25. Januar: Ein halbwegs fester Punkt im All
Macwelt wünscht einen guten Morgen! Es gibt in diesen Zeiten auch gute Nachrichten: Bei der Reise des Webb-Teleskops an seinen Einsatzort ist offenbar entgegen dem Murphy-Gesetz nicht alles schiefgegangen, was schiefgehen konnte, sondern der über Jahrzehnte ausgetüftelte Plan ging auf. Das Sonnensegel ist komplett entfaltet, ohne dass es sich verhakte, der Kurs stimmt nach wie vor. Das war in der wissenschaftlichen Raumfahrt nicht immer so: Mal zerschellte eine Sonde auf dem Mars, weil bei der Konstruktion jemand Yards mit Metern verwechselt hatte, mal war der Spiegel des Teleskops falsch geschliffen.
Genau das passierte dem berühmtesten Vorgänger des Webb-Teleskops, dem Hubble genannten Apparat, der zunächst recht unscharfe Bilder ferner Galaxien zur Erde funkte. Die Idee war so einfach wie genial: Bekommt Hubble eben eine Brille. Also eine Korrekturlinse, die vor die eigentliche Optik angebracht wurde. Das ging bei Hubble aus zwei Gründen: Das Teleskop war recht nah der Erde in einer Umlaufbahn unterwegs, mit einem Space-Shuttle, das es auch dorthin gebracht hatte, konnte man eine Rettungsmission hinterherschicken und dem Teleskop eine Brille aufsetzen. Bemerkte man bei Webb einen schwerwiegenden Fehler, ist dieser nicht mehr zu korrigieren.
Den Grund hatten wir auf PC-Welt und Macwelt in der Berichterstattung der letzten Woche genannt: Das Webb-Teleskop verbleibt nicht in Erdnähe, sondern ist unterwegs zum zweiten Lagrangepunkt. Mit einer Linse wäre eine fehlerhafte Optik auch nicht zu korrigieren, denn eine solche führt Webb gar nicht mit, bezieht man den Begriff “Optik” auf sichtbares Licht. Webb nimmt vorwiegend Infrarotstrahlung auf, der Detektor darf nicht wesentlich über den absoluten Nullpunkt aufwärmen, damit das funktioniert. Deshalb das Sonnensegel, das eher ein Sonnenschirm ist, gegen die verbleibende Strahlung des Zentralgestirns. Die bei L2, dem zweiten Lagrangepunkt, ohnehin nur noch schwach ist. Denn L2 liegt gewissermaßen immer im Erdschatten, 1,5 Millionen Kilometer von der Erde entfernt. Infrarotstrahlung von Sonne, Erde und Mond kommt aus Sicht des Teleskops aus der gleichen Richtung, ein Schirm genügt also – für den freien Blick in das Universum, der weiter und damit weiter in der Zeit zurückreichen soll, als je zuvor.
Aber warum genau L2? Weil dieser Punkt immer im Erdschatten liegt. Webb dreht sich gewissermaßen mit der Erde – die auch noch den Mond mitnimmt – um die Sonne. Insgesamt gibt es in einem System mit einer schweren zentralen Masse wie der Sonne und einem zweiten Körper fünf Punkte, an denen vernachlässigbar schwere Körper kräftefrei mitrotieren. Auf diese Teillösung des analytisch nicht lösbaren allgemeinen Dreikörperproblems kam der Mathematiker Joseph-Louis Lagrange, der am 25. Januar 1736 in Turin zur Welt kam und der Welt der Wissenschaft nicht nur die nach ihm benannten Punkte bescherte, sondern auch Prinzipien der Numerik und der Gruppentheorie.
Dass Webb zum Lagrange-Tag den zweiten Lagrangepunkt erreicht , mag nicht so geplant gewesen sein, hat aber Charme – im Dezember hatte sich der Start um einige Tage verzögert, ehe es vor ziemlich genau einem Monat auf die weite Reise ging.
