28. Januar: Irre Lehren leerer Irrer
Macwelt wünscht einen guten Morgen! Es ist schon sinnvoll, dass man in diversen Lehrgängen ein Trainerdiplom erwirbt, bevor man die Nationalmannschaft aufstellt. Es ist gewiss nicht von Schaden, eine Universität von innen gesehen zu haben, bevor man sich über Viren und Epidemien auslässt, noch besser, wenn man mit einem Abschluss oder gar einer Promotion die Universität verlässt, bevor man seine Ansichten über ein Sujet als Fakt präsentiert und nicht nur als bauchfühlende Meinung oder weil es einem sonst so in den Kram passt. Manchmal schadet es auch nicht, bei seinem Fach zu bleiben, anstatt als Bundestrainer in spe echte Experten der Medizin als “sogenannte” zu titulieren. Man stelle sich nun vor, in diesem Land gäbe es nicht nur einen echten und 82 Millionen gefühlte Bundestrainer, in Personalunion 82 Millionen gefühlte Gesundheitsminister und einen echten – und dazu noch 82 Millionen Historiker. Wobei auch gerade wieder dieser Tage sehr viel Geschichtsklitterung und -relativierung zu hören und zu lesen ist. Fehlt dann nur noch, dass uns 82 Millionen theoretische Physiker das Wesen der Gravitation erklären.
Eine ebenso irre, aber nicht ganz so gefährliche Theorie hat vor gut 30 Jahren der “Privatgelehrte” Heribert Illig aufgestellt, über die sogar Qualitätsmedien wie das Magazin der Süddeutschen Zeitung oder brandeins berichteten: Karl den Großen hat es dem Verschwörungsmythos zufolge niemals gegeben. Alle Dokumente, die auf Karl zurückgingen seien gefälscht.
In die Karten spielt Illig dabei die Tatsache, dass in der Tat viele Karl zugeschriebenen Dokumente gefälscht sind, so ist etwa die angeblich von Karl ausgestellte Gründungsurkunde des Hamburger Hafens eine solche nachträglich angefertigte Fälschung ( nachzulesen etwa bei Gerhard Prause ).
Aber Illig zählt zwei und zwei zusammen und kommt dabei nicht mal auf “fünf”, sondern auf “lilablassblau”: Fast dreihundert Jahre des Mittelalters seien frei erfunden, zu einem späteren Zeitpunkt von Papst und Kaiser, welche die bekannte Welt gerne im Jahr 1000 regiert hätten – und mir ihrer Fälschung tatsächlich durchkamen.
Die Kaiserkrönung Karls an Weihnachten 800? Ein Hirngespinst! Die Expansion einer kleinen Grafschaft zu einem Weltreich? Pure Fantasie, wie soll das denn auch gehen! Die Bekehrung der Sachsen zum Christentum? Die waren doch schon damals gegen alle fremden Religionen! Und schließlich der Todestag am 28. Januar 814? Ein vollkommen willkürliches Datum. Und Aachen hat auch keine Kaiserpfalz, sondern irgendein anderes altes Gebäude. Armin Laschet als später Nachfahre? Man sieht: Kaiser ist er nicht geworden, bekanntlich nicht mal Kanzler.
Die krasse Geschichtsfälschung konnte deshalb leicht gelingen, behauptet Illig, weil im Frühmittelalter ohnehin nur Kirchengelehrte und weltliche Herrscher des Schreibens und Lesens sowie der Kalenderführung mächtig waren. Die islamische Welt habe bei dem Betrug auch mitgemacht, Mohammeds Auszug aus Mekka fand demnach nicht 622 statt, sondern irgendwann anders, denn die Jahre 614 bis 911 habe es nie gegeben.
Vor ein paar Jahren hatten wir derartige Märchen von selbsternannten Experten noch als nette, aber harmlose Geschichte abgetan, die man bei der Dinnerparty zum Besten geben kann. Die alternative Historie fällt jedoch sofort durch jede ernsthafte Prüfung. Schon der Trugschluss, dass eine Flut gefälschter Dokumente aus der Karlszeit Beweis für deren Nichtexistenz sei! Die Gilde der Historiker nahm Illigs Thesen teils amüsiert und, teils schockiert zur Kenntnis, denn der Privatgelehrte hat zahlreiche Anhänger, die unbesehen Verschwörungstheorien glauben und keinerlei Argumente mehr zur Kenntnis nehmen, die ihr Weltbild korrigieren könnten. Die Karlsgegner sind wenigstens eher harmlose Spinner, solange sie nicht zum Impfgegner umgeschult haben, in der Schule der Irren.
