Vielleicht haben Sie es schon selbst erlebt: Ihr Telefon klingelt und Sie nehmen ab. „Hello, my name is Lisa“. Die Person am anderen Ende der Leitung stellt sich – oft auf Englisch – als Microsoft-Mitarbeiter vor, der Zugriff auf Ihren Rechner benötigt. Meist wird behauptet, ihr Rechner wäre von Viren befallen und müsste unbedingt repariert werden. So beginnt eine typische Betrugsmasche, vor der Microsoft und Verbraucherzentralen seit Jahren warnen.
Die Reparatur muss nämlich per Fernwartung erfolgen und kostet angeblich zwischen 80 und 2000 Dollar. Das ist nicht nur Abzocke, oft installieren die Betrüger gleich noch Trojaner und versuchen auf ihre Finanzdaten zuzugreifen und ihr Bankkonto zu leeren. Um ein Problem vorzugaukeln, nutzten die Betrüger Systemtools, die Nutzern angebliche Systemprobleme oder IDs anzeigen. Die Masche mit den angeblichen Anrufen von Microsoft-Support-Mitarbeitern ist nicht neu, diese Betrugsart, die Microsoft als Tech Support Scams bezeichnet, wird aber auch Mitte 2021 immer noch gepflegt.
So schützen Sie sich bei Anrufen
- Geben Sie am Telefon keine vertraulichen Informationen über sich preis. Empfehlenswert kann es sein, sich nicht mit seinem Namen zu melden.
- Rufen Sie bei einem verpassten Anruf mit einer unbekannten Nummer nicht zurück: Rückrufe an unbekannte Nummern können hohe Kosten zur Folge haben.
- Falls Sie den Anruf nicht erwartet haben und dessen Inhalt Sie nicht interessiert oder komisch vorkommt: Beenden Sie sofort das Gespräch und legen Sie auf.
- Falls Sie sich über die Echtheit des Anrufers unsicher sind, beenden Sie das Gespräch und rufen Sie bei der jeweiligen Institution selbst an – zum Beispiel bei Ihrer Hausbank. Notieren Sie sich den Namen und die Position des Anrufers, um gezielt nachfragen zu können.
Einige eigene Erfahrungen
Auch als Journalist ist man vor solchem Telefon-Spam nicht gefeit, leider sind die Abwehrmöglichkeiten begrenzter als mancher vielleicht glaubt. Noch im Telefonbuch zu stehen, macht einen nämlich in gewisser Weise zu Freiwild: Anrufe aus dem Ausland sind billig, per IP-Telefonie ist ein Anruf in Deutschland selbst für indische oder pakistanische Callcenter günstig. Das ist übrigens kein Vorurteil: Viele dieser Anrufe lassen sich in den Subkontinent zurückverfolgen, wurden doch in Indien und Pakistan in den letzten Jahren offenbar viel zu viele Callcenter aufgebaut, die sich nun neue Aufgaben suchen. Anrufe per Mobilfunk sind übrigens seltener, hier sind hohe Mobilfunkgebühren ein gewisser Schutz.
Sofort auflegen, sonst wird wieder und wieder angerufen
Anrufe sind ärgerlich, manche verärgerte Menschen wollen sich deshalb rächen und halten den Anrufer hin – etwa indem sie den Hörer neben das Telefon legen oder sich auf Diskussionen wie “Ich habe doch einen Mac” einlassen. Das ist keine gute Idee, da Sie dies für die Anrufer interessanter macht und Sie unter Umstände Mühe haben, die Anrufer wieder loszuwerden. Aus Sicht der Betrüger ist jedes Gespräch nämlich ein Sieg und kann dazu führen, dass Sie wieder und wieder angerufen werden. Wie uns einer der Anrufer auf Nachfrage mitteilte, eine Art „Hypnose“, bis man endlich der Installation zustimmt. Außerdem würde man hoffen, ein anderes Familienmitglied zu erreichen, das vielleicht zugänglicher ist. Dass man eigentlich ein Mac-Anwender ist, ist den Anrufern übrigens gleichgültig. Auch für Macs gibt es schließlich Fernwartungssoftware.
Anrufe abwehren
Eine Möglichkeit, wenn sich die Anrufe gerade häufen: Man konfiguriert seinen Anrufbeantworter für einige Tage so, dass dieser Gespräche sofort annimmt. Bei wichtigen Anrufen kann man zurückrufen, Bekannte und Verwandte erreichen einen mittlerweile meist per Mobilfunknummer. Privatanwender können zudem Anrufe auf Kontakte im Adressbuch beschränken. Für Selbstständige oder ein Ladengeschäft ist dies natürlich keine Lösung, sind doch Anrufe von Neukunden zu wichtig.
Anrufe sperren und Fangschaltung
Aus dem “Tatort” ist vielleicht die Fangschaltung bekannt. Leider ist diese Dienstleistung bei Telekom und Vodafone nicht nur kostspielig, sie ist auch nutzlos. Man kann damit nur Anrufe innerhalb Deutschlands nachverfolgen, die meisten Betrüger rufen aber aus dem Ausland an. Auch das Sperren der Telefonnummer, über die man angerufen wurde, (etwa per Fritzbox ) ist begrenzt wirksam. Ein guter Spammer kann diese CallerID frei wählen und ruft einfach unter einer anderen Telefonnummer an – gerne auch mit einer deutschen Telefonnummer. Auch das Sperren wirklich aller Anrufe aus Indien ist nicht möglich, nur das von Anrufen mit korrekter Landesvorwahl.
Bei wem beschwere ich mich?
Für lästige Anrufe ist eigentlich die Bundesnetzagentur zuständig, per Webseite kann man ein Beschwerdeformular ausfüllen und sich über den Anruf beschweren. Das Ausfüllen des Formulars dauert aber nicht nur sehr lange – wie wir bei einer solchen Beschwerde erfuhren, ist die Netzagentur für solche Anrufe gar nicht zuständig. Da es sich um einen Betrugsversuch handelt, ist laut Agentur die Polizei zuständig. Allerdings ist auch eine Anzeige bei einer Polizeibehörde zeitaufwendig und wenig wirksam. Ihre Anzeige wird wohl keine internationale Polizeiaktion auslösen – vor allem, da nur der Versuch einer Straftat vorliegt.
Unsere Empfehlung
Wir empfehlen den Anruf bei Microsoft zu melden, das dauert über ein vorgegebenes Formular nur wenige Minuten. Das Unternehmen ist über diese „Microsoft-Anrufe“ verständlicherweise wenig begeistert und hat schon einige Callcenter schließen lassen.
Hacking Back
Einige Entwickler haben es sich zur Aufgabe gemacht, diese Betrüger selbst zu hacken, wie etwa die BBC berichtet. Vor allem in den USA ist dieses „hacking back“ beliebt, auch bei Youtube finden sich einige Beispiele wie etwa von Kitboga und Anleitungen. Leider können wir davon nur abraten. Das Hacken fremder Rechner ist nicht nur aufwendig, in Deutschland (und anderen Ländern) ist es ganz einfach illegal.
So beschweren Sie sich über Werbeanrufe
Sehr lästig aber eigentlich keine Straftaten sind Werbeanrufe von Verkäufern. Auch Anrufe von Robotern hat jeder schon erlebt: Sie nehmen ab und hören eine Bandansage oder es wird sofort aufgelegt. Wollen Sie sich über Werbeanrufe oder belästigende Anrufversuche beschweren, ist die Bundesnetzagentur zuständig. Über diese Webseite können Sie per Formular eine Beschwerde abgeben.
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