Erst letzte Woche bot sich mir wieder einmal die Gelegenheit, ein faltbares Smartphone in den Händen zu halten. Um genauer zu sein, konnte ich sogar zwei Modelle ausprobieren: Samsungs aktuelle faltbare Smartphones, das Galaxy Z Fold 3 und Galaxy Z Flip 3 (im Hands-On) , zählen ohne Frage mit zu den Top-Geräten. Allerdings haben sie mir auch wieder Mal vor Augen geführt, warum diese Konzepte mich noch immer nicht richtig überzeugen.
Das neue Galaxy Z Fold 3 soll ein Smartphone sein, dass zwar etwas schmaler ist als das standardmäßige Nicht-Faltbare-Smartphone, dafür lässt es sich aber zu einem größeren Gerät aufklappen. Das Galaxy Z Flip 3 hingegen ist ein Gerät, dass erst im aufgeklappten Zustand zu einem normal großen Smartphone wird, zugeklappt nimmt es in der Hosentasche dafür etwas weniger Platz ein. Außerdem erinnert der Flip-Faltmechanismus an die alten klappbaren Handys von vor 20 Jahren. Ein leicht nostalgisches Gefühl beschleicht daher jeden, der das Flip 3 in den eigenen Händen hält.
Während sich die Galaxy-Fans begeistert zeigen, dass Samsung es mit dem Z Fold 3 geschafft hat, die Frontkamera unter dem Display (mehr oder weniger gut) zu “verstecken” und zudem den faltbaren Bildschirm noch mit dem aus der Galaxy-Note-Serie bekannten S-Pen kompatibel zu machen, sind meine Gefühle diesbezüglich etwas zwiegespalten. Und ich kann verstehen, warum Apple bisher noch nicht den Versuch unternommen hat, ein faltbares iPhone auf den Markt zu bringen.
Jede Menge Verbesserungspotenzial
Apple-Fans behaupten gerne, dass die iPhone-Geräte in ihrer Qualität und Verarbeitung nochmal einen Tick hochwertiger sind, als Konkurrenzprodukte. Das muss jeder für sich selbst entscheiden, vielleicht ist es am Ende auch nur ein psychologischer Trick: “Wenn ich mehr zahle, muss es auch qualitativ hochwertiger sein.”
Gerade Samsung ist aber ein Hersteller, dessen Smartphones weit davon entfernt sind, billig zu wirken. Gerade mit der S21-Reihe hat Samsung ein meiner Meinung nach sehr elegantes und hochwertiges Design geschaffen. Bei den faltbaren Smartphones besteht allerdings noch Potenzial zur Verbesserung.
So kann das Display natürlich nicht genauso gut sein, wie wir es nun seit Jahren gewohnt sind. Wenn es faltbar sein soll, muss man Kompromisse eingehen. Heißt: Es fühlt sich eher nach Plastik an als nach Glas. Und da wäre noch die Knickfalte, die automatisch entsteht, wenn man das Gerät bis zu 200.000 Mal problemlos auf- und zuklappen können soll. Zudem kommt, dass die Geräte Fingerabdrücke wie magisch anziehen. Gut, das ist ein Problem, welches auch normale Smartphones haben, trotzdem hatte ich den Eindruck, dass das Fold 3 und Flip 3 diesbezüglich deutlich anfälliger waren.
Nun hatte ich diese sündhaft teuren Geräte in den Händen und dachte mir nur: “Sowas würde Apple nicht auf den Markt bringen. Nie im Leben”. Wer Apple kennt, weiß, welch hohen Stellenwert das Design einnimmt. Und von den derzeit verfügbaren Falt-Smartphones ist keines dabei, bei denen ich mir vorstellen könnte, dass auch nur eines annähernd den Apple-Qualitätsstandard erfüllt. Die Frage ist: Nimmt sich Apple die Zeit, Lösungen für diese Probleme zu finden oder denkt Apple ganz anders? Denn Potenzial haben faltbare Geräte auf jeden Fall.
Faltbare Smartphones: Der Weg heraus aus der Smartphone-Krise?
Warum der aktuelle Hype um Smartphones in den nächsten 15 Jahren vorbei sein könnte, erkläre ich in einem anderen Artike l. Es lässt sich aber nicht leugnen, dass die Smartphone-Hersteller langsam an einem Punkt angelangt sind, wo nicht mehr wirklich viel mehr geht. Die Prozessor-Chips können von Jahr zu Jahr noch etwas schneller werden, die Akkus langlebiger und die Kameras immer noch ein kleines bisschen besser. Hersteller wie Xiaomi oder OnePlus – aber auch Samsung selbst – zeigen, dass moderne Features, wie 120-Hz-Displays, 5G und gute Kameras nicht teuer sein müssen. Entsprechende Smartphones bekommt man bereits für unter 400 Euro.
