Offenbar kommt die One-Shot-Aufnahmetechnik wieder in Mode. Nachdem der Kriegsfilm von Sam Mendes “1917”, der wie einer einzigen Einstellung gefilmt aussieht, mehrere Preise abgeräumt hat, hat Apple in einer spektakulären PR-Aktion die Methode zur Veranschaulichung der Kamera im iPhone 11 Pro verwendet. Dazu hat das Unternehmen die junge russische Regisseurin Aksinja Gog beauftragt, die Rahmenbedingungen waren sehr knapp: Filmen nur mit dem iPhone, in der Eremitage in Sankt Petersburg, mit einem Shot von mindestens fünf Stunden. Daraus ist eine meditative Reise durch eins der größten Kunstmuseen der Welt entstanden, die Apple auf seinen russischen Youtube-Kanal hochgeladen hat.
Während sich vor der Kamera die klassische Kunst entfaltet – schließlich stellt die Eremitage Rubens, Rembrandt, Tiziano Vecellio, Caravaggio, El Greco und andere aus – spielt sich hinter der Kamera eine komplizierte Choreographie aus modernster Technologie, Timing, Proben und Dreharbeiten ab. Das gesamte Filmteam bestand aus mehreren hundert Menschen, gefilmt hat das Museum eine Kern-Crew aus sieben Beteiligten, die sich bei den Dreharbeiten abgewechselt haben. Die Regisseurin erklärt der russischen Zeitung ” Meduza ” in einem länglichen Feature, dass das Projekt mindestens ein halbes Jahr gedauert hat. Eine Generalprobe war im Museum nicht möglich, so ist der Film nicht nur One Shot, sondern auch gewissermaßen ein First Take. Die Team-Mitglieder haben die Aufnahmen im Museum nur in Stücken geprobt, zu normalen Öffnungszeiten, mit einem iPhone in der Hand war dies problemlos möglich. Eine zusätzliche Herausforderung stellte die geographische Lage des Museums dar: Das Team um Gog filmte an einem Montag (Feiertag im Museum) im Dezember, in Sankt Petersburg dauert der lichte Tag zu dieser Jahreszeit ungefähr nur fünf Stunden, eine zweite Chance, neu zu filmen, hatte das Team also nicht.

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Bevor sich die Filmer überhaupt ins Museum trauten, hatte der technische Direktor des Projekts, Nikolaj Pigarev, die Möglichkeiten vom iPhone 11 Pro ausgereizt. Als ihm die Rahmenbedingungen – fünf Stunden 4K-Film auf dem iPhone ohne Aufladen – genannt wurden, hatte er nachgefragt, ob dies überhaupt möglich sei. Die Antwort war: “Das müssen wir selbst herausfinden”. In einem ersten Versuch hat er aus seinem Fenster mit einem iPhone 11 Pro gefilmt, das Smartphone konnte einen Film von über sechs Stunden aufnehmen. Später hat Pigarev herausgefunden, was sich bei solchen Extrem-Aufnahmen besonders auf die Akkuzeiten auswirkt: Die Bildschirmhelligkeit, Bluetooth und Wlan lustigerweise nicht, sondern die Belichtung des Motivs, Autostabilisation und Fokus während der Aufnahmen. Aus diesen Versuchen ist die Video-App ” Catch ” entstanden. Die App kostet im App Store knapp elf Euro, lässt von der Apple Watch aus Weißabgleich, Verschlusszeit und ISO der Kamera auf dem iPhone steuern.
Die eigentliche Aufnahme fand dann mit drei iPhones gleichzeitig statt: Das Hauptgerät, ein Backup der Filmaufnahmen und das dritte iPhone hatte das Video-Signal der Aufnahmen auf die Geräte der Crew weitergeleitet. Der Film dauert etwas länger als fünf Stunden, nach Angaben des technischen Direktors hat der Akku noch 19 Prozent Restladung gehabt. Der 4K-Film hat eine Größe von etwas mehr als 128 GB, mit dem Einstiegsmodell von 64 GB wäre er also erst gar nicht möglich.

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Die Regisseurin bewertet die Ergebnisse sichtlich stolz: “Es ist keine Werbung und kein Film, eher eine Kunstperformance, weil wir bis Ende nicht wussten, ob unsere Idee gelingt oder nicht. So etwas passiert einmal im Leben: One Shot ohne Generalprobe, ohne zweite Chance. Als Ergebnis haben wir etwas Echtes und Unvorhersehbares vor die Kamera gebannt, wie das Leben selbst eben.”