“Apple ist ein Softwarehersteller” stellte Steve Jobs schon in Zeiten klar, als noch nicht einmal die bisher erfolgreichste Hardware aus Cupertino, das iPhone, auf den Markt gekommen war. Natürlich war Apple schon immer beides gewesen: Hersteller von Hardware und Software. Im Jahr 2021 werden wir sehen, wie gut Apple auch auf dem Mac Hardware und Software zusammen bringen kann. Aber Apple ist weit mehr als das, nämlich auch ein Service-Anbieter – und das auch nicht seit gestern.
Der prominente Dienst wirft ab 2021 Geld ab
Auch nicht seit dem Tag Ende März 2019, als Apple unter dem Motto “It’s showtime” eine handvoll neuer Services vorstellte. Spektakulär natürlich Apple TV+, wann kann sich Apple bei Keynotes mit einem solchen Staraufgebot schmücken, bestehend aus Oprah Winfrey, Steven Spielberg, Jason Momoa, Reese Witherspoon und Jennifer Aniston? Doch ist der Streaming-Service, für den Apple ab Februar 2021 die meisten seiner Kunden erstmals zur Kasse bitten wird, an sich nur der Herausragende, also: der Prominente.

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Apple hat anders als zu früheren Zeiten seinen TV-Streaming-Service nicht in einen “walled garden” gepackt, Apple TV+ ist auf einer Vielzahl von Geräten zu empfangen, Apple Music allmählich auch. Natürlich ist es sinnvoll, macOS nur auf Macs laufen zu lassen und iOS nur auf iPhones, wenn nun bald alle Macs von Apple Silicon getrieben werden, ist das noch offensichtlicher. Für Apple war es erst einmal auch keine schlechte Idee, den iPod strikt an den Mac zu koppeln, doch schon die zweite Version gab es ab 2002 in einer USB-2-Version für Windows-PCs. Und die Furcht vor einer schlechten Nutzererfahrung ließ Apple zunächst das iPhone mit Argusaugen bewachen, nur eigene Apps kamen auf das Smartphone und handverlesene von Google. Bis eben 2008 der Markt Apple gewissermaßen dazu zwang, das iPhone auch für Dritte zu öffnen. Mit dem App Store war der bis dato erfolgreichste Service Apples geboren.
Besonderes Augenmerk auf den App Store
Besonders auf den App Store wird Apple im kommenden Jahr mehr Aufmerksamkeit legen müssen. Das hat regulatorische Gründe: Konkurrenten Apples fühlen sich unfair behandelt, weniger aufgrund der im App Store anfallenden Gebühren, die wo anders nicht unbedingt niedriger sind, sondern wegen zahlreicher Restriktionen, die sich wie unfairer Wettbewerb anfühlen. So dürfen Anbieter von Inhalten für Apps laut der Apple-Richtlinien diese anderweitig nicht zu einem niedrigeren Preis anbieten, etwa Bücher, In-Game-Währung oder Abonnements. Konkurrenten wie Spotify beklagen darüber hinaus auch, dass Apple in seinem Angebot die besten Positionen besetzt, Werbung für Apple Music bekommt man überall angeboten, so häufig, dass man beinahe meinen könnte, es gebe nichts anderes. Apples Small Business Program , das kleinen Unternehmen mehr von den Umsätzen lässt, könnte ein erster notwendiger Schritt Apples sein, um nicht der Regulierung von US-Behörden oder der EU-Kommission anheimzufallen, eine der Forderung der Ankläger ist eine Senkung der Kosten.

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Im Jahr 2021 wird sich im App Store aber nicht nur viel um mögliche Lockerungen des bisherigen strengen Gatekeepers drehen, die technische Basis hat sich grundlegend verändert. Von einem Mac App Store kann man allmählich nicht mehr sprechen, wenn immer mehr Apps von iOS und iPadOS auf den Mac kommen. Das hat schon im Jahr 2019 mit Project Catalyst begonnen, der Möglichkeit für Entwickler, ihre Anwendungen zeitgleich für iPhone, iPad und Mac zu entwickeln. Mit Apple Silicon in den neuen Macs ergibt eine solche Unterscheidung immer weniger Sinn, iPad-Apps und solche für das iPhone laufen einfach darauf.