Wenn man aber echte Schulen und Universitäten besucht hat, weiß man: Die Quellenlage aus der Zeit des Mittelalters ist auch nicht so schlecht, als dass man 1208 Jahre danach nicht mehr zwischen Original und Fälschung unterscheiden könnte, mit den digitalen Daten der Jetztzeit ist das in manchen Fällen etwas komplizierter.
Da wird mittlerweile gerne etwas für bare Münze genommen, nur weil es nicht in einem tradierten Medium erschienen ist. Die verquere Logik der Verschwörungstheoretiker: Wer seine Sicht der Dinge direkt in das Internet stellt, muss immer Recht haben, da Zeitung und Zeitschriften ja nur Sachen drucken, die ihnen die Regierungen und Geheimdienste vorgeschrieben haben. Es schadet aber nicht, das mit den Medien studiert oder zumindest fundiert gelernt zu haben, ehe man etwas in das Internet schreibt und das als “Journalismus” ausgibt.
Wie es scheint, benötigen wir dieser Tage nicht nur ein Übereinkommen zum Schutz des Menschen bei der automatischen Verarbeitung personenbezogener Daten , wie die am 28. Januar 1981 vereinbarte Europäische Datenschutzkonvention exakt heißt und an die der heutige Europäischen Datenschutztag erinnert. Nein, wir benötigen wohl auch eine Vereinbarung zur Pflege der Daten, Texte, Bilder, Videos und Geschichten, welche Menschen freiwillig oder unfreiwillig in das Netz stellen. Manchmal genügt es einfach, die Vernunft zu bemühen, um zwischen glaubwürdig und unglaubwürdig unterscheiden zu können. Mediaevisten haben es da bedeutend schwerer.
Lesetipps für den Freitag
Faust aufs Auge: Nein, Apple hat trotz einer Rekordbilanz im Weihnachtsgeschäft 2021 keine spektakulären Akquisen angekündigt, aber ein in Schwierigkeiten geratenes Unternehmen könnte für Cupertino durchaus der Überlegung wert sein: Peloton. Der Hersteller von hochwertigen und nicht gerade günstigen Sportgeräten und Anbieter eines recht teuren Services hatte sich mit der Nachfrage verschätzt und im vergangenen Jahr zu viel produziert. Nun hat Apple bereits einen Service, anders als bei der Übernahme von Beats vor fast acht Jahren besteht hier keine Notwendigkeit zur Akquise. Dennoch würde sich die etablierte Marke unter dem Dach Apples ganz gut machen, neben seinen eigenen Kopfhörern verkauft Apple auch weiterhin solche von Beats.
Lang und länger: Das iPhone wird immer wichtiger, jetzt ist es auch noch Eintrittskarte für die Gastronomie, will man nicht den Impfpass auch noch in die Tasche stecken. Also sollte es auch noch abends Energie haben, damit man den Impfpass vorzeigen kann und später auch noch die Fahrkarte. Gerade bei älteren iPhones lässt der Akku nach, etwa nach einem Jahr des dauerhaften Betriebs merkt man entsprechende Effekte. Macworld hat zehn Tipps zusammengetragen, die dabei helfen, den Akku und damit das iPhone länger in Betrieb zu halten.
Better Beta : Wie erwartet, hat Apple einen Tag nach Veröffentlichung der Updates seiner Betriebssysteme die nächste Beta-Runde eingeleitet und die ersten Entwicklerversionen von iOS 15.4 und iPadOS 15.4 veröffentlicht. Zeitgleich kommt auch die erste Beta von macOS 12.3 . Nach einer Nummer mit vorwiegend Fehlerbehebungen sind auch wieder neue Funktionen dabei. Respektive eine längst angekündigte, die es nun endlich auf iPhone und iPad schafft und natürlich auch auf den Mac: Universal Control, im Apple-Deutsch “nahtlose Bedienung” genannt. Auf dem iPhone soll man die Face-ID nun auch mit Maske nutzen können, hat man in den Einstellungen einen entsprechenden Schalter gesetzt, konzentriert sich die Gesichtserkennung auf die Augenregion zur Identifikation – nicht jeder hat eine Apple Watch zum Entsperren. Die schon im letzten Sommer präsentierten neuen Emojis von Unicode 14 finden nun auch ihre Repräsentanz bei Apple. Zu Passwörtern, die im iCloud-Schlüsselbund gespeichert sind, kann man Kommentare vergeben – und die EU-Impfzertifikate lassen sich ab iOS 15.4 auch in der Wallet des iPhone ablegen – finden somit auch ihren Weg auf die Apple Watch.
Gefixt: Am Dienstag dieser Woche hatte es in der iCloud wieder einen längeren Ausfall gegeben, der vorwiegend Synchronisationen betroffen hatte. Hierzulande haben wir davon wenig mitbekommen, die Probleme traten vorwiegend in unseren Nachtstunden auf. Apple will nun das zugrunde legende Problem mit “Request failed with HTTP Status Code 503” behoben haben, über das Entwickler schon im Dezember klagten.
