Auch 2020 wird aller Voraussicht nach wieder ein größeres Update für das Mac-Betriebssystem bringen, das dann die Versionsnummer 10.16 tragen wird. Was dabei genau auf die Apple-Gemeinde zukommt, wird der Juni zeigen, der traditionelle Monat für die Entwicklerkonferenz von Apple (WWDC). Es lässt sich aber ein wenig darüber spekulieren, was Apple dann genau vorstellen wird.
No new features
Im Juni 2009 gab es eine WWDC, auf der Apple mit OS X Snow Leopard ein System vorgestellt hat, das der damalige Software-Chefentwickler Bertrand Serlet auf einer der Sessions als ein System mit „no new features“ bezeichnete. Es gab natürlich trotzdem viel Neues. Die Änderungen bestanden jedoch im Wesentlichen aus Verbesserungen bei vorhandenen Anwendungen, so wurde etwa der Finder komplett neu in Cocoa programmiert, aus Optimierung der Geschwindigkeit und der Stabilität sowie aus der Beseitigung von Fehlern. Weshalb manche Entwickler „no new features“ gerne auch mit „no new bugs“ übersetzten. Aus diesem Grund hat sich um Snow Leopard ein kleiner Mythos entwickelt, der dieses Betriebssystem zum besten und stabilsten macOS aller Zeiten erklärt. Was man aber nicht ganz für bare Münze nehmen muss.
Nachdem macOS Mojave und macOS Catalina eine ganze Reihe von Neuerungen gebracht haben, und zwar sowohl im Erscheinungsbild und in der Bedienung als auch in grundlegenden Funktionen, würde es nicht überraschen, wenn Apple mal wieder eine Pause bei neuen Funktionen einlegen und sich auf Aufräumarbeiten und Verbesserungen vorhandener Funktionen konzentrieren würde. Einige schon länger von Apple als veraltet (deprecated) bezeichnete Funktionen wie die – schon seit 2010 nicht mehr aktualisierten – Grafikschnittstellen OpenGL und OpenCL könnten nun endgültig zum alten Eisen gelegt werden. Oder Apple könnte rigoroser als unter Catalina Kernel-Erweiterungen aussperren, da nun mit den System Extensions und dem Driver Kit Alternativen bereitstehen, die nicht mehr direkt in den Kernel eingreifen. Was wie beim Ende für 32-Bit-Programme unter macOS Catalina zusätzliche Arbeit für manche Entwickler oder auch das Ende mancher Programme bedeuten würde. Auch am Dateisystem APFS gäbe es bestimmt noch etliches zu verbessern und auszubügeln, beispielsweise auch im Hinblick auf Time Machine. Oder bei der Systemeinstellung „Bildschirmzeit“, die nicht wie unter iOS unterscheiden kann, ob sich eine App im Vordergrund befindet und verwendet wird oder nur im Hintergrund vor sich hindümpelt.

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Mehr iOS auf dem Mac
Seit macOS Catalina ist es möglich, für das iPadOS entwickelte Apps so zu konvertieren, dass sie sich auf dem Mac verwenden lassen. Dabei handelt es sich nicht um eine Emulation, sondern eine bestehende iPad-App wird in Xcode in ein Programm für den Mac umgewandelt, wobei aber noch Nacharbeiten und Ergänzungen notwendig sind, vor allem bei der Programmoberfläche. Man muss das Programm aber nicht von Grund auf neu entwickeln, sondern viele Frameworks und APIs werden übernommen oder automatisch durch Entsprechungen von macOS ersetzt. Diese von Apple mit „Catalyst“ bezeichnete Option hat inzwischen schon einige Früchte getragen. Das wohl prominenteste Beispiele für ein auf diese Weise vom iPad auf den Mac transferiertes Programm ist Twitter. Catalyst ist aber nicht die einzige Methode, um OS-übergreifende Apps zu erstellen. SwiftUI ist ein Framework für Apples Programmiersprache Swift , mit dem sich simultan Bedienoberflächen für alle von Apple stammenden Systemversionen (iOS, WatchOS, iPadOS und macOS) entwickeln lassen. Dann wird nicht wie bei Catalyst eine schon bestehende iPadOS-App auf den Mac angepasst, sondern die Bedienoberfläche parallel für beide (oder alle) Betriebssysteme entwickelt.
Apple wird in diese Entwicklungsumgebungen weiter investieren, und das neue macOS 2020 wird davon profitieren, indem es weitere Apps geben wird, die sowohl auf dem iPad als auch auf dem Mac weitgehend identisch funktionieren. Wenn man sich macOS Catalina genau anschaut, weiß man, dass Apple schon einige Apps vom iPad auf den Mac gebracht hat, wie beispielsweise „Wo ist“, die Sprach-Memos oder die Podcast-App. Dabei handelt es sich aber nicht um eine Konvertierung via Catalyst, sondern wohl um eine Entwicklung mit Swift und SwiftUI. Vielleicht passt Apple dann im nächsten macOS die App Nachrichten auf beide Systeme an und transferiert auch die Kurzbefehle auf den Mac.

