8. April: 111 Jahre ohne Widerstand
Macwelt wünscht einen guten Morgen! Widerstand ist zwecklos, mögen die Borg behaupten, aber da haben sie die Rechnung ohne Picard und seine Crew gemacht. Widerstand ist lästig, wenn er sich wie dieser Tage als heftigen Luftwiderstand erweist. Widerstand ist hilfreich, sonst würde unser Induktionsherd die Pfanne nicht zum Brutzeln bringen oder den Haartrockner warm werden lassen. Geht es überhaupt ohne Widerstand?
Ja, das geht: Am 8. April vor 111 Jahren entdeckte der niederländische Physiker Heike Kamerlingh Onnes, dass Quecksilber bei Temperaturen unterhalb von 4,2 Kelvin – der von flüssigem Helium bei 1013 Millibar Luftdruck – sprunghaft seinen elektrischen Widerstand verlor. Ein Effekt, der nicht nur Quecksilber betrifft, sondern auch andere Metalle, teilweise bei höheren Temperaturen. Erst Jahrzehnte später entdecktem Physiker Substanzen mit Sprungtemperaturen in Temperaturbereichen, die man mit flüssigem Stickstoff erreichen kann – die Heliumverflüssigung und damit eine derart tiefe Temperatur war Heike Kamerlingh Onnes erst wenige Jahre vor der Entdeckung des Supraleitung genannten Effekts gelungen.
Doch Supraleiter sind nicht nur in der Lage, Strom ohne Verluste zu transportieren, sondern verdrängen auch Magnetfelder aus ihrem Inneren. So können supraleitende Materialien auf einem Magnetfeldpolster geradezu schweben. Der Transrapid wäre vielleicht sogar wirtschaftlich geworden, gäbe es den Raumtemperatursupraleiter, nach dem die Physik seit einem Jahrhundert sucht.
Das Prinzip des Supraleiters: Die in Metallen frei beweglichen Elektronen, die sich ja eigentlich gegenseitig abstoßen, werden bei extrem niedrigen Temperaturen bei nur noch geringen Schwingungen des sie umgebenden Gitters zu Paaren gekoppelt, sogenannten Cooper-Paaren. Dadurch ist es möglich, dass all diese Elektronenpaare im gesamten Leiter einen gemeinsamen Quantenzustand einnehmen – klar, sie sind ja jetzt Bosonen und keine Fermionen mehr. Es müssten also dann alle Elektronen in einen Zustand niedrigerer Energie gestreut werden – oder eben keines. Sprich: Die Paare flitzen durch den Leiter als gäbe es keine Hindernisse mehr. Erst wenn die Temperatur wieder steigt, Lichtquanten definierter Energie eindringen oder das äußere Magnetfeld zu stark wird, brechen die Paarbindungen wieder auf. Die allein gelassenen Elektronen können nun wieder beliebig ihren Energiezustand wechseln und etwa an quantisierten Gitterschwingungen (Phononen) des Metalls streuen – das ist dann der elektrische Widerstand. Davon wusste Kamerlingh Onnes an jenem 8. April 1911 zwar nichts, das schmälert seine Leistung nicht. Die Entdeckung der Supraleitung war eine wahrhaft coole Sache.
Lesetipps für den Freitag:
Wunschliste: Vermutlich ist es zu spät, dass Apple noch bis zur WWDC wesentlichen Änderungen an dem Plan vornimmt, wie iOS 16 auszusehen hat. Aber man kann ja immer wieder mal sagen, was man denn erwartet und erhofft, womöglich priorisiert Apple einige Funktionen dann noch anders. So versucht Macworlds Jason Cross sich an der Überzeugungsarbeit und stellt eine Wunschliste auf. Einige der Sachen hat Apple hoffentlich wirklich in Arbeit, etwa eine bessere Home-App und interaktive Widgets – zumindest mehr Konfigurationsmöglichkeiten dafür. Wofür es aber vermutlich ein neues iPhone bräuchte, ist das alte Thema Always-On-Display. Sollte Apple jedoch auch am Lockscreen basteln, wie gewünscht, könnte man das miteinander verbinden. “Later ths year” dürfen einige Features ja sein. Was aber gewiss nicht kommt, zumindest nicht freiwillig: Sideloading von Apps. Dazu müsste Apple schon gezwungen werden.