Nur in einem Punkt gibt es noch Unterschiede: Während iPhone und iPad neue Programme ausschließlich über den App Store bekommen – daran wird Apple nicht rütteln – kann der Mac seine Programme auch aus anderer Quelle beziehen. Apple macht es seinen Kunden zwar immer leichter, auf Software vertrauen zu können, indem es eben Sicherheitsvorkehrungen wie den Gatekeeper oder die Notarisierung in das macOS einbaut , umgehen kann man den Apple-Vertrieb aber nach wie vor. Wenn Apple den Vertrieb über den App Store aber auch auf dem Mac so attraktiv macht, dass Entwickler Apples Anteil als seinen Preis wert betrachten, wird der App Store auch für den Mac eine immer größere Rolle spielen.
Mehr Bewegung dank Apple
Kurz vor Weihnachten 2020 geht mit Fitness+ ein weiterer Apple Service an den Start . Gerade zur rechten Zeit, in der es in der häuslichen Isolation wieder an Bewegung fehlt und Sport an der frischen Luft nicht für jeden das Fitnessprogramm der Wahl ist. Weder sprechen technische noch administrative Gründe gegen die Ausweitung von Fitness+ in die ganze Welt oder zumindest nach Europa. Allenfalls eine Sprachbarriere besteht, Filme kann man synchronisieren, macht man das mit Fitnesstrainern, fühlt man sich in Berlin, Rom oder Paris eher so, als würde man einen Homeshoppingkanal sehen. Die Übungen mögen sich gleichen, auch die verwendeten Kleingeräte, aber auch von virtuellen Trainern auf der Mattscheibe mag man vertraute Anweisungen hören. “Quäl dich, du Sau!” wäre zwar auch nicht Apple like, aber Lokalisierungen für Fitness+ wird es geben, und das dauert eben eine Weile.

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Auf eine Lokalisierung von Apple News respektive den aus Texture hervorgegangenen Apple News+ darf man weiter warten, vermutlich ist der Markt in Deutschland für Apple auch wenig attraktiv. Überhaupt darf man Apple News+ wohl zu den gescheiterten Service-Produkten Apples zählen, es ist eben nicht trivial, die Geschäftsmodelle des Journalismus zu digitalisieren. Verlage haben das in Deutschland mehr oder minder erfolgreich praktiziert, andere ebenso erfolgreich schlicht ignoriert: Eine Flatrate für Zeitungen und Zeitschriften, bei denen für die Verleger nur Brosamen abfallen und der Kontakt zu den Kunden und ihren Wünschen verloren geht, ist wenig attraktiv. Das würde Apple nicht stören, doch sieht es nicht so aus, als gebe der deutschsprachige Raum ein großes Versprechen für Apple News+.
An das Geld gedacht
Anders sieht es mit Finanzdienstleistungen aus – und hier hat Apple gezeigt, dass man auch dicke Bretter bohrt, wenn es lohnenswert ist. Vier Jahre dauerte es vom Start in den USA, bis Apple Pay auch nach Deutschland kam – man musste mit einer Vielzahl von Banken verhandeln. Dabei zickten vor allem die beiden großen Verbände der Sparkassen und der Volks/Raiffeisenbanken herum – aus nachvollziehbaren Gründen, denn schließlich ging es ums Geld. Die Frage war nur, wer eher nachgeben würde: Die Banken, weil sie um vorwiegend junge Kundschaft fürchten mussten und lieber Apples Forderungen nachgeben würden oder Apple selbst, das es sich nicht lange leisten können würde, ein derart großes Kundenpotential brach liegen zu lassen. Offenbar haben beide Seiten Kompromisse gefunden, sonst wären Ende 2019 und Anfang 2020 nicht erst die Sparkassen und später die VR-Banken dem System beigetreten. Aber auch speziell die Sparkassen hatten einen Punkt, wie sich erst im Dezember erwies: Vom August, in dem die Girocard kompatibel zu Apple Pay wurde, bis Jahresende hatte sich die Kundenschaft bei den Sparkassen auf 1,5 Millionen verdreifacht.
Nun stehen Apple und die tradierten Banken vor einer weiteren Konkurrenzsituation: Die Apple Card könnte bald nach Europa kommen. Aber das Jahr 2021 könnte ohne deren Einführung in Deutschland vorüberziehen. Da Apple keine Bank ist, benötigen sie einen Partner für die Ausgabe einer solchen Karte. In den USA ist das Goldman Sachs, respektive deren Endkundentochter Marcus, die in Deutschland keine Rolle spielt. Eher noch kann man 2021 auf die Einführung von Apple Pay Cash hoffen, mit dessen Hilfe man kleine Beträge direkt über die App Nachrichten überweisen kann.
