Wenn man sich anschaut, welche Neuerungen macOS Monterey in diesem Jahr gebracht hat, fällt auf, dass die neuen Funktionen in Facetime und Nachrichten und die Kurzbefehle ihren Weg vom iPad und iPhone, wo sie zuerst das Licht der Welt erblickt hatten, zu macOS Monterey genommen haben. Damit sind aber wohl die meisten Möglichkeiten zur Angleichung der Apps von macOS an diejenigen von iPadOS und iOS ausgeschöpft. Vielleicht ersetzt Apple noch Launchpad durch die App-Mediathek, sodass die Programme wie auf dem iPad und dem iPhone nach Kategorien geordnet sind. Die weitere Entwicklung von Apps, die auf allen drei Plattformen zu finden sind, wird aber wohl parallel stattfinden.
Wie Apple auf Machine Learning setzt
Die auf Machine Learning basierende Texterkennung in Bildern, die auf dem Mac, dem iPad und dem iPhone mit den aktuellen Systemen eingeführt worden ist, profitiert von der Neural Engine der Apple-Chips. Eine Neural Engine war zuerst in die A-Chips der iPhones und iPads eingebaut und ist nun ebenfalls Bestandteil der M1-Chips. Live Text funktioniert zwar auch auf einigen Macs mit Intel-Prozessor, dort wird dafür der Grafikprozessor in Anspruch genommen, aber richtig zur Geltung kommt die Funktion erst mit einer Neural Engine. Wir gehen davon aus, dass Apple auch andere Techniken, die auf Machine Learning basieren, für das nächste macOS weiterentwickeln wird. Ein Kandidat für ein weiterentwickeltes Machine Learning wäre die Fotos-App, der eine bessere Erkennung von Personen und Bildinhalten gut zu Gesicht stehen würde. Auch zur automatischen Verbesserung der Fotos und Videos könnte Machine Learning beitragen. Abschalten sollte man solche automatischen Prozesse aber schon können. Weitere Kandidaten für Verbesserungen durch Machine Learning sind die Text- und Spracherkennung sowie das Erkennen von Gesten mithilfe der eingebaute Kamera. Wobei Machine Learning auch dank der Neural Engine direkt auf dem jeweiligen Gerät stattfinden kann, was aus Gründen des Datenschutzes ein Vorteil ist.

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Passwörter und Sicherheit für alle Anwendungen
Mit dem Schlüsselbund gibt es schon lange eine Möglichkeit, Benutzernamen und Passwörter für Webseiten, die man mit Safari aufsucht, zu speichern, genauso wie Passwörter für Netzwerke und E-Mail-Konten. Diese lassen sich zudem zwischen mehreren Geräten synchronisieren, wenn man den iCloud Schlüsselbund aktiviert. In macOS Monterey ist die Systemeinstellung „Passwörter“ hinzugekommen, in der man die in Safari gespeicherten Passwörter parallel zur selben Funktion in Safari verwalten kann.
Diese Passwortverwaltung funktioniert bisher aber nur mit den Passwörtern von Safari, andere Browser benützen sie nicht. Auch sind Passwörter für E-Mail-Accounts und für den Zugang zu WLANs oder Netzlaufwerke hier nicht zu finden, sondern nur in der Schlüsselbundverwaltung. Und diese ist nicht gerade ein leuchtendes Beispiel für Benutzerfreundlichkeit. Apple könnte die Passwortverwaltung in der nächsten Version von macOS unter einem gemeinsamen Dach zusammenfassen und eventuell auch für andere Programme öffnen, was aber den Passwortmanagern anderer Hersteller in die Quere kommen würde. Vielleicht geht Apple auch der Weg hin zu einer Anmeldung ohne Passwörter über den offenen Web-Standard Web Authentication (WebAuthn) weiter, der in macOS Monterey nur als experimentelle Funktion für Entwickler verfügbar ist. Mit dieser Technologie, die auf dem System von privatem und öffentlichem Schlüssel beruht, wäre es möglich, sich über jeweils in iCloud Keychain abgelegte Passkeys per Face ID oder Touch ID an Webseiten oder Apps anzumelden, ganz ohne Passwörter.
Die Kommunikation über Nachrichten und Facetime ist dank der Ende-zu-Ende-Verschlüsselung sicher vor neugierigen Augen. Bei der Kommunikation per E-Mail fehlt ein Schutz der Inhalte aber weiterhin. Es gibt zwar seit macOS Monterey mit MailKit eine Programmierschnittstelle (API), die es unter anderem erlaubt, Mail Erweiterungen zum Signieren und Verschlüsseln von E-Mails hinzuzufügen, aber materialisiert hat sich da bisher noch nichts. Vielleicht schafft Apple es selbst, hier eine Option anzubieten. Immerhin hat man ja seit macOS Monterey schon die Möglichkeit, E-Mail-Adressen aus Datenschutzgründen zu verstecken, wobei Apple aber abkassiert, da dazu iCloud+ erforderlich ist. iCloud+ würden zudem mehr Zwischenstufen für das Datenvolumen gut zu Gesicht stehen, denn für manche Anwender sind 50 GB beziehungsweise 200 GB zu wenig, aber 2 TB zu viel und damit zu teuer.