Weitere Nachrichten:
Apple bilanziert Rekordquartal von 124 Milliarden US-Dollar – trotz Lieferkettenproblemen
Offensichtlich bedeuteten für die Probleme in der Lieferkette, die die Produktion während des letztjährigen Weihnachtsgeschäfts beeinträchtigten, viel Lärm um nichts. Apple meldete am Donnerstag einen Umsatz von 123,9 Milliarden US-Dollar für das erste Quartal des Geschäftsjahres 2021/22, mit einem deutlichen Wachstum in fast jeder Kategorie, einschließlich eines Rekordumsatzes von 71,6 Milliarden US-Dollar allein beim iPhone.
Alle Produktkategorien außer dem iPad haben im Vergleich zum Vorjahr zugelegt, wobei Mac, Services und Wearables/Home allesamt Rekordzahlen verzeichnen. Folgende Zahlen nennt Apple in seiner Bilanz:
iPhone: 71,6 Milliarden US-Dollar (9 Prozent)
iPad: 7,2 Milliarden US-Dollar (-14 Prozent)
Mac: 10,9 Mrd. US-Dollar (25 Prozent)
Wearables, Home, Zubehör: 14,7 Milliarden Dollar (13 Prozent)
Services: 19,6 Mrd. Dollar (24 Prozent)
Der Umsatz mit dem iPad sank um 14 Prozent auf 7,248 Milliarden Dollar. Apple brachte zuletzt neue Versionen des iPad Mini und der Basis-Version des iPad zum Ende des Vorquartals in den Handel, die neuen Modelle waren während des Weihnachtsgeschäfts nur sehr schwer lieferbar. Angeblich hat Apple dieses Problem in der Lieferkette selbst verstärkt, indem es alle Kapazitäten auf das lukrativere iPhone ausrichten ließ. Apple hatte jedoch nur allgemein von Verzögerungen bei den Auslieferungen der iPads gewarnt. Auch die neuen Macbooks Pro 14 und 16 Zoll waren nur schwer zu bekommen, was sich auf die Mac-Sparte weniger auswirkte.
Die Augen der Finanzwelt haben besonders Apples Gewinne im Blick, da Tech-Aktien in der Regel zu Beginn des Jahres einbrechen – Apple hat mit seiner Bilanz die Erwartungen weit übertroffen. Die Analysten erwarteten einen Gewinn pro Aktie (EPS) von 1,88 US-Dollar und einen Umsatz von 118,7 Mrd. US-Dollar, und Apple übertraf beide Zahlen mit einem EPS von 2,10 US-Dollar und einem Umsatz von 123,9 Mrd. US-Dollar. In der Telefonkonferenz nach der Bekanntgabe der Ergebnisse wies Tim Cook darauf hin, dass die Kosten für die Einschränkungen in der Lieferkette noch höher waren als im vorangegangenen Quartal, in dem das Unternehmen 6 Milliarden Dollar hatte liegen lassen.
In der Ankündigung wies Apple auf ein Allzeithoch bei der installierten Basis aktiver Geräte hin. Wie in den vorangegangenen Quartalen während der Pandemie will Apple keine Prognose für das nächste Quartal abgeben. Luca Maestri wies jedoch darauf hin, dass sich das Wachstum im nächsten Quartal aufgrund des Zeitpunkts der Einführung des iPhones verlangsamen wird.
Trend: Preise von SSDs sollen im ersten Quartal fallen
Mit dem Austausch einer klassischen Festplatte gegen eine schnelle SSD lassen sich auch betagte Rechner wieder flott machen. Im Vergleich zu einer HDD starten Programme von einer SSD schneller, auch Kopiervorgänge profitieren vom erhöhten Tempo. Die Kosten für den Umstieg von einer Festplatte auf eine SSD dürften im ersten Quartal 2022 deutlich fallen. Davon geht zumindest das Marktforschungsinstitut Trendforce aus. Während Technikprodukte wie CPUs oder Grafikkarten knapp und damit teuer sind, sollen nun ausgerechnet bei SSDs ein Preisverfall bevorstehen.
Nach Ansicht von Trendforce werde NAND-Flash-Speicher im ersten Quartal 2022 um 8 bis 13 Prozent günstiger. Eigentlich wurde sogar mit einem Preisrutsch von 10 bis 15 Prozent gerechnet. Diese Prognose musste allerdings korrigiert werden, nachdem in der chinesischen Stadt Xi’an ein Lockdown aufgrund der Coronakrise ausgerufen werden musste. In der Millionenstadt befinden sich Produktionsstätten von Firmen wie Micron und Samsung, die Flash-Speicher herstellen.