Welche Macs werden unterstützt?
Von macOS Mojave wurden alle Macs ausgemustert, die die Apple-eigene Grafikschnittstelle Metal nicht unterstützen. Alle Macs vor dem Baujahr 2012 waren so nicht mehr zu Mojave kompatibel, mit Ausnahme des alten Mac Pro ab Baujahr 2010, wenn dieser eine zu Metal kompatible Grafikkarte hatte. macOS Catalina macht hier nur einen kleinen Unterschied, denn mit Ausnahme des Mac Pro vor Baujahr 2013 kann auf allen Macs Catalina installiert werden, auf denen auch Mojave läuft. Nicht alles funktioniert aber auf allen Macs. So ist die Möglichkeit, ein aktuelles iPad als Zweitmonitor zu verwenden (Sidecar) , auf Macs beschränkt, die die Hardwarebeschleunigung für HEVC beherrschen, also entweder einen Prozessor ab der Skylake-Generation oder/und den T2-Prozessor eingebaut haben. Das sind recht neue Modelle, beim Macbook Air und Mac Mini sogar erst diejenigen aus 2018. Auch das Entsperren per Apple Watch und die Unterstützung des neuen Verschlüsselungstandards WPA3 gelingt erst mit Macs, die den WLAN-Standard 802.11ac unterstützen, also ab Baujahr 2013 beziehungsweise 2014. Das macOS 2020 wird eventuell nicht mehr zu allen noch von Catalina unterstützten Macs kompatibel sein, da im nächsten Jahr die älteren Modelle aus dem Jahr 2012 von Apple als „obsolete“ (abgekündigt) eingestuft werden. Vielleicht wird die Unterstützung des WLAN-Standards 802.11ac die Grenze für das neue macOS darstellen. Diese sind zu WPA3 kompatibel und lassen sich mit der Apple Watch entsperren.

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Der Name
Insgesamt neun Raubkatzen mussten für die Bezeichnung von Mac OS X und OS X herhalten, von Cheetah bis Mountain Lion. Danach haben die Namen von sieben Landschaften in Kalifornien als Bezeichnung für OS X beziehungsweise macOS gedient. Es ist also noch Platz für zwei weitere, um wieder auf neun zu kommen. Schaut man sich auf der Karte die Punkte in Kalifornien an, von denen das macOS in den letzten Jahren seinen Namen bezogen hat, geht die Strecke von der Mavericks-Bucht zuerst mit Schleifen durch die Gebirge östlich von San Francisco, dann mit einem großen Sprung zur Mojave-Wüste in den Süden und mit Catalina abschließend wieder mit einem Sprung an die Küste. Um nun zurück zum Ausgangspunkt zu gelangen, würde auf dem Rückweg Richtung Norden unter anderem der Los Padres National Forest auf dem Weg liegen. Doch ein macOS mit der Bezeichnung „Los Padres“ wäre schon etwas seltsam. Auch das Death Valley zählt zu den Highlights in Kalifornien, aber macOS „Death Valley“ ist wohl genauso unwahrscheinlich. Es gibt in Kalifornien aber noch einen Nationalpark, der wie Yosemite zum UNESCO Weltnaturerbe zählt: Der Redwood National Park. Dieser liegt vom Ausgangspunkt Mavericks in etwa gleich weit entfernt wie Catalina, nur in die andere Richtung. Das wäre zwar ein großer Sprung, wir plädieren aber trotzdem für macOS Redwood.

Überraschung
Auf der WWDC 2020 könnten die Apple-Chefs sich aber auch hinstellen und kundtun, dass es zukünftig keine großen Systemupdates mehr jedes Jahr geben wird. Neue Features sollen nur noch dann in das System eingepflegt werden, wenn sie fertig sind. Ansonsten wird nur das bestehende System kontinuierlich optimiert und von Fehlern befreit. Das wäre zwar weniger spannend für die Anwender, die nun nicht mehr jedes Jahr auf die große Bescherung warten können, für die Programmierer aber vielleicht einfacher, da sich nicht mit einem Schlag eine große Menge an Programmiercode ändert, mit den entsprechenden Möglichkeiten für Fehler.