Das Erscheinungsbild
Apple hatte in macOS Monterey versucht, eine grundlegende Änderung bei der Bedienung von Safari vorzunehmen, hat aber dann doch die alte Version wieder zum Standard und die neue nur zur Option gemacht. Von daher erwarten wir keine weiteren so grundlegenden Änderungen bei anderen Anwendungen, die die gewohnte Bedienung stark ändern. Aber vielleicht wird es auch bei anderen Programmen von Apple neue Optionen geben, um die Bedienung an eigene Wünsche anzupassen. Zudem könnten die Entwickler versteckte Funktionen sichtbar machen, die sich erst dann einblenden, wenn man den Mauszeiger an eine bestimmte Stelle bewegt, wie etwa die Optionen in Mail zum Speichern der Anhänge oder den Schließbutton der Mitteilungen. Solche Überraschungsfunktionen sind nicht besonders intuitiv.
Da sich in macOS Big Sur das Erscheinungsbild im Vergleich zu der Vorgängerversion deutlich geändert hatte, wird es unserer Einschätzung nach im kommenden Jahr nicht zu weiteren grundlegenden Änderungen bei der Gestaltung der Bedienoberfläche kommen. Zumal sich auch die Human Interface Guidelines von Apple seit macOS 11 nicht geändert haben.
Zu hoffen ist, dass es für weitere europäische Länder die erweiterte Darstellung in Karten geben wird. Diese Darstellung gibt es bisher für Spanien, Italien, Portugal, Irland und Großbritannien, und natürlich für die USA sowie für Kanada und Australien. Außerdem müsste Apple bei den Fahrradrouten in die Pötte kommen und diese nicht nur für eine Handvoll von Städten sowie für Kalifornien und China anbieten. Für eine Firma, die sich Umweltschutz auf die Fahnen schreibt, ist das eine unverständliche Lücke. Am Geld kann es eigentlich nicht liegen. Oder will Cupertino den Anbietern von Navis für Fahrräder nicht in die Suppe spucken? Eher unwahrscheinlich, da das Fahrradsymbol ja fester Bestandteil von Karten ist, nur leider ohne Funktion.