Service auch auf Hardware
Der Vorteil von Einnahmen aus Services ist deren Kalkulierbarkeit. Während insbesondere die iPhone-Umsätze sehr starken jahreszeitlichen Schwankungen unterliegen, fährt Apple mit Services kontinuierlich Geld ein, ebenso kontinuierlich wachsend. Die Idee wäre also keine schlechte, auch Hardware im Abonnement zu verkaufen. In Teilen gibt es das schon, bisher nur für das iPhone. Der Vorschlag des Analysten Gene Munster, Apple könnte auch Macs und iPads nicht mehr nur verkaufen, sondern auch vermieten , klingt nicht unplausibel. Nur wird es dabei etwas andere Bedingungen geben müssen als etwa im Fahrzeugleasing, bei dem Kunden wenige Probleme haben, ein vier Jahre gemietetes Produkt gegen eine Einmalzahlung dann auch noch zu kaufen und andere als beim iPhone Subscription Program, das den Kunden jedes Jahr ein neues Gerät garantiert. Die Idee als solche ist nicht schlecht, wer aber die Macwelt schon länger liest, kennt die damals nicht schlecht klingende Idee, die eben jener Gene Muster in den Jahren 2011 bis 2013 stets wiederholte: Apple werde einen eigenen Fernseher bauen. In Cupertino war man aber klüger und begab sich nicht in einen abenteuerlichen Markt, der wenig Marge abwirft, sondern setzte auf: Services.
Mehr Gesundheit
Hatten wir das nicht schon letztes Jahr geschrieben, in unserem Ausblick auf Apples Service-Jahr 2020? “Für Apple ist der Gesundheitsmarkt von großem Interesse?” Ja, so oder so ähnlich formulierten wir. Doch noch ist die Apple Watch für Apple vor allem klassisches Hardwaregeschäft, alle ein bis drei Jahre kann man den Kunden eine neue verkaufen, mit mehr Funktionen, höherer Nützlichkeit und neuen Sensoren. Zuletzt ist eine Messung des Blutsauerstoffs hinzugekommen , die noch nicht medizinischen Kriterien genügt. Doch wird die Apple Watch immer mehr zum Gesundheitsgerät, das könnte sich dereinst auch in Serviceangeboten niederschlagen. Aber während sich etwa Hollywoodfilme global verkaufen lassen und das Publikum weltweit ähnlich ansprechen, wären Lösungen für das seltsame US-Gesundheitssystem kaum auf das in Europa übertragbar – und umgekehrt. Apple wird da noch eine Weile die Finger davon lassen.

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Auch 2021 wird ein Gesundheitsthema Menschen weltweit beschäftigen: Covid-19. Apple hat zusammen mit Google bereits APIs für den Datenschutz respektierende Apps geschaffen, die vor allem in einem Punkt zu kritisieren sind: Sie nehmen den Datenschutz unter Umständen zu ernst. Von der Hand zu weisen ist aber auch nicht, dass mehr Tracking als Tracing zu weit geringerer Akzeptanz in der Bevölkerung führen würde – Apple hat da wohl mehr richtig als falsch gemacht. Doch darf man gespannt sein, ob die medizinischen Studien rund um den Blutoximeter der Series 6 zu Ergebnissen führen, die eine bessere Früherkennung von Infektionen ermöglichen.
Und für einen Sensor wird es allmählich Zeit: Könnte die Apple Watch den Blutdruck so einfach und akkurat messen wie den Puls oder ein EKG, wäre das eine Knülleranwendung, die viele Patienten auch zu abonnieren bereit wären.
Auf die Ohren
“Musik liegt in der DNA Apples”, der Satz zieht sich durch bald 45 Jahre Geschichte des Computerunternehmens. Schon der Name lehnte sich an die Plattenfirma der Beatles namens Apple Corps. an, dass der Mac von Anfang an ein wunderbares Gerät war, um Musik abzuspielen und zu produzieren, führte zu einem langjährigen transatlantischen Rechtsstreit. Der iPod war 2001 das richtige Gerät, um den Musikplayer in das 21ste Jahrhundert zu führen, der iTunes (Music) Store eine Lösung für diejenigen, die endlich legal Musik auf den Computer und daran angeschlossene Player haben wollten. Im Jahr 2014 übernahm Apple schließlich die von Musikern gegründete Firma Beats und machte aus deren bis dato nur in den USA aktiven Streamingdienst einen Global Player, der auf die von Spotify ausgehende Bedrohung gerade noch rechtzeitig reagierte. Apple ist Nummer zwei im Markt, was aber bei geschätzt 80 Millionen zahlenden Kunden zu verschmerzen sein dürfte.

