme wie eine defekte SSD, ein fehlerhaftes Bluetooth-Modul oder andere Probleme zu erkennen. Das offensichtlich sehr nützliche Tool bietet zudem weiterführende Informationen und Problem-Lösungen und kann bei einem Hardware-Probleme gleich eine offizielle Reparaturanleitung liefern. Was iFixit ebenfalls bemängelt: Bei einem Mac mit T2-Chip könnte Apple in Zukunft Reparaturen sogar komplett sperren . Nur mit einer Apple-Spezialsoftware namens AST 2 hätte man dann Zugriff auf den T2-Chip – aktuell sind aber Reparaturen noch ohne diese Software möglich.
Für den Schutz seiner Software geht Apple recht weit: Laut Handbuch soll ein Apple-Techniker sogar dafür sorgen, dass die Reparaturmethoden vertraulich bleiben und nicht für den Kunden einsehbar sind. Nach Meinung von iFixit ist mit dieser Geheimhaltung aber niemandem geholfen und erschwere nur kompetenten Technikern ihre Arbeit. iFixit plädiert deshalb dafür, Apple solle diese Software-Tools frei verfügbar machen, und pocht auf das „Right to Repair“.
Wie iFixit berichtet, ist Apple mit seiner Strategie nicht allein: Es gibt auch von Samsung mit dem Must Toolkit eine spezielle Software für Smartphones, die streng vertraulich ist. Bekannt ist das Problem auch aus anderen Branchen, etwa bei der Reparatur von Landmaschinen. Eine Ausnahme sind Firmen wie Dell und HP, die sowohl ihre Diagnose-Software als auch ihre Handbücher offenlegen.
Unsere Meinung:
Der Wunsch, Apple solle seine Diagnose-Software freigeben, ist nicht ganz uneigennützig und sollte im Zusammenhang mit der Bewegung „Right to Repair“ gesehen werden. Apple hat offensichtlich den Wunsch, Reparatur und Wartung von Macs und iPhones strikt zu kontrollieren. Hier stehen die Interessen von freien Werkstätten gegen die eines Herstellers, wobei sich jeder auf das Wohl des Kunden beruft. Ein wenig erinnert die Diskussion auch an ähnliche Probleme der Autoindustrie.
Für Profis wäre die Software sicher interessant, für Heimanwender ist eine solche Diagnose-Software aber wohl nur begrenzt nützlich. Für den Endanwender ist mit dem Apple Hardware Test schließlich bereits eine simple Diagnose-Software auf jedem Mac vorinstalliert – die für Anwender vielleicht die sinnvollere Lösung darstellt. Nach unserer Meinung muss man bei dem Thema außerdem zwischen iPhone- und Mac-Reparaturen unterscheiden: Vor allem bei iPhone-Reparaturen ist Apple nicht ohne Grund restriktiv, sind doch billigst reparierte iPhones ein echtes Problem für Gebraucht-Käufer. Mit dem neuen Projekt der Apple Certified Independent Technician versucht Apple deshalb bereits einen Mittelweg zwischen Freigabe und Restriktionen zu finden. Bei Mac-Reparaturen könnte Apple aber wirklich weniger restriktiv sein – hat doch der Apple Store bei sehr alten Mac gar kein Interesse mehr an Reparaturen der „Vintage“ Geräte.