Im Rahmen unserer Vorstellung von Wetter-Portalen und Wetter-Apps sind wir nun bei der Wettermanufaktur in Berlin gelandet. Unsere Fragen beantworten uns Dipl.-Met. Jörg Riemann, Leiter Meteorologie und Katja Arnhold, Leiterin Marketing & Kommunikation bei der Wettermanufaktur.
Alle Wetter!
In unserer Reihe sind bisher erschienen:
WetterOnline: Was Wetter-Apps leisten
Wetter.com: Wie die Wettervorhersage entsteht
Kachelmann im Interview: Unsere Wetter-Apps nutzen Petabytes von Daten
Wann und vom wem wurde die Wettermanufaktur GmbH gegründet, was war das Ziel der Firmen- Gründung?
Die Wettermanufaktur GmbH ist ein Start-up-Unternehmen mit Sitz in Berlin, in dem langjährig erfahrene Diplom-Meteorologen sowie Forscher und Entwickler an Wetterlösungen für Mobilität und zuverlässigen Verkehr arbeiten. Das Unternehmen wurde 2017 gegründet. Gründer und Geschäftsführer der Wettermanufaktur ist Harry Otten – er ist seit über 40 Jahren im Wettergeschäft tätig und gründete ebenfalls MC-Wetter und MeteoGroup.
Die Wettermanufaktur steht für maßgeschneiderte Produkte von hoher Qualität, persönliche Beratung und innovative Ideen. Das Unternehmen hat sich auf die Fahne geschrieben, den Menschen in den Mittelpunkt seines Handelns zu stellen. Gezielt werden meteorologische Produkte basierend auf den Bedürfnissen der Kunden und Nutzer entwickelt. Mit dem Wetter-Portal www.einsatzwetter.de bietet die Wettermanufaktur beispielsweise ganzjährig Spezial-Vorhersagen für Winterdienste und Straßenreinigungen sowie Garten- und Landschaftspflegern für ihr jeweilig individuell definiertes Einsatzgebiet und steht beratend zur Seite.
Mit wie vielen Mitarbeiter ist die Wettermanufaktur GmbH gestartet und wie ist die Situation heute?
2017 ist die Wettermanufaktur mit drei Mitarbeitern gestartet. Aktuell sind 17 Mitarbeiter für das Unternehmen tätig, davon sieben langjährig in der Betreuung und Beratung von Winterdiensten erfahrene Diplom-Meteorologen.
Wo ist der Firmensitz, was ist die Aufgabe der einzelnen Mitarbeiter?
Die Wettermanufaktur GmbH ist ein Start-up-Unternehmen mit Sitz in Berlin. Ob mit dem Auto, Bahn, Flugzeug oder öffentlichen Verkehrsmitteln – Menschen sind ständig auf Achse. Auch Güter/Waren werden auf verschiedene Art durch das Land und rund um die Welt transportiert. In unserer dynamischen Welt ist Stillstand wegen widriger Wettereinflüsse mit hohen Kosten (zeitlich und finanziell) verbunden. Die Wettermanufaktur widmet sich daher sehr intensiv dem Thema, wie beeinflusst Wetter den Verkehr zu Land, zu Luft und auf der Schiene, sowie Mobilität im Allgemeinen und Automotive und erarbeitet entsprechende Produkte/Lösungen für diese Geschäftsbereiche. Zu den Kunden zählen bundesweit städtische, kommunale und private Unternehmen. Auch Verkehrsbetriebe, Flughäfen und Multi-Service-Anbieter mit den Geschäftsfeldern Garten- und Landschaftsbau, Gebäudereinigung und Facility Management sowie Filmfirmen nehmen die Dienstleistungen in Anspruch.