Lesetipps für den Dienstag
Mehr vom Selben: Ja, wir wissen es – das Jahr 2022 wird ein sehr spezielles für Apple. Dabei muss Cupertino nicht mal eine neue Produktkategorie aufmachen (AR/VR, Homepod Touch) oder eine alte zurück ins Spiel bringen (Desktop-Monitor); es genügt einfach, die Umstellung des Mac auf Apple Silicon zu vollenden, ein neues iPhone SE zu bringen, die iPads zu aktualisieren und mit dem iPhone 14 ein paar Änderungen zu bringen, die mehr sind als Produktkosmetik. Aber Bloombergs Mark Gurman muss natürlich jeden Sonntag seinen Newsletter “Power On” füllen, auch wenn es keine News gibt. Und was machen alle, alle, wirklich alle Publikationen der weltweiten Apple-Familie: Aus der neuesten “Power On”-Ausgabe zitieren, als habe Gurman am Berg Sinai das elfte Gebot empfangen. Wenn will alle sagen, dann meinen wir auch alle, natürlich haben sich unsere Kollegen der Macworld nicht lumpen lassen.
Gegenmaßnahme: Der in Lateinamerika populäre Online-Marktplatz Merrcato Libre geht in Zusammenarbeit mit Apple gegen Produktfälschungen vor. Insbesondere Zubehör wie Airpods, Ladegeräte und Hüllen werden oft kopiert und als Apple-Geräte angeboten. Mercato Libre möchte ab sofort Händler von seiner Plattform ausschließen, die gefälschte Apple-Produkte anbieten und ihnen verbieten, künftig noch Apple-Produkte zu vertreiben.
The trend is your friend : Apple hat laut Zahlen der Marktforscher von JustWatch in den USA mit seinem Angebot Apple TV+ Ende 2021 nur bescheidene 5 Prozent Marktanteil – war aber im Laufe des vergangenen Jahres um zwei Prozentpunkte gewachsen, allein einen Punkt im vierten Quartal. Netflix dominiere den Markt weiterhin, müsse aber Einbußen bei den Anteilen verzeichnen, die 25 Prozent lagen um zwei Prozentpunkte niedriger als im Quartal davor. Grund ist die zunehmende Konkurrenz, nicht nur von Apple TV. Auf Platz zwei liegt Amazon Prime Video mit 19 Prozent Anteil, gefolgt von Hulu und Disney+ mit jeweils 13 Prozent und HBOI mit 12 Prozent.
Thank you for the Music : Das eine B in ABBA hat seit gestern eine eigene Radioshow auf Apple Music Hits. Gitarrist und Komponist Björn Ulvaeus (76) lädt zur vierteiligen Serie “Björn from ABBA and Friends’ Radio Show” ein. In der ersten Folge unterhält er sich mit einer anderen Musiklegende über die Produktion von Welthits – Nile Rodgers sollte davon ebenso viel verstehen wie Ulvaeus. Oder eben genauso wenig, denn wie Björn der Associated Press verrät, hat er keineswegs ein Patentrezept zum Nachkochen parat: “Ich wollte schon lange einige emotional intelligente und auch intellektuelle Leute, die ABBA kennen, fragen, warum sie denken, dass unsere Lieder so lange überdauert haben – fast 40 Jahre – weil ich es selbst nicht verstehe”. ABBA hatten nach fast vierzigjähriger Pause vergangenen November das Album “Voyage” mit zahlreichen neuen und einigen älteren, aber bisher unveröffentlichten Songs herausgebracht. Die Band wird es auch wieder auf die Bühne ziehen, jedoch als deutlich jüngere Avatare ihrer selbst. Die Shows werden jeweils um 21 Uhr auf Apple Music Hits gestreamt und sollten auch danach im Programm abrufbar sein. In den Folgen zwei und drei spricht Björn mit Catherine Johnson, Dramatikerin des Musicals “Mamma Mia!”, in Folge vier ist Johan Renck dran, der als Kreativdirektor die Konzerte der “Voyage”-Tour verantwortet.