Der Maschinenraum von macOS 13
Die meisten Arbeiten, um das macOS an die M1-Chips anzupassen, hatte Apple schon erledigt, bevor 2020 die ersten Macs mit Apple Silicon auf den Markt kamen. Da die Chipentwicklung bei Apple aber nicht stehen bleibt, werden die Apple-Entwickler das Betriebssystem und die Programmierschnittstellen an die nächste Generation der Chips anpassen und optimieren müssen. Diese Chips werden bei den leistungsfähigeren Macs vermutlich mehr CPUs haben als die M1-Generation, und vielleicht auch zu mehreren in einen Mac (Pro) eingebaut. Das neue Betriebssystem muss alle diese Recheneinheiten bedienen, ohne ins Stottern zu geraten. Von diesen Entwicklungen im Untergrund sollte man als Anwender aber nichts merken, außer dass die Aufgaben ziemlich fix erledigt werden.
Apple wird noch einige Zeit zweigleisig fahren, damit auch die Macs mit Intel-Prozessoren mit dem nächsten macOS zurechtkommen. Monterey funktioniert auf dem iMac, dem Macbook Pro und dem Macbook Air jeweils ab Jahrgang 2015, und der Mac Mini ist ab Baujahr 2014 und der Mac Pro ab 2013 dabei. Auch das wieder von der Bildfläche verschwundene Macbook 12 Zoll läuft ab Jahrgang 2016 unter Monterey. Eigentlich spricht nichts dagegen, dass diese Macs auch noch vom nächsten macOS unterstützt werden. Zumal der Mac Mini von 2014 bis 2018 und der Mac Pro von 2013 bis 2019 verkauft wurden. Die kann Apple eigentlich nicht nach so kurzer Zeit schon von der Liste streichen. Es wird aber so sein, dass manche Funktionen wie in macOS Monterey die Diktierfunktion ohne Internetverbindung und der Portraitmodus in Facetime den Apple-Chips vorbehalten bleiben werden.

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Der Name des macOS 13
Die Tradition, jeder Version von macOS neben einer Versionsnummer – diesmal ist es die 13 – auch einen Namen zu geben, wird Apple beibehalten. Während anfangs Großkatzen die Namensgeber für Apples Betriebssysteme waren, sind es in den letzten Jahren markante Gegenden in Kalifornien gewesen. Die Webseite 9to5Mac hat herausgefunden, dass sich die Firma Yosemite Research LLC die Namensrechte für Computersysteme an dem Begriff „Mammoth“ verlängern ließ. Die Firma ist eine Art Briefkastenfirma, die auch schon andere Namensrechte erworben und an Apple übertragen hat. So hatte Yosemite Research LLC auch das Namensrecht an „Monterey“ und „Redwood“ für Computersysteme erworben, letzteres Recht aber nicht mehr verlängert. Ende 2019 hatten wir für diesen Namen für das nächste macOS plädiert, Big Sur hatte aber das Rennen gemacht.
Die Bezeichnung „Mammoth“ steht für „Mammoth Lakes“, ein Wintersportort an der Ostseite der Sierra Nevada. Es könnte also gut sein, dass das nächste macOS diesen Namen tragen wird. Wobei es auch schon Witze wie „Ein haariges Betriebssystem“ oder „Ein ausgestorbenes System“ im Web über den Namen gibt, der ja „Mammut“ bedeutet. Und Mammuts hatten bekanntlich viele Haare und sind schon lange tot, wenn man mal von Manny und seiner Familie aus “Ice Age” absieht. Wenig wahrscheinlich ist, dass Apple mit „Mammoth“ wieder dazu übergeht, Tiernamen zu verwenden. Denn sonst müssten wir uns in Zukunft auf „Sabre-Toothed Tiger“ (Säbelzahntiger) oder „Woolly Rhinoceros“ (Wollnashorn) als Namen für das macOS einstellen.
Vielleicht hat Apple auch „Golden Gate“ als Namensrecht für Computersysteme im Repertoire. Dann hätte das nächste macOS den Namen des wohl bekanntesten Bauwerks in Kalifornien, und einen schönen Schreibtischhintergrund gäbe das Motiv auch ab. Bei Monterey hat Apple ja darauf verzichtet, sodass man auf private Initiativen angewiesen ist . Aber vermutlich sind solche Namensrechte auch für Apple nicht an der nächsten Ecke zu bekommen.

©Thomas Armbrüster