Faltbare Smartphones sind hingegen die neuen Pro-Modelle, etwas Vergleichbares gibt es derzeit nicht. Und das lassen sich die Hersteller natürlich gut bezahlen. Das Galaxy Z Fold 3 ist zwar etwas günstiger geworden als noch sein Vorgängermodell, mit rund 1.800 Euro UVP ist es in der kleinsten Speicherausstattung aber immer noch 200 Euro teurer als das teuerste iPhone 12 Pro Max mit 512 GB Speicher. Daher verwundert es nicht, das faltbare Smartphones die Leute zwar faszinieren, die Zielgruppe für solche Geräte derzeit aber noch recht klein ist. Mit einem an die breite Masse angepassten Preis haben faltbare Smartphones aber eine echte Chance, dem Smartphone-Markt aus der Krise zu helfen.
Apples Taktik: Abwarten und beobachten
Es wäre nicht das erste Mal in der Geschichte, dass Apple abwartet, die Konkurrenz beobachtet und dann – ein paar Jahre später – mit einem perfektionierten Produkt den Markt auf den Kopf stellt. Wenn man den Gerüchten traut, ist aktuell das iPhone Fold (eine inoffizielle Bezeichnung für das vielleicht erste faltbare iPhone) noch in der Entwicklungsphase. Berichten zufolge bezieht Apple von LG die faltbaren Displays für das iPhone Fold. Irgendwas ist bei Apples Forschungs- und Entwicklungsabteilung auf jeden Fall im Gange, so viel steht fest. Die Frage ist nur: Denkt Apple überhaupt an ein faltbares Smartphone? Oder vielleicht an etwas ganz anderes?
Schauen wir der Realität ins Auge: Würde sich Apple nicht mit einem faltbaren iPhone, welches im aufgeklappten Zustand die Funktionalität eines iPad einnimmt, ins eigene Knie schießen? Das kommt drauf an. Angenommen, das iPhone Fold ist so gut entwickelt, dass man mit einem Gerät tatsächlich zwei Geräte ohne große Kompromisse bekäme, könnte Apple auch deutlich den Preis anheben. Immerhin muss man dann keine zwei Geräte kaufen, nämlich iPhone und iPad, sondern nur noch eins. Im Gegensatz zur Konkurrenz ist bei Apple der Verkauf von Tablet-Geräten extrem erfolgreich. Auch Samsung stellt Tablets her, allerdings sind die Verkaufszahlen längst nicht so gut wie bei Apples iPad-Modellen. Das Samsung sich daher dafür entschieden hat, Smartphone mit Tablet zu vereinen, ist irgendwie logisch. Doch Apple wäre fast schon dumm, wenn es zwei erfolgreiche Produkte zu einem fusioniert. Mit einer Ausnahme.
Warum niemand ein iPhone Fold braucht
Das Formfaktor-Problem, was Samsung aktuell noch hat, muss Apple erstmal lösen können. Mein Kollege von der Macworld, Michael Simon, beschreibt die Problematik ganz treffend:
“Die Proportionen des Galaxy Z Fold 3 sind nicht ideal für die Arbeit am Telefon oder am Tablet, denn Samsung hat es so konzipiert, dass es beides gleichzeitig sein kann, und hat das kleinere von beiden Welten gewählt. Deshalb funktioniert das Z Flip 3 so viel besser – es weiß, was es sein soll und versucht nicht, mehr zu sein. Es ist ein Smartphone, das sich aufklappen lässt. Das Z Fold 3 weiß nicht, ob es ein Smartphone oder ein Tablet sein will.”
Aber was, wenn Apple überhaupt nicht an einem faltbaren iPhone arbeitet? Was, wenn Apple genau weiß, dass ein faltbares iPhone eigentlich niemand wirklich braucht, weil man immer einen Kompromiss eingehen muss: Ein zu großes Smartphone oder ein zu kleines Tablet. Ein faltbares Tablet hingegen, welches im aufgeklappten Zustand zu einem Macbook wird, das könnte vielleicht schon eher etwas sein, worüber Apple nachdenkt. Somit könnte Apple weiterhin iPhones verkaufen und zusätzlich ein teures faltbares iPad (nennen wir es iPad Fold), welches sich preislich in der Mitte eines iPad Pro und einem Macbook befindet. Ich würde eher 2.000 bis 2.500 Euro für ein gutes faltbares iPad/Macbook ausgeben, welches den richtigen Formfaktor hat und keinen Kompromiss aus beiden Welten eingehen muss, statt 2000 Euro für ein iPhone Fold, welches vermutlich die gleichen Probleme mitbringt wie aktuell das Galaxy Z Fold 3.
Natürlich ist meine Theorie bezüglich eines faltbaren iPad/Macbook nicht ganz wasserdicht. Als jemand, der hauptberuflich viel mit Textarbeit zu tun hat, würde ich nur ungern für längere Zeit auf einer digitalen Tastatur ohne physischen Widerstand tippen wollen. Was dafür spricht, ist das iPadOS immer mehr zu einer Art macOS wird, obwohl Apple bestätigt hat, dass eine Verschmelzung dieser beiden Systeme nicht stattfinden wird. Aber trotzdem: Spannend ist diese Vorstellung allemal. Was Apple tatsächlich plant und ob Apple vielleicht eine Lösung für all die genannten Probleme gefunden hat, werden wir wohl erst in den nächsten Jahren erfahren.