Weitere Nachrichten:
Philips Hue: Neue App-Effekte und Outdoor-Beleuchtung
Signify hat in dieser Woche zwei neue Outdoor-Lampen aus der Philips-Hue-Familie vorgestellt . Den Anfang macht die Wandleuchte Inara. Die im Vintage-Stil gehaltene Leuchte bietet ein austauschbares Filament-Leuchtmittel. Sie ist dimmbar und in Warmweiß gehalten. Inara ist ab 8. Februar 2022 in Deutschland erhältlich und kostet 99,99 Euro.
Die zweite Outdoor-Leuchte hört auf den Namen Calla. Bei ihr handelt es sich um eine Sockelleuchte aus Edelstahl. Sie kann beispielsweise genutzt werden, um den Weg zur Haustür zu säumen. Ihre Höhe beträgt 25 Zentimeter, wodurch sie sich im Garten unter anderem auch für die Beleuchtung von Blumen und anderen Pflanzen oder Bäumen eignet. Sie strahl wahlweise weißes oder farbiges Licht ab. Calla ist ebenfalls ab 8. Februar 2022 in Deutschland erhältlich. Sie kostet 139,99 Euro.
Die beiden Lampen sind dimmbar und witterungsbeständig. Sie können über die Hue-App, Sprachsteuerung, die Fernbedienung oder den Outdoor-Bewegungssensor gesteuert werden. Sie können außerdem über die Philips Hue Bridge in die Smart-Home-Beleuchtung integriert werden.
Im ersten Quartal liefert Signify außerdem zwei neue Effekte für seine Hue-App aus. Die beiden Effekte hören sollen Kerzenschein und Kaminfeuer imitieren. Sie sind jedoch nur mit Hue-Produkten kompatibel, die sowohl Zigbee als auch Bluetooth unterstützen.
Gerücht: Google soll an neuem Chromecast arbeiten
Google möchte seine Chromecast-Marke offenbar weiter ausbauen. Gerüchten zufolge befinde sich ein neues Modell mit dem Codenamen „Boreal“ in Arbeit. Dieses soll die gleiche Software nutzen wie das im Herbst 2020 veröffentlichte Chromecast mit Google TV. Der Marktstart soll noch in diesem Jahr erfolgen. Welche neuen Hardware-Features „Boreal“ mitbringt, bleibt hingegen offen. Es sei jedoch davon auszugehen, dass „Boreal“ über deutlich mehr Leistung verfügt und auch mehr Arbeitsspeicher und internen Speicher bieten soll. Dies könnte jedoch bedeuten, dass der äußerst kompakte Formfaktor des Chromecast aufgegeben werden muss. Ebenfalls im Gespräch ist eine Unterstützung der AV1-Decodierung.
AV1 wurde bereits im März 2018 veröffentlicht. Es handelt sich um ein offenes, lizenzkostenfreies Verfahren zur Videokompression. AV1 basiert dabei auf dem von Google entwickelten VP9-Verfahren und soll dem etablierten HEVC/H.265 Konkurrenz machen. In Browsern wie Chrome, Firefox und Opera ist AV1 bereits seit Ende 2018 integriert, Microsoft Edge folgte Anfang 2020. Speziell auf der Videoplattform Netflix wird AV1 immer wichtiger. Den beiden letzten Chromecast-Modellen aus dem Herbst 2020 fehlte jedoch noch eine Unterstützung für AV1.
Auch wenn bereits mit einem Verkaufsstart in diese Jahr zu rechnen sei, bleibt völlig offen, ob es sich bei „Boreal“ um einen direkten Nachfolger des Chromecast mit Google TV handelt. Denkbar sei auch, dass Google hier an einem neuen Produkt arbeitet, welches parallel zu Chromecast angeboten wird. Eine offizielle Bestätigung der Entwicklung von „Boreal“ steht noch aus.