Gestern Abend hat Apple in seiner nächsten Update-Runde jede Menge Software zur Verfügung gestellt: iOS 13.3, iPadOS 13.3, tvOS 13.3, macOS Catalina 10.15.2, watchOS 6.1.1, Xcode 11.3, Safari 13.0.4, Security Updates für Mojave und High Sierra. Etwas überraschend tauchte in der Update-Liste auch die Vorgängerversion von iOS 13 auf: iOS 12.4.4 hat nach den Veröffentlichungsnotizen keine neuen Funktionen mitgebracht, die Entwickler haben lediglich eine Sicherheitslücke in Facetime geschlossen. Die Lücke war jedoch gravierend: Ein präpariertes Video, abgespielt per Facetime kann dazu führen, dass böswilliger Code auf dem iPhone ausgeführt werden kann. Solche Lücken eignen sich gut dazu, Spionage-Software zu installieren.
Doch wenn man in die Vergangenheit blickt, sieht man, dass Apple selbst nach dem 19. September, dem Start von iOS 13, mindestens zwei weitere Updates von iOS 12 veröffentlicht hat: Am 26. September – iOS 12.4.2 . Diese Punktversion hat eine vergleichbare Lücke, wie aktuell bei Facetime behoben: Eine Schad-Software konnte zum Programmabbruch führen und danach beliebigen Code ausführen. Ein weiteres Update fand am 28. Oktober auf iOS 12.4.3 statt, Apple hat dabei sicherlich Lücken geschlossen, im Übersichtsartikel der Sicherheitsupdates heiß nur kurz: “Weitere Details folgen”. Das ist an sich nicht ungewöhnliches, manchmal aktualisiert Apple die Liste mit geschlossenen Lücken auch Wochen später mit neuen Einträgen. Das jüngste Update war wie gesagt gestern, Apple hat also nach dem Start von iOS 13 das Vorgänger-System jeden Monat aktualisiert.
Warum machen sich die Entwickler Mühe und schleppen noch quasi “Altlasten” mit? Bei dem Desktop-OS ist dies verständlich, die Nutzer warten manchmal Monate ab, bis sie auf das aktuellste System umsteigen, bei iOS ist es eher umgekehrt, bereits bei der öffentlichen Beta steigen sehr viele Nutzer ein. Einen Monat nach dem Update kann Apple vermelden, dass 80 Prozent oder mehr aller aktiven Nutzer auf die neueste Version umgestiegen sind. Ein guter Einblick gibt die App-Store-Seite bei Apple Developer: Aktuell vermeldet der Hersteller, dass rund 55 Prozent aller aktiven Nutzer aus dem App Store iOS 13 und neuer Nutzen, 38 Prozent sind noch auf iOS 12, nur 7 Prozent auf früheren Versionen. Blättert man in die Vergangenheit, sieht man: Am 3. Dezember 2018 sind rund 72 Prozent auf iOS 12, 21 Prozent auf iOS 11 und 7 Prozent auf älteren iOS-Versionen. Ein Jahr früher am 4. Dezember 2017 waren 59 Prozent der Nutzer auf iOS 11, 33 Prozent auf iOS 10 und acht Prozent auf älteren Versionen. Noch ein Jahr früher am 27. November 2016 waren 63 Prozent aller Nutzer auf iOS 10 umgestiegen, 29 Prozent waren noch auf iOS 9 und 8 Prozent sind auf den älteren Systemen geblieben. Am 14. Dezember 2015 sind bereits 71 Prozent der Nutzer auf iOS 9 umgestiegen, 21 Prozent blieben bei iOS 8, 8 Prozent entfiel auf ältere Versionen.

An den Zahlen sieht man: iOS 12 war im Vergleich zu den anderen Betriebssystemversionen extrem schnell von Nutzern angenommen und bleibt auch jetzt beliebt: iOS 9 war vergleichbar schnell angenommen worden, iOS 10 hat aber den Vorgänger nach einem Jahr relativ schmerzlos abgelöst. Dass iOS 12 selbst nach einem Jahr so breit genutzt wird (38 Prozent hat bis jetzt keine der Versionen erreicht), liegt wohl darin, dass dies das neueste verfügbare Betriebssystem für iPhone 6 und iPhone 6 Plus ist. Die Modelle kamen 2014 auf den Markt und waren vor allem eins – groß und größer. Nach Schätzungen bleiben das iPhone 6 und 6 Plus die meist verkauften iPhone-Modelle aller Zeiten: Apple hat davon wohl rund 220 Mio. Stück verkauft. Abgesehen von Bendgate-Nachrichten sind die meisten von diesen verkauften iPhones immer noch im Umlauf. Apple hätte wohl spätestens nach iOS 13.1 eine schwere Wahl: Entweder lässt man iOS 12 bleiben und Hunderte Millionen der iPhone-Nutzer sind den Sicherheitslücken ausgesetzt, manche von denen wahrscheinlich nach ein bisschen oder eben viel Programmieraufwand zu Jailbreak gemacht werden könnten; oder man pflegt das alte System und hofft, dass die iPhones nach und nach aus dem Umlauf kommen. Ob das so schnell passiert, lässt sich momentan schwer abschätzen. Aber selbst jetzt kann man mit Sicherheit sagen, dass Bendgate mächtig übertrieben war, sollten doch spätestens nach fünf Jahren Nutzung die meisten iPhone verbogen, verbeult und defekt sein.