Dieser Lockdown sei nun beendet worden. Große Produktionsausfälle habe es nicht gegeben. Dazu kommt, dass sich viele Unternehmen bereits im Vorfeld mit NAND-Flash eingedeckt hätten. Durch die gut gefüllten Lager ließen sich auch weiterhin preiswerte SSDs fertigen. Auch die geringe Nachfrage habe Auswirkungen auf die Preisgestaltung von SSDs. Die sinkenden Preise könnten aber nicht nur PC-Schrauber betreffen, auch die Nachfrage nach NAND-Flash für Smartphones und Tablets sei gesunken. Auch in diesem Marktsegment könne also auf Preissenkungen gehofft werden.
BGH-Urteil: Facebook muss Pseudonyme zulassen – was das bedeutet
In Facebook häufen sich Hasskommentare und viele davon werden von anonymen Identitäten verfasst. Das erschwert die Rückverfolgung bei strafrechtlich relevanten Vorgängen. Daher hat Facebook seine Nutzungsbedingungen entsprechend geändert und bekam dafür vor zwei Jahren vom Oberlandesgericht (OLG) München Recht. In nächster Instanz hat der Bundesgerichtshof (BGH) die entsprechenden Nutzungsbedingungen von Facebook jetzt aber einkassiert und erlaubt den zwei Klägern auch weiterhin die Nutzung von Pseudonymen (Urteil vom 27. Januar 2022, Az. III ZR 3/21 und III ZR 4/21).
Rechtsanwalt Christian Solmecke von der Kölner Kanzlei Wilde Beuger Solmecke fasst die BGH-Entscheidung zusammen:
„Freuen können zumindest alle Nutzer, die sich vor dem 25. Mai 2018 anonym angemeldet hatten – sie dürfen weiterhin anonym bleiben, denn die Argumentation des BGH gilt für alle alten Versionen von Facebooks Nutzungsbedingungen. Aber: Der BGH hat – anders als das OLG München – den Fall nach der alten Rechtslage und damit auf Grundlage der nicht mehr gültigen EU-Datenschutzrichtlinie entschieden. Damit stehen die Chancen für Facebook gut, dass zumindest die aktuellen AGB rechtmäßig sind. An Facebooks Stelle würde ich daher abwarten, bis ein weiterer Nutzer aktuell klagt und die Rechtslage sich klärt. Ich rechne gerade nicht damit, dass Facebook die Klarnamenpflicht kippt. Denn das OLG München hatte den Fall ja nach der aktuellen Rechtslage beurteilt und die Klarnamenpflicht für rechtmäßig erklärt. Ob soziale Netzwerke nun aber generell Pseudonyme erlauben müssen oder verbieten dürfen, wissen wir nach der aktuellen BGH-Pressemitteilung aber nicht.“
Die letzten Bundesregierungen haben etwa mit dem NetzDG und dem Gesetz gegen Hass und Hetze im Internet bereits einiges getan, um gegen den Hass vorzugehen. Inzwischen haben die Netzwerke die Pflicht, auf gewisse strafbare Inhalte wie Beleidigungen oder Verleumdungen schnell zu reagieren und diese Kommentare zu löschen, damit sie sich nicht zu schnell verbreiten. Auch die Strafgesetze wurden verschärft und die Netzwerke haben bei gewissen Straftaten wie Morddrohungen eine Meldepflicht an die Strafverfolgungsbehörden. Das heißt nicht, dass alle rechtlichen Mittel ausgeschöpft sind. Wichtig ist jetzt aber vor allem, dass die Staatsanwaltschaften konsequent auch strafrechtlich gegen Hetzer vorgehen.
Interessant ist an dieser Stelle die Ansicht des OLG München: „Angesichts eines mittlerweile weit verbreiteten sozialschädlichen Verhaltens im Internet, habe Facebook ein berechtigtes Interesse daran, mit einer Verpflichtung zur Angabe des Klarnamens bereits präventiv auf seine Nutzer einzuwirken“, so die Richter (Urt. v. 8.12.2020, Az. 18 U 2822/19 Pre und 18 U 5493/19 Pre). Also nach dem Motto: „Wir kennen Dich und melden es der Polizei, falls Du Straftaten begehst oder zu solchen aufforderst.“
Es bleibt spannend. Wer sich aktuell bei Facebook neu mit einem Fantasienamen anmeldet, riskiert, gesperrt zu werden. Die Rechtslage für die heutige Zeit bleibt damit weiterhin unklar. Dagegen könnten betroffene Nutzer klagen und dadurch ein Urteil nach der aktuellen Rechtslage erwirken. Bis das aber wieder vor dem BGH landet, würde es allerdings Jahre dauern.