„Toller Sound, aber Siri ist einfach ein bisschen dumm“. Das ist der übliche Kommentar, wenn man sich Nutzerbewertungen zu Apples Homepod durchliest. Vergleichsweise selten sieht man andere Kritikpunkte als die viel gescholtene und manchmal wirklich begriffsstutzige Siri – viele stören sich an der engen Anbindung an Apple Music. Fast keine Kritik gibt es dagegen an der Tonqualität. Eigentlich seltsam, ist das nicht die wichtigste Eigenschaft eines Musikplayers? Warum steht dann kein Homepod in jeder Großstadtwohnung? Und warum sind die Airpods so viel erfolgreicher?
Ist der Homepod ein Erfolg oder ein Flop?
Die Frage, ob Apples Smart Speaker ein Erfolg oder Misserfolg ist, lässt sich gar nicht so einfach beantworten. Laut den Bewertungen von Käufern, scheinen diese ja meist zufrieden zu sein. Auch ein gutes Zeichen: Bei Ebay findet man gebrauchte Homepods recht selten. Hat sich jemand zum Kauf entschlossen, bereut er ihn nur selten. Apple hat bisher keine offiziellen Verkaufszahlen veröffentlicht, die Markforscher von Strategy Analytics schätzen die Verkäufe im letzten Quartal 2019 auf 2,6 Millionen Stück – also vielleicht 10 Millionen Stück im Jahr. Eine Steigerung gegenüber dem Vorjahr und bei einem Stückpreis von 300 Dollar ein Umsatz von knapp 800 Millionen Dollar. Im gleichen Zeitraum hatte allerdings allein Amazon 15,9 Millionen sogenannte Smart Speaker verkauft. Google hatte zuletzt ebenfalls viele Erfolge mit seinen mit Google Assistant aufgewerteten Lautsprechern und kam Amazon mit 13,9 Millionen Stück sehr nahe. Für Apple reicht es da nur für einen sechsten Platz nach Baidu, Alibaba und Xiaomi.

©Strategy Analytics
Die Frage ist jedoch berechtigt, ob Apples Homepod hier in der richtigen Produktkategorie eingeordnet ist? Vergleicht man ihn mit drahtlosen Lautsprechersystemen der gehobenen Kategorie wie Sonos One und Google Max, schneidet er weit erfolgreicher ab. Anderereseits kann man von Apple wohl etwas mehr erwarten: Cupertino hat schließlich nur einen einzigen Lautsprecher im Angebot – der sich besser verkaufen sollte. Ungleich erfolgreicher ist Apple ja mit Kopfhörern, allein an Airpods soll Apple 2019 etwa 60 Millionen Stück verkauft haben – also die sechsfache Stückzahl des Homepod. Und die neuen Airpods Pro kosten kaum weniger als ein Homepod.
Das Timing war allerdings wohl besonders ungünstig: Als Apple seinen Lautsprecher vorstellte, hatte Cupertino als Konkurrenten wohl eher die teuren drahtlosen Speaker von Sonos oder Design-Anlagen von Bose im Blick – weniger Alexa und Google Assistant.
Optimale Soundqualität war das Ziel und hier schlägt der Homepod die meisten Smart Speaker um Längen. Als digitaler Assistent konnte der Homepod aber nicht gut mithalten , fehlen ihm doch auch Zugriffe auf Online-Datenbanken und Nutzerkonten wie Alexa. Nicht zuletzt wird Siri im Vergleich zu einem aktuellen iPhone zudem von einem lahmen A8-Prozessor auf iPhone-6-Niveau ausgebremst. Kauft man einen „Smart Speaker“ will man aber offensichtlich auch einen zuverlässigen Assistenten, der Fragen und Befehle sofort versteht und zuverlässig durchführt und nicht nur einen toll klingenden Lautsprecher.
Oder wie es eine Kollegin formulierte: Die Nutzer verstanden nicht, warum etwas, wie ein Smartspeakter aussieht, wie ein Smartspeaker funktioniert, so viel wie ein Smartspeaker kostet, dann kein Smartspeaker ist, sondern ein Apple-Music-Abspielgerät?
Die erste Enttäuschung für viele Käufer.
Kleine Zielgruppe
Bei Erscheinen eines Produktes ist es schwer, den Erfolg einzuschätzen. Auf den ersten Blick machte der Homepod einen tollen Eindruck. Wenn man sich die potentielle Zielgruppe ansieht, wird diese bei näherer Betrachtung aber immer kleiner, vor allem im direkten Vergleich zu den allseits geschätzten Airpods:
Auch wenn es trivial klingt, es fängt mit den Hörgewohnheiten an: Für die Nutzung muss man gerne zu Hause Musik hören , was schon viele mobile Apple-Fans ausschließt. Für viele jüngere Anwender sind Bluetooth-Lautsprecher sinnvoller oder gute Kopfhörer wie die Airpods und kein schwerer Klotz, der eine Steckdose benötigt. Ein weiteres Ausschlusskriterium: Bei der zu hörenden Musik sollte es sich beim Homepod besser um Apple Music handeln, was die Zielgruppe weiter eingrenzt. Man kann zwar per Air Play Spotifiy oder einen anderen Streaming-Dienst nutzen – das ist aber wenig komfortabel. Zugeschnitten ist der Homepod eindeutig auf Apple Music, ein weiterer Unterschied zu den Airpods. Apple verdient zwar laut John Gruber und unserer persönlichen Einschätzung nur wenig Geld an dem hochwertigen Lautsprechersystem, mit 330 Euro ist er aber noch immer kein Schnäppchen. Bei einem Preis von 330 Euro ist er als Spontankauf oder Alltags-Geschenk zu teuer – als Weihnachtspräsent greift man da lieber zu den neuen Airpods, über die sich jeder ganz sicher freut. Für einen Stereoeffekt benötigt man zudem gleich zwei der Geräte, muss also 660 Euro investieren. Die vierte Einschränkung: Die noch verbliebenen Musikfans müssen ein fest vorgegebenen Klangprofil akzeptieren – durch eine Automatik vorgegeben – mit präsentem Bass, der vor allem für Rock, Pop und Hip-Hop optimiert ist. Nicht ideal für Klassik-Freunde oder Fans neutralen Klangs.
Als Ergebnis bleiben nun von allen Apple-Nutzern nicht mehr viele mögliche Kunden übrig, die eventuell aber schon eine Anlage von Sonos, Ikea, Bose nutzen. Ganz anders die Airpods, die – man glaubt es kaum – sogar hervorragend an einem Android Smartphone nutzbar sind .
Fazit:
Der Homepod hätte eigentlich eine zweite Chance verdient, die Einsortierung als Smart Speaker ist ein Missverständnis. Mehr noch: Beim Verkaufsstart war der Preis zu hoch und die Software nicht perfekt, Apple hat aber hier viel nachgebessert. Noch immer muss man sich vor dem Kauf aber klar sein: Er ist vor allem für das Hören von Musik gedacht und auf Apple Music zugeschnitten – weniger auf das Vorlesen von Kochrezepten oder alternative Streaming-Dienste.