Für die Wettermanufaktur ist eines der erfahrensten Winterdienst-Teams tätig. Unser Meteorologen-Team arbeitet seit vielen Jahren in diesem Bereich. Die Mindesterfahrung liegt bei neun Jahren und reicht bei einem der Kollegen sogar über 30 Jahre. Unter der Leitung von Dipl.-Met. Jörg Riemann betreuen insgesamt sieben Meteorologen die Einsatzwetter-Zentrale: Dipl.-Met. Gregor Neubarth, Dipl.-Met. Frank Brennecke, Dipl.-Met. Norbert Becker-Flügel, Dipl.-Met. Friedrich Föst, Dipl.-Met. Friedemann Schenk und Met. Andreas Blei.
Wann ist die erste Wetter-App bzw. der Webauftritt auf dem Markt erschienen?
Seit November 2017 steht unser Online-Portal für Winterdienste www.einsatzwetter.de bundesweit zur Verfügung. Auf vielfachen Kundenwunsch ist seit Ende 2019 die Beta-Version der Einsatzwetter-App für Android und iOS in den App-Stores verfügbar.
Wie groß ist das Entwickler-Team für die Apps bzw. der Webseite?
Derzeit arbeitet ein fünfköpfiges IT-Entwickler-Team für die Wettermanufaktur. An der Entwicklung der Einsatzwetter-App, dem Wetter-Portal www.einsatzwetter.de und auch an anderen Projekten sind grundsätzlich interdisziplinär zusammengesetzte Teams (IT, Meteorologie, Mathematik, Kommunikation & Vertrieb) beteiligt. Deren Zusammensetzung variiert je nach Aufgabenstellung. Bei der Visualisierung der Einsatzwetter-App gab es zudem externe Unterstützung durch eine Agentur mit sehr viel Erfahrung im Bereich User Experience Design.
Betreiben Sie eigene Wetter-Stationen und/oder findet ein Verbund von Stationen statt?
Die Wettermanufaktur betreibt kein eigenes Messnetz.
Woher werden die aktuellen Wetter-Daten grundsätzlich bezogen?
Die Wettermanufaktur nutzt das Haupt- und das Nebennetz der Wetterstationen des Deutschen Wetterdienstes und verfügt über Zugang zu kunden- und bundeseigenen Glättemeldeanlagen. Für diese Stationen können durch das MOS-Verfahren Wetterelemente und davon abgeleitete Größen vorhergesagt werden. Die Wettermanufaktur bietet Spezial-Parameter wie Zustand und Temperaturen für Straßen, Brücken, Rad- und Fußwege sowie Neuschneehöhe, Schneefallgrenze und Schneerisiko an. Um diese Parameter zur Verfügung stellen zu können, wird exklusiv ein eigenes Straßen-Oberflächenmodell (MOS) genutzt.
Wie werden die Wetter-Daten ins Web und auf die Apps übermittelt, welche Rechnerleistung ist dafür notwendig?
Die Wettermanufaktur übermittelt Daten über abgesicherte API-Schnittstellen. Die Server-Infrastruktur liegt bei Amazon AWS. Unseren Kunden bieten wir somit eine skalierbare, zuverlässige und sichere globale IT-Infrastruktur.
Es gibt unterschiedliche Wettermodelle zur Berechnung/Vorhersage des Wetters – welche Modelle benutzen Sie?
Für die Erstellung von Wettervorhersagen nutzt die Wettermanufaktur verschiedene Wettermodelle (hauptsächlich ECMWF, GFS, ICON, ICON Europa, EURO4 und Hirlam), statistische Methoden sowie das MOS-Verfahren (Multi-Model-Output-Statistic), um lokale Besonderheiten besser darzustellen zu können.
Gibt es für massgebliche Unterschiede bei der Berechnung bzgl. der Wettermodelle, für die Wetter-Vorhersage?
Die Unterschiede hängen von der räumlichen und zeitlichen Auflösung des jeweiligen Wettermodells ab. Wissenschaftliche Auswertungen haben gezeigt, dass bei kurz- und mittelfristigen Vorhersagen das europäische Modell (ECMWF – European Centre for Medium-Range Weather Forecasts) führend in der Qualität ist.
