Während sich die meisten Tech-Keynotes immer mehr gleichen – gut gelaunte Menschen vor Riesen-Folien, die mit Superlativen nicht sparen – haben wir auf der gestrigen Google I/O einige Ankündigungen gesehen, die sich auch auf iPhone und iOS gut machen würden.
iPad
Ok, Google steht nicht in Verdacht, besonders erfolgreich bei Tablet-Software zu sein. Gab es doch in den vergangenen zehn Jahren mehrere iPad-Killer mit Android, die nur dafür gut waren, kurz Schlagzeilen zu machen und danach sang- und klanglos zu verschwinden. Bei der Vorstellung vom neuen Tablets gab es bisher eigentlich keine großen Überraschungen. Android für Tablet sah verdächtig nach iOS 11/12 aus, Multitasking scheint keinem der Software-Entwickler so richtig auf dem kleinen Tablet-Display zu gelingen. Doch eine, genauer gesagt zwei Sachen, sind uns bei der Vorstellung von Tablet-Software aufgefallen: Google hat es offenbar verstanden, dass man nicht alles eins zu eins vom Smartphone übernehmen muss. Vor allem das Kontrollzentrum ist den Entwicklern gut gelungen: Die Elemente nehmen den ganzen Platz auf dem Bildschirm ein, es gibt mehr Steuerungsmöglichkeiten. Beim iPad hingegen ist das Kontrollzentrum ein schwacher Abklatsch seines iOS-Pendants, nur die abgerundeten Kästen sind etwas anders angeordnet.
Apple Music vs. Youtube Music
Die gleiche Optimierung hat Google seiner Musik-App Youtube Music spendiert: Die Bedienung und die Oberfläche fühlen sich auf dem Tablet natürlich an. Die Apple-Music-Anwendung auf dem iPad ist dagegen eher ein zusammengepresstes Mac-Programm, mit abgeschnittenen Alben, ewigen Kategorien-Reihen, die man durchscrollen muss. Das Abspielfenster mit dem Live Text ist vom iPhone geliehen, aber genauso lieblos fürs iPad umgesetzt. Google zeigt, dass es auch besser gehen kann.
Skins und Themen
Apple beharrt seit jeher auf dem Standpunkt, dass die eigenen Designer den besten Geschmack überhaupt haben. Die gewöhnlichen Nutzer brauchen da nicht reinzuquatschen. Dementsprechend gibt es weniger Möglichkeiten, Apple-Geräte zu individualisieren. Selbst Tausende Apple-Watch-Zifferblättern kommen exklusiv aus Apples Hand, Drittentwickler sind in die Sakristei nicht zugelassen. Dass nicht alle Anwender diesen Standpunkt teilen, zeigen unsere Ratgeber, wie man das eigene iPhone individualisieren kann , die fast immer überdurchschnittlich gut laufen. Google sieht die ganze Sache etwas gelassener, so kann man unter Android das gesamte Aussehen des Systems in eine individuell ausgewählte Farbgebung setzen, dies sieht noch dazu erstaunlich gut aus.
Intelligenter Radiergummi für Fotos
Man kann auf dem iPhone nicht nur Fotos, sondern auch Videos bearbeiten, doch ein Werkzeug fehlt dabei: Ein Radiergummi, der die störenden Gegenstände auf Fotos leicht entfernen kann. Klar, es gibt dafür einige gute Apps im App Store. Wir nutzen beispielsweise Touch Retouch . Wenn schon ein kleiner Drittentwickler die Möglichkeiten von Apples Prozessoren und Maschinellem Lernen so schlau ausnutzen kann, dann könnte das der Hersteller wohl auch. Google hat für seine Pixel-Phone genau eine solche Funktion vorgestellt: Mit einem einfachen Wisch lassen sich Objekte aus Fotos entfernen. Nach Wunsch kann man dazu noch die Farbe von Objekten ändern, sodass sie sich besser in die Landschaft einfügen. Ein Vorteil dieser Methode: Man muss nicht die Fotos von der Foto-Mediathek in die App und zurück kopieren. Das Tool ist direkt in der Foto-App verfügbar und wurde mit dem Pixel 6 erstmals eingeführt.
RCS-Message
Eine komplizierte Sache ist das RCS-Protokoll für den Versand von Nachrichten zwischen Smartphones. Dies sollte ein Nachfolger für die SMS sein, mit Dateianhängen, Ende-zu-Ende-Verschlüsselung und vielem mehr. Apple sperrt sich dagegen, RCS für iMessage zu implementieren, weil es dem Google-Chat oder wie auch immer der neue Messanger-Dienst von Google heißen wird, den Vorteil verleiht, ein universeller Messenger zu sein. Google hat gestern auf der Bühne einen unmissverständlichen Seitenhieb Richtung Apple getätigt, RCS endlich zu implementieren. Ob Apple das jemals tut, steht auf einem anderen Blatt.
Virtuelle Kreditkarten-Nummer
Offensichtlich hat Google sich mit den größten Kreditkarten-Herausgebern Visa und Master Card zusammen getan und bringt ab der nächsten Android-Version einen besonderen Schutz beim Einkaufen: Das System ersetzt die richtige Kartennummer mit einer virtuellen, die aber trotzdem bei der Zahlung funktioniert. So können eigene Kreditkartendaten nicht in die Hände von Missetätern gelangen, die sie anderswo missbrauchen könnten. Apple Pay nutzt einen etwas anderen Mechanismus und schickt gar keine Kartendaten an Shops oder Kassen vor Ort, es bleiben jedoch genügend Möglichkeiten, im Web zu bezahlen, wo Apple Pay noch nicht aktiviert ist.