Nachgelegt: Eine Woche hat es gedauert, bis Apple auf das Update auf macOS 12.3.1 die Aktualisierung von Big Sur folgen ließ, welche die gleiche Sicherheitslücke schließen soll. In den Release-Notes von dem heute veröffentlichten macOS 11.6.6 sind die beiden Lücken mit den CVE-Nummern 2022-22675 und 2022-22674 erwähnt. Von einem Sicherheitsupdate für das nächst ältere System macOS 10.15 Catalina fehlt indes noch jede Spur.
Verzerrt: Berichte über Stalking mit Airtags sind recht spektakulär, da die Trackertechnik relativ neu ist und Apple als bekannte Marke immer im Fokus steht. Motherboard wollte es genau wissen und hat recherchiert, in wie vielen Stalkingfällen Airtags involviert waren. Immerhin meldeten acht Polizeidienststellen sich zurück und berichteten über 150 Stalkingfälle mit Apples Trackern, in der Regel war der Ex-Partner des Opfers dabei der Täter. Hochgerechnet auf die fast 16.000 Dienststellen in den USA ergäben sich immerhin über 4500 Fälle – was aber in der Gesamtheit nur ein Prozent ausmache. Es ist zudem unklar, welcher Zeitraum genau betrachtet wurde, Motherboard schreibt nur über “acht Monate” – Apple hatte im letzten Jahr Sicherheitsvorkehrungen gegen Stalking ausgebaut. Da auch nicht bekannt ist, wo genau die Dienststellen lagen, ob sich Motherboard etwa besonders große oder besonders kleine herausgepickt hat, macht die Hochrechnung schwierig. Das Dilemma der Airtags und anderer Tracker: Sie sind gut gegen Verlust und Diebstahl, sind dann aber perfekte Stalking-Werkzeug. Reduziert man das Missbrauchsrisiko, leidet auch die Qualität für den eigentlichen Einsatzzweck.
Konsequenz: Apple hat eine Industriegruppe verlassen, deren Existenz kaum bekannt war, geschweige denn Apples Mitgliedschaft. Wie Politico berichtet, gingen Apple die Maßnahmen der State Privacy and Security Coalition (SPSC) zu weit, die von den Lobbyisten vorangetriebenen Datenschutzgesetze sein zu industriefreundlich und haben weniger den Verbraucher im Blick – mit Apples Sicht der Dinge also schlecht vereinbar. “Die Entscheidung des Unternehmens, die geheimnisvolle Handelsgruppe, die von der großen Anwaltskanzlei DLA Piper geleitet wird, zu verlassen, kommt zu dem Zeitpunkt, an dem Apple sich weiter als datenschutzfreundliches Technologieunternehmen positioniert. Eine mit der Abspaltung vertraute Quelle sagte, Apple verlasse die Gruppe aufgrund von Bedenken, dass die von SPSC angestrebte Gesetzgebung die Nutzerdaten nicht angemessen schützen würde,” schreibt Politico. Ein Sprecher der SPSC wollte nichts zu “Änderungen der Mitgliederstruktur” kommentieren, was dann wieder vielsagend war. Die Frage bleibt jedoch, warum Apple der Gruppe überhaupt angehörte. Womöglich wird sich Tim Cook nächste Woche bei seiner Keynote auf dem Global Privacy Summit näher dazu äußern.
Nur mit dabei: Apple sieht sich seit längerem Vorwürfen ausgesetzt, die eigenen Apps im App Store gegenüber denen der Konkurrenz zu bevorzugen und so den Wettbewerb zu verzerren. “Gar nicht wahr!”, sagt der iPhone-Hersteller und untermauert das in einer gestern veröffentlichten Pressemitteilung, die auf eine Studie der Analysis Group verweist. Apps von Dritten seien in den meisten Bereichen, in denen Apple eine eigene Lösung hat, weltweit erfolgreicher, Apples Apps schwimmen im Strom mit, mal im vorderen Mittelfeld, mal unter “ferner liefen”. Vor allem beim TV-Streaming ist das so, Netflix ist in den USA etwa 17mal erfolgreicher als Apple TV+ – hier kommt es freilich auf die Inhalte an, die sich stark unterscheiden. Aber auch bei Büchern und Audiobooks ist Apples iBooks weit hinter der Konkurrenz von Amazon und seiner Tochter Audible, beim Musikstreaming liegt Spotify immer noch klar vorne.
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