Kann ein Laie grundsätzlich erkennen, welches Wettermodel von welcher Wetter-App benutzt wird?
Wenn nicht explizit aufgeführt, dann ist es für einen Laien nicht erkennbar, welches Wettermodell benutzt wird. In der Regel ist davon auszugehen, dass frei verfügbare Wetter-Apps das kostenfreie amerikanische Wettermodell (GFS) als Grundlage nutzen. Kostenpflichtige Wetter-Apps verwenden Modelle mit einer räumlich und zeitlich höheren Auflösung. Hinzukommt, dass Wetterdienste ihre eigenen lokale Modelle entwickeln und einsetzen.
Was sind die großen Unterschiede von den Wetter-Apps am Markt?
Der Unterschied zwischen den Services im Geschäfts- und Privatkundenbereich liegt weniger in der Vorhersagetechnik als in den spezifischen Anforderungen der einzelnen Wirtschaftsbereiche. Mit der Einsatzwetter-App verfolgt die Wettermanufaktur einen anderen Ansatz als gängige Wetter-Apps. Einsatzwetter ist speziell auf die Anforderungen von Straßen- und Winterdiensten ausgelegt und unterstützt Einsatzleiter frühzeitig Gefahren im Straßenverkehr zu erkennen.
Die entscheidende Frage, vor der Winterdienste stehen, lautet: Ist es glatt oder nicht glatt? Das Auftreten von Glätte hängt maßgeblich von der Oberflächentemperatur und dem Zustand der Straße bzw. des Weges ab. Für die Einsatzplanung von Winterdiensten sind die Informationen, die gängige Wetterseiten oder Apps bieten, daher nicht ausreichend. Für Winterdienste ist die Darstellung von Luft- und Straßentemperatur wichtig. Trotz Plusgraden in der Luft kann es zur Glättebildung auf der Straße kommen und damit Einsätze erforderlich werden. Die Wettermanufaktur bietet Straßen- und Winterdiensten die benötigten Informationen in Form von Spezial-Vorhersagen für ihr jeweilig individuell definiertes Einsatzgebiet. Hierzu zählen unter anderem die Fahrbahnoberflächentemperatur und -zustand für Brücken, Straßen, Rad- und Fußwege für die kommenden 24 Stunden bis zu vier Tage. Die App Einsatzwetter steht ausschließlich Kunden der Wettermanufaktur zur Verfügung.
Was ist in Zukunft geplant, wird es etwas Neues an Apps geben oder wird auf der Webseite noch mehr passieren?
Generell beobachten wir, dass sich Unternehmen und auch unsere Kunden im Mobilitätssektor nicht nur auf die operative Ausführung konzentrieren, sondern ihren Schwerpunkt zunehmend auf Datengenerierung, -management und die Optimierung von Prozessen setzen. Die Wettermanufaktur steht daher in kontinuierlichen Kontakt mit den Anwendern des Wetter-Portals und der App, um diese ihren Bedürfnissen entsprechend weiterzuentwickeln.
Das Team der Wettermanufaktur hat beispielsweise speziell für Winterdienste und Straßenreinigungen Routenprognosen entwickelt. Diese stehen in der Wintersaison 2019/20 erstmals im Online-Portal www.einsatzwetter.de zur Verfügung. Eine Kartendarstellung des Einsatzgebietes mit präzisen Informationen zur Fahrbahnoberflächentemperatur und des Belagszustandes für 24 Stunden unterstützt die Einsatzleitung frühzeitig besonders kritische Stellen zu identifizieren, die Ausdehnung von Glätteereignissen richtig einzuschätzen, die Personal- und Einsatzplanung (Art/Dauer) zu organisieren, die Wahl und die Menge des Streu- und Taumittels zu treffen und die Routenführung kurzfristig anzupassen.