Ob Macphisto Nachwuchs hat, Ausgeburten der Hölle, gewissermaßen? Das ist die falsche Fragestellung an eine geschlechtslose, geschichtslose und zeitlose Figur. An Nachwuchs für den Job des Geists, der stets verneint und der ewigen Qual wird es nie mangeln. Macphisto hat aber genügend Erfahrung mit Erziehungsberechtigten und Beziehungsgeschädigten, um zu wissen, dass Drohungen nur wirken, wenn man bereit ist, sie wahrzumachen. So hilft es wenig, auf stets unaufgeräumte Zimmer mit der Drohung Müllkippe zu kommen, wenn man nicht schon blaue Säcke bereitgelegt hat und sie auch wirklich füllt. Oder wenn man dem oder der Liebsten mit Auszug droht, wenn es noch einmal Brokkoli gibt, der Mumm dann doch nur für ein auswärtiges Essen in der Dorfwirtschaft reicht.
Drohungen, die einem selbst schaden würden, setzte man sie um, müssten schon so gewaltig sein, um ernst genommen zu werden, wie 100.000 Mann an den Grenzen eines europäischen Landes. Was Facebook/Meta aber in seiner Bilanzpressekonferenz diese Woche angedroht hat, verleitet die Bedrohten nur zu einem Schulterzucken und allenfalls der diplomatische Anstand verhindert, nicht zu antworten, wie der oder die enttäuschte Koch oder Köchin des verschmähten Brokkoli-Auflaufs zu brüllen: “Dann geh’ doch! Kannst deine Sachen gleich mitnehmen – hier braucht dich niemand mehr!”
Keine Träne hinterher geweint
Facebook/Meta hat also damit gedroht – oder sollte man besser etwas neutraler sagen, die Alternative aufgezeigt – seine Dienste aus der EU zurückzuziehen, wenn Europa weiterhin so stark auf Datenschutz setze, wie es in den USA nur die neuen Lieblingsfeinde aus Cupertino tun, die das arme Meta beinahe zugrunde richten. Der Kern des Problems: Die EU schätzt es nicht, dass Facebook Daten auf Servern in einem Land verarbeitet und nutzt, mit dem es kein vernünftiges Datenschutzabkommen gibt. Nie hat Facebook klarer eingestanden, dass es dem Unternehmen nicht auf das Vernetzen der Menschheit geht, sondern nur um möglichst viele zu kommerziellen Zwecken nutzbare Daten.
Das erklärt auch, warum Facebook der beste Platz ist für Hass, Hetze, Angst und andere negative Emotionen. Macphisto kennt aus dem Arbeitsalltag der Hölle, dass Hass und Empörung weit mehr Aufmerksamkeit auf sich zieht, als Liebe, Frieden und Verständigung. Angst und Hass sind also Facebooks Rohstoff zur Gewinnung von noch mehr Daten, auf T*tten verzichtet das prüde Amerika und der Wetterbericht ist ohnehin so eine Sache, über die man empört diskutieren kann, wenn man lokales Wetter mit globalem Klima verwechselt. Facebook hat gewissermaßen das krude Geschäftsmodell der hiesigen Boulevardpresse auf die Spitze getrieben, sodass die Zeitung mit den großen Buchstaben auf immer noch mehr Angst, Hass, T*tten und Wetterbericht setzen muss, um in der lauten Kakophonie der Hassprediger mithalten zu können.
Wie die klassische Literatur sagen würde: Der Meta hat seine Schuldigkeit getan, der Meta kann gehen. In Europa weinen nicht mal mehr intellektuell herausgeforderte Spaziergänger der Datenkrake eine Träne hinterher – sie tauschen längst über Telegram ihre kruden Weltbilder und Umsturzfantasien aus.