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Die 100 Millionen könnten im kommenden Jahr fallen, weniger tragen dazu Apples eigene Hardwareangebote wie Homepod, Homepod Mini und die Airpods, Airpods Pro und Airpods Max dazu bei – sondern Produkte der Konkurrenz. Wie bei Apple TV+ ist es Strategie, den Service auf so vielen Endgeräten wie möglich nativ laufen zu lassen. Angefangen hat das mit den Echos von Amazon, die nun auch auf Apple Music zugreifen, erst im Dezember 2020 kam die Meldung, dass Apple in Sachen Musikdienst nun auch gemeinsame Sache mit Google macht, respektive dessen Tochter Nest , auf dessen Smartspeaker Apple Music nun auch kommt. Das ist auch deshalb interessant, da die beiden Anbieter auch in Sachen Streamingdienst mit Apple konkurrieren, Amazon ernsthafter als Google. Mit Amazon balgt sich Apple offenbar auch noch um den Podcast-Produzenten Wondery – exklusive und populäre Podcasts können ein Verkaufsargument sein, für Leute, die bei anderen Diensten “gefangen” sind. Denn wer über Jahre oder Jahrzehnte seine Musikbibliothek erst mit iTunes und dann mit Apple Music gepflegt hat, wird kaum wechseln wollen – auch nicht jene, die bei Amazons hunderte oder tausende CDs mit Autorip kauften oder solche, die schon früh auf Spotify setzten. So kann man durchaus auch zwei Dienste bezahlen: Etwa Apple für die Musik und Amazon für Pocasts und mehr – oder eben umgekehrt.
Was in Sachen Reichweite Apple Music noch fehlt, sind Hersteller höherwertiger Smartlautsprecher , die in der Regel nur auf Amazon und/oder Spotify setzen. Das würde womöglich nicht einmal die Verkäufe des Homepod (Mini) kannibalisieren, Apple aber jede Menge neue Kunden für wiederkehrende Umsätze bescheren.
Wo ist denn schon wieder… ?
Während es mit den Airpods Max ein schon länger für 2020 spekuliertes Gerät gerade noch so geschafft hat (sieht man von den sportlichen Lieferzeiten bis März 21 ab …), wartet die Szene weiterhin auf die Airtags, jene Tile-artigen Anhänger mit Bluetooth- oder UWB-Chip, die man an analoge Gegenstände jeder Art anheften kann, um sie mit digitalen Werkzeugen, eben speziell der App “Wo ist…?” wieder aufzufinden. Die Hardware ist dabei eher nicht das Problem, U1-Chips sollte Apple in ausreichender Anzahl gebaut bekommen. Vielleicht hängt es aber an der Software, denn schon eine Vielzahl von digitalen Geräten in “Wo ist …?” zu verwalten, wird recht unübersichtlich. Wir sind gespannt, welche Softwarelösung oder gar welchen Service Apple für seine Airtags noch erfinden wird.
Wer ist denn das schon wieder …?
Schon erfunden hat Apple sicheren Speicher in der iCloud, den das Unternehmen auch für Kunden von Smart-Home-Kameras anbietet. So lange diese Apples Standard Homekit unterstützen, kann man deren Aufzeichnungen auch auf die iCloud laden, zu der man womöglich mehr Vertrauen in Sachen Datenschutz, Sicherheit und Privatsphäre hat als zu den Angeboten weniger bekannter Marken. Da fehlt es aber noch an Angeboten, denn Hersteller von Security-Kameras verdienen eben selbst gern an den Services. Zehn Euro pro Kamera und pro Monat ist in etwa der Preis, den man zu bezahlen hat, wenn man keinen eigenen sicheren Server für die Aufnahmen seiner IP-Kamera einrichten kann oder will. Apple bietet zudem eine Gesichtserkennung und Aktivitätszonen für jedes Kamerabild an, das mit der Home-App zusammenarbeitet, alles inklusive. Na ja, fast: Dafür benötigt man weit mehr als die 5 GB iCloud-Speicher, die seit neun Jahren mit jeder AppleID verknüpft sind. Unter 200 GB geht da nichts, selbst 2 TB sind nicht einmal viel. Es wäre 2021 mal wieder für Apple an der Zeit, den Speicherplatz zu erweitern, und sei es im Rahmen des Servicepakets Apple One, das in der Familienversion in Deutschland bisher noch wenig attraktiv ist – von der höchsten Ausbaustufe ganz zu schweigen, aber die gibt es nur in den USA mit Apple News+